Die Zeitwanderer
seinen Kelch. »Lasst uns essen und trinken und uns über den heutigen Sieg freuen. Aber zuerst ...« Unvermittelt stand er vom Tisch auf und machte zwei torkelnde Schritte rückwärts.
»Was ist denn?«, fragte Mina und wollte sich bereits vom Stuhl erheben.
»Zuerst, meine Freunde«, fuhr der Geschäftsmann fort, »brauchen wir mehr Wein!«
Am nächsten Morgen stand der unaufgeräumte Tisch als stiller Vorwurf wegen der Feierlichkeiten der vorangegangenen Nacht da. »Es sieht aus, als ob hier jemad sehr fröhlich gefeiert hat«, merkte dazu eine der Küchenhelferinnen an, als sie eintraf, um mit der Arbeit zu beginnen. Mit zahlreichen Missfallensbekundungen und viel Kopfschütteln begannen die Angestellten, die Überbleibsel von dem wegzuräumen, was eine üppige und auch ein wenig ausgelassene Jubelfeier gewesen war.
Als das Geschäft für die Kundschaft geöffnet wurde, war jedoch alles fertig und in Ordnung. Wilhelmina, die immer noch innerlich über den Triumph des vergangenen Tages frohlockte, schwebte über ihren Aufgaben; ihr Herz war leicht, und stets lag ihr ein Lied auf den Lippen. Auch Etzel verrichtete summend seine Pflichten und fand großen Gefallen an der Art und Weise, wie sich ihr Kaffeehaus mit Kunden füllte. So verstrich ein Tag, der von Glück und Fleiß geprägt war - bis zum späten Nachmittag, als der Erste Unteralchemist Gustavus Rosenkreuz zusammen mit dem Besucher am Hofe erschien, den man als Lord Burleigh vorgestellt hatte. Die beiden nahmen einen Tisch in der Ecke und bestellten Kaffee sowie jeweils ein Stück von Etzels Sahnetorte. Als Mina die zwei entdeckte, hatte man sie bereits bedient. Sie waren in ein Gespräch vertieft, und ihr Kuchen stand noch unberührt auf dem Tisch.
Neugierig und eifrig darauf bedacht, die kurze Unterhaltung vom vorangegangenen Tag fortzusetzen, stattete Mina den beiden Gästen einen Besuch am Tisch ab.
»... der Apparat muss klein genug sein, damit eine Person ihn bei sich tragen kann«, sagte gerade Burleigh. »Ein Reisender kann es sich nicht leisten, in irgendeiner Form belastet zu werden.«
»Ich verstehe, mein Herr«, erwiderte der junge Alchemist und studierte ein kleines Stück Pergament, das zwischen vielen anderen Dingen auf dem Tisch ausgebreitet war. »Ich denke, es liegt durchaus im Rahmen unseres Könnens, solch einen Gegenstand entsprechend Euren Erfordernissen herzustellen. Eure Vorgabe für die Größe sollte nicht zu übermäßigen Schwierigkeiten führen.«
»Glänzend!« Burleigh blickte rasch auf und entdeckte Wilhelmina. »Ah! So treffen wir uns wieder.« Er stand auf, und auch der Alchemist erhob sich, als Burleigh ihre Hand nahm und sie galant küsste. »Euer Geschäft ist wundervoll. Ich gratuliere Euch.«
Mina dankte ihm. »Und wie war Euer Kaffee?«
»So gut wie irgendein anderer, den ich je getrunken habe.«
»Ihr hattet zuvor schon einmal Kaffee genossen?«, fragte Rosenkreuz verwundert.
»Oh, ein oder zwei Male; ich habe allerdings vergessen, wo«, antwortete der Earl herablassend und wandte sich dann wieder Mina zu. »Ich gratuliere Euch auch dazu, die kaiserliche Urkunde für Hoflieferanten erhalten zu haben. Ihr müsst sehr stolz sein.«
»Wir sind sehr dankbar.« Sie schaute auf die leeren Tassen und fragte: »Darf ich Euch noch mehr Kaffee bringen, meine Herren?« Beide nahmen das Angebot an; und Mina ging fort, um den Kaffee zu holen. Als sie mit einer neuen Kanne zurückkehrte, saß Burleigh allein am Tisch.
»Mein junger Freund hat sich irgendeiner dringenden Angelegenheit entsonnen«, erklärte er in seinem formellen Englisch. »Aber das gibt uns die Gelegenheit, besser miteinander bekannt zu werden.« Er zeigte auf den Stuhl neben ihm. »Bitte, setzt Euch zu mir.«
Mina ließ sich auf dem angebotenen Stuhl nieder. »Vergebt mir, Lord Burleigh«, begann sie; ihre Worte wählte sie mit einiger Vorsicht. »Aber es scheint mir, dass Ihr sehr weit fort von zu Hause seid.«
»Wie auch Ihr, meine Teure«, entgegnete Burleigh.
Die Erwiderung war mehrdeutig, weshalb Mina ein wenig tiefer nachbohrte. »Ja, natürlich. Allerdings habe ich mehr als nur London hinter mich gelassen, als ich hierher gekommen bin. Ich vermute, bei Euch ist es ebenso.«
Die Gesichtszüge des dunklen Fremden wurden scharf, und seine Augen verengten sich. Doch er sagte nichts.
Sie interpretierte sein Schweigen als Zustimmung. »Also, von wo kommt Ihr her? Oder sollte ich fragen - aus welcher Zeit?«
»Was in aller Welt meint Ihr,
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