Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)
anzuschließen. Wenn das nicht der beste denkbare Grund abseits von Namaras Ermordung ist, mich sinnlos zu besaufen, dann weiß ich nicht, was sonst.«
Triss gab ein lautes Zischen von sich und richtete sich weiter auf, sagte aber nichts mehr. Der Daseinszweck der Klingen der Namara war es gewesen, jenen den Tod zu bringen, die ihn verdient hatten. Töten war ein Teil unserer Arbeit, und sowohl Triss als auch ich waren darin mal verdammt gut gewesen; aber allein die Vorstellung, dergleichen für Geld zu tun, kam mir vor wie die abscheulichste Perversion all dessen, was wir einst waren. Ich schüttelte meinen Poncho ab und warf ihn zu der Kapuze. Als ich die Schwerter abschnallte, deutete ich mit einem Nicken auf die Truhe.
»Würdest du mir das Ding bitte öffnen?«
Triss glitt von der Wand herab und hüllte die Truhe für einenMoment in Schatten. Gleich darauf öffnete sich der Deckel mit einem scharfen Klicken. Mit der Spitze meines Stiefels beförderte ich den Poncho vom Bett in die Truhe, wo er in einem Ballen zum Liegen kam, der garantiert Falten hinterlassen würde. Die Kapuze folgte ihm und nach ihr mein Hemd.
»Normalerweise legst du die Schwerter nach unten«, ertönte leise und besorgt Triss’ Stimme.
»Zum Henker mit normal.« Ich riss die Schwertgurte vom Bett und schnallte sie mir um die nackten Schultern. »Zum Henker mit allem, um genau zu sein.«
»Was hast du vor?« Triss hörte sich mehr als nur ein bisschen alarmiert an, als ich zur Tür ging.
Ich antwortete nicht, sondern griff zur Klinke und riss die Tür auf. Triss tauchte wieder in meinen Schatten ein, den die Magierlampe auf den Boden der Heubühne warf. Als ich zu dem Heuhaufen hinüberstolzierte, glitt mein Schatten über die Falltür, die hinunter in den Stall führte, und als er das tat, hörte ein dunkler Arm gerade lange genug auf, meine eigenen Bewegungen widerzuspiegeln, um die Tür zu schließen – eine durchaus vernünftige Vorsichtsmaßnahme von Triss, auch wenn ich es kaum wahrnahm.
Ich zerrte ein halbes Dutzend kratziger Heubündel aus dem Haufen und lehnte sie an verschiedene Pfosten. Zwei fielen gleich auseinander, weil die getrockneten Schlingen aus geflochtenen Grashalmen, mit denen das Stroh für den Transport in die Stadt gebunden worden war, unter meiner groben Behandlung zerbröselten. Die anderen hielten, mehr oder weniger. Ich fügte noch einige weitere hinzu, ein paar an den Wänden und zwei an dem Heuhaufen selbst.
Schließlich trat ich in die Mitte des großen Raums, zog die Schultern nach hinten und hielt die Position der Bündel in Gedanken fest. Einmal tief Luft holen, und ... ich ließ all meinen Zorn mit einem Atemzug frei. Scheinbar aus eigenem Antriebglitten die Hefte meiner Schwerter in meine Hände, und die Klingen wirbelten durch die Luft. Das linke Schwert rasierte das obere Ende eines Heubündels mit einem Enthauptungsschlag ab, das rechte bohrte sich kraftvoll genug ins Herz eines anderen Bündels, um die Spitze tief in dem Pfosten dahinter zu versenken. Eine Drehung, und ich riss die rechte Klinge los, während ich mit der linken einen Schlag nach hinten führte, mit dem ich das geköpfte Bündel entzweihieb. Aufstampfen und die Schwerter zu einer klingenzerstörenden Parade kreuzen. Umdrehen. Losschlagen.
Ich schlitzte und hackte und parierte und stieß, bis jedes einzelne Bündel vollends vernichtet war. Bis der Schweiß meinen Körper hinabrann und die Luft voller Spreu war. Bis ich vor lauter Husten kaum mehr atmen konnte. Bis meine Augen von dem Staub tränten und ich Devins Gesicht nicht mehr in meinem Geist sehen konnte. Und es war noch nicht genug.
Mit einer knappen Bewegung aus dem Handgelenk jagte ich ein Schwert quer durch den Heuboden, sodass es sich in die Tür meiner Kammer bohrte. Und dann das andere. Ein absolut nutzloser kleiner Trick und im Fall eines Kampfes schlicht selbstmörderisch, aber es fühlte sich gut an und gab meine Hände frei, auf dass ich weitere Bündel holen konnte. Als ich endlich fertig war, gab es keine Bündel mehr, nur einen großen Haufen losen Heus und eine dichte Staubwolke, die an Rauch erinnerte. Und es war immer noch nicht genug. Also reinigte ich die Schwerter und schob sie wieder in die Scheiden, ehe ich mich in meiner Kammer einschloss und erneut zur Flasche griff.
Und wieder sagte Triss: »Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.«
Und er hatte recht. Drum schenkte ich, nachdem ich den Korken herausgeholt hatte, nur zwei Fingerbreit
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