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Die Zerbrechlichkeit des Gluecks

Die Zerbrechlichkeit des Gluecks

Titel: Die Zerbrechlichkeit des Gluecks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Schulman
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erschöpft.
    »So treffen wir uns also wieder, Richard«, ruft ihm eine Frau etwas kokett entgegen. Sie macht Powerwalking, kommt aus der anderen Richtung. Das Rosinengesicht. Man kann hier einfach nicht für sich sein, könnte genauso gut in einem Fischglas leben. Richard grüßt herzlich und saust an ihr vorbei.
    Er hat zu viel zu tun. Er muss die Sache mit der Universität in Ordnung bringen, wie auch immer. Weitermachen oder die Sache an den Nagel hängen. Er muss wieder mit der produktiven Arbeit anfangen. Er muss die Familie ernähren. Er muss dafür sorgen, dass Jake auf dem richtigen Weg bleibt. Er muss Coco ein Gefühl von Normalität vermitteln. Rechnungen bezahlen, Lebensmittel einkaufen, einige Dinge erledigen, die normalerweise auf Lizzies Liste stehen, bis sie sich wieder fängt. Er muss sie alle von diesem Pesthauch befreien. Wieder einmal.
    Der Verwaltungschef hat sich zu Richards Rückkehr noch nicht definitiv geäußert und stattdessen abgewartet, »sich mit den Leuten vor Ort besprochen«, wie er sagte. Das war lachhaft, fand Richard. Der Verwaltungschef war in Boston geboren und aufgewachsen. In Back Bay, piekfeine Wohngegend. Harvard-Absolvent. Mit den Leuten vor Ort? Die Geschichte wird sich mit der Zeit legen, aber ist Richard wirklich das öffentliche Gesicht, das sie für das Projekt wollen, wo die Geschichte doch so leicht wieder aufflammen könnte? »Heute geht nichts mehr weg, Richard«, sagte der Verwaltungschef. »Vergessen Sie’s – das war einmal.«
    Im Reservoir sitzen Möwen auf der Wasseroberfläche. Eine neben der anderen hocken sie in einer geraden, diagonalen Linie. Bestimmt auf einer Sandbank, denkt Richard. Normalerweise sitzen Möwen doch nicht so in einer Reihe. Wie sind sie überhaupt hierhergekommen, so weit weg vom Meer? Gibt es in dem Reservoir vielleicht Fische? Er wird aus nichts mehr schlau. Sein schweißgetränktes Hemd klebt ihm am Leib. Er zieht es mit der Hand weg, aber es klatscht gleich wieder an und bleibt kleben.
    An der West Side verlässt er den Laufpfad. Er läuft auf dem Weg parallel zur Straße. Jeden Tag hatte er Lizzie Spritzen in den Hintern verpasst, als sie versucht hatten, noch ein Baby zu bekommen. Er hatte ihr beim Temperaturmessen geholfen, hatte Sex mit ihr gehabt, obwohl er eigentlich zu müde war, war von der Arbeit nach Hause gerannt, weil sie gerade einen Eisprung hatte. Er hatte neben ihr Kopfstand gemacht, um sie zum Kichern zu bringen, als sie sich auf den Kopf stellen musste. Er hatte sie Nacht für Nacht im Arm gehalten, wenn sie weinte. Er hatte sich umgetan, hatte ihr Artikel über die weiblichen Babys in China mitgebracht. Damals hätte er für Lizzie alles getan. Er wollte, dass es bei ihnen so blieb, wie es war.
    Er verlangsamt sein Lauftempo. Er tut, was er sonst nie tut – er macht langsamer. Er muss sich nicht beeilen, nach Hause zu kommen, denkt Richard. Später habe ich eine Besprechung, muss noch duschen, aber das hat Zeit. Jetzt ist Zeit für ein gemächliches Tempo.
    Er verlässt den Park und macht auf der Amsterdam bei einem Chino-Latino halt, um sich einen Kaffee zu holen. Entkoffeiniert, mit Milch, ohne Zucker. Café Nada, nennen sie es. Er trinkt unterwegs beim Gehen, und nach und nach trocknet der Schweiß auf seinem Hemd weg.
    So viele Schulveranstaltungen. Und es wäre schlechter Stil, sagte Richard, nicht an allen teilzunehmen.
    »Wir müssen darauf achten, dass wir uns immer korrekt verhalten«, sagte er zu Liz. »Momentan können wir uns keine Fehler erlauben.«
    Es war erst halb zehn. Richard hatte Coco offenbar bereits an der Schule abgesetzt und war seine zehn Meilen gelaufen. Zweifellos hatte er auch schon seine Sit-ups auf der Matte auf dem Wohnzimmerteppich gemacht. Er war geduscht und frisch rasiert, als Liz, die Kaffeetasse in der Hand, endlich über den Flur gestolpert kam, um den Tagesablauf zu besprechen. Richard war gerade dabei, auf die empfindliche Haut nach der Rasur Lotion aufzutragen. Liz lehnte am Türrahmen und nippte an ihrem Kaffee, der säuerlich schmeckte, als hätte sie sich eben die Zähne geputzt, was sie aber noch nicht getan hatte. Für die neue Wohnung hatte der Verwaltungschef ihnen zwei voll ausgestattete, separate Badezimmer versprochen, aber wo existierte diese neue Wohnung, auf wessen Prioritätenliste, jetzt, wo die Uni »Bedenken hegte«?
    Liz gähnte. Sie war lange auf gewesen, um im Internet zu surfen, und hatte lang ausgeschlafen. Das Frühstück mit den Kindern hatte sie

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