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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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hatte. Sollte Devin jedoch in der Nähe sein – und davon musste ich ausgehen –, konnte ich weder das eine noch das andere tun, ohne entdeckt zu werden, und das wussten wir beide.
    Über die Mauerecke zu klettern würde mehr als genug Lärmmachen, um Devin einen sicheren Pfeilschuss oder Messerwurf zu gestatten, und die aktive Anwendung von Magie war für jeden Praktiker, der seinen Magierblick zu nutzen beliebte, sichtbar. Gerade aus diesem Grunde war die umhüllende Dunkelheit, die Triss und seine Mitfinsterlinge zu bieten hatten, so ungeheuer wertvoll. Sie war passiv und eine angeborene Gabe ihrer Art, eine beinahe vollkommene Unsichtbarkeit, die sogar das Auge eines Magiers zu täuschen vermochte.
    Nachdem ich mich einige Meter von der Stelle entfernt hatte, an der ich den bewusstlosen Hund zurückgelassen hatte, legte ich die Hände auf die Schwerthefte und hielt inne, um zu lauschen und abzuwarten, was Devin als Nächstes tun würde. Viel Zeit konnte ich ihm nicht geben – höchstens ein paar Minuten –, aber ich wollte ihn auch nicht angreifen, ohne ihm eine Gelegenheit einzuräumen, einen anderen Weg einzuschlagen.
    Mehrere Sekunden vergingen. Wenn er zuvor noch nicht nahe gewesen war, war er es jetzt bestimmt. Noch mehr Zeit. Vielleicht eine Minute. Leise löste ich die Schlaufen, die meine Schwerter fest in ihren Scheiden hielten. Nun musste ich die Hände nur noch ein paar Zoll weiter absenken, und sie kämen frei.
    Da ergriff Devin das Wort, und seine Stimme kam von einem Punkt, der gerade ein paar Meter links von mir war. »Ich weiß nicht, wer du bist, aber ich weiß, was du bist, Klinge der Namara.«
    So hatte mich seit Jahren niemand mehr genannt, und bis zu diesem Moment hatte ich nicht einmal geahnt, wie sehr es mich schmerzen würde, diese Bezeichnung wieder zu hören. Nie in meinem Leben hatte ich einen dringenderen Wunsch zu töten verspürt als in diesem Augenblick. Hätte ich nur die geringste Ahnung gehabt, wer derjenige, den ich töten wollte, tatsächlich war, ich glaube nicht, dass ich mich noch hätte zurückhalten können. So aber brannten lediglich meine Knöchel, weil ich die Hefte meiner Schwerter so hart umfasste.
    »Eigentlich ist das nicht ganz richtig«, fuhr Devin fort. »Ich mag nicht wissen , wer du bist, aber ich habe eine Vorstellung. Mal sehen, du bist kein Assassinenschüler.«
    Ich musste einen Zischlaut zurückhalten, als er von »Assassinen« sprach. So titulierte ein Schwertführer seine Kameraden normalerweise nicht – wie zutreffend der Begriff auch sein mochte.
    »Einen Schüler hätte ich schon erwischt, ehe er den Balkon verlassen hätte. Ich glaube auch nicht, dass du einer der geflohenen Gesellen bist, denn dann wärest du auch nicht so weit gekommen, obwohl es schon eine schlimme Schlamperei war, über diesen Hund zu stolpern. Es gibt noch vier Meister, deren Verbleib ungeklärt ist. Jax und Loris haben beide den Handel ausgeschlagen, den der Sohn des Himmels denen angeboten hat, die den Untergang des Tempels überlebt haben. Sie nannten die unter uns, die ihn angenommen haben, Verräter. «
    Handel? Was für ein Handel? Ich wusste nichts von irgendeinem Handel.
    Am liebsten hätte ich Devin geschüttelt und gezwungen, mir das zu erklären, aber ich wusste, würde ich physisch gegen ihn vorgehen, so würde das den Informationsfluss nur zum Versiegen bringen. Zudem fragte ich mich, wie es möglich war, dass man die beiden einerseits gefangengenommen hatte, ihr Verbleib aber andererseits als ungeklärt galt, und so spielte ich im Kopf durch, was ich über sie wusste. Loris, das war die vorherige Generation, und ich kannte ihn nicht so gut, aber Jax, die ein oder zwei Jahre jünger war als ich, hatte ich stets gemocht. Sie trug einen guten Kopf auf den Schultern.
    »Sie sind zwar«, fuhr Devin fort, »später entkommen, aber zuvor haben sie eine gewisse ... Zeit mit der Hand des Himmels verbracht. Ich bin überzeugt, jeder von ihnen hätte versucht, mich zu töten, statt einfach davonzulaufen.«
    In diesem Moment bedauerte ich, dass ich es nicht getanhatte. Die Hand lieferte dem Sohn des Himmels einen langen Arm zur Durchsetzung seiner Vorstellungen, der sich auch umfangreicher Folter und der Verbrennung von Andersgläubigen bediente. Ich rührte mich nicht. Devin wusste Dinge, die ich wissen wollte, und er redete immer noch.
    Wenn der Feind tut, was du willst, stör ihn nicht.
    »Damit bleiben Siri und Aral«, sagte er. »Die funkelnden Sterne meiner

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