Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)
früh, aber mir fällt es schwer, dabei an einen Zufall zu glauben.«
»Das ist kein Zufall, da bin ich sicher.« Maylien hatte die Augen niedergeschlagen und hörte sich mutlos an. »Meine Schwester scheint sich die Unterstützung der Krone gesichert zu haben.«
»Ich dachte, es wäre der Krone eindeutig untersagt, sich in diese Art der Herausforderung einzumischen«, sagte Triss in meinem Schatten. »Und dass deine Schwester nur eigene Mittel einsetzen darf.«
Maylien schüttelte seufzend den Kopf. »Soweit es mich betrifft, ja. Aber wenn es um eine nicht identifizierte Klinge geht? Oder, je nachdem, was sie denen erzählt hat, um Aral, den Königsmörder? Ich glaube nicht, dass es ihr in diesem Zusammenhang schwergefallen wäre, sich die Unterstützung der Krone zu sichern. Verdammt, wenn sie Deem wirklich in der Tasche hat, musste sie womöglich nicht einmal mit Onkel Thauvik reden.«
»Wann ist dir denn das alles eingefallen?«, fragte ich. Es gefiel mir kein bisschen, fügte sich aber gut in das allgemeine Bild ein.
»Vor ein paar Minuten, als wir zum dritten Mal eine Wand wieder hinuntergeklettert sind, die wir gerade erst erklommen hatten.«
»Wir stehen vor einem ernsten Problem«, sagte Triss, dessen Stimme von irgendwo in der Nähe der Einmündung in die Gasse zu kommen schien – er hatte sich ausgebreitet, um einen Blick auf die Umgebung zu werfen, kaum dass wir uns in den Schatten verzogen hatten. »Wir können keinen großen Segelsprung mit Maylien zusammen durchführen. Zusammen mit all der königlichen Aufmerksamkeit limitiert das die Anzahl der potentiellen Wege auf diesen Hügel in bedenklicher Weise.«
»Ihr zwei könnt also mit mir nicht zum Haus Marchon gelangen, und ich kann ohne euch nicht zum Haus Marchon gelangen«, sagte Maylien. »Wir sind also im Grunde im Arsch.«
»Es muss eine Möglichkeit geben«, entgegnete ich. »Vielleicht können wir uns aufteilen und irgendwo oben auf dem Hügel wieder treffen. Wenn wir dich nicht decken müssen, kommen Triss und ich relativ mühelos an dem Cordon vorbei. Wenn es der Krone wirklich nicht gestattet ist, sich dir wegen deiner Forderung in den Weg zu stellen, dann müsstest du imstande sein, die Soldaten problemlos zu passieren, richtig?«
»Theoretisch«, sagte Maylien. »Aber ich habe das unschöne Gefühl, dass es in der Praxis anders laufen wird. Du hast recht, die ganze Sache stinkt. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass Thauvik beschlossen hat, die Ansprüche meiner Schwester zu unterstützen, oder ganz einfach an antimagischen Vorurteilen. Wie auch immer, ich fürchte, mit den Gardisten wird es Ärger geben.«
»Ich würde jetzt nur allzu gern irgendetwas Beruhigendes absondern«, verkündete ich, »aber ich habe den Verdacht, dass du recht hast. Die Frage ist: Versuchen wir es trotzdem? Wenn wir es versuchen, wie machen wir es dann, ohne auf ganzer Linie zu verlieren?«
»Nun ja«, ließ sich Triss vernehmen. »Da sind ein paar Krongardisten in der Straße am anderen Ende der Gasse – ich kann ihre Laternen sehen. Wie wäre es, wenn Maylien sich zeigt, während wir abwarten, was sie tun, wenn sie sie entdecken? Wir dürften weit genug von dem Elitesoldaten auf dem Tempel entfernt sein, dass der nichts merken wird, sollten wir gezwungen sein, sie auszuschalten.«
Die Idee gefiel mir nicht sonderlich, aber mir fiel auch nichts Besseres ein, also zuckte ich mit den Schultern und sagte: »Maylien?«
»Versuchen wir es.«
Als wir zu der Straße eilten, bastelten wir uns einen groben Plan zusammen. Am Ende der Gasse setzte mir Maylien Bontrang auf die Schulter, berührte sanft seinen Kopf und erteilteihm mentale Anweisungen. Er krächzte noch einmal klagend, nickte aber mit dem Kopf. Dann trat Maylien hinaus auf die Straße, wandte sich von den herannahenden Gardisten ab, ohne auch nur einmal in ihre Richtung zu schauen, und ging in Richtung Hügel. Ich wickelte mich in Triss und blieb im Schatten, während ich darauf wartete, dass die Gardisten mich passierten.
Beide waren groß und machten einen kompetenten Eindruck, Musterbeispiele erstklassiger Soldaten und beinahe gleich groß, wenn die Frau auch nicht ganz so breit in den Schultern war. Als sie vorbeigegangen waren, schickte ich Bontrang in die Lüfte und folgte ihnen. Maylien, die von Anfang an langsam gegangen war, wurde sogar noch langsamer, als sie sich der vor ihr liegenden Kreuzung näherte, ganz so, als wüsste sie nicht so recht, wo sie war. Tatsächlich ging es
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