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Die Zerbrochene Kette - 6

Die Zerbrochene Kette - 6

Titel: Die Zerbrochene Kette - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Frauen eine nach der anderen vor sie traten und ihre Brüste ernst inspizierten.
Das muß die traditionelle Art sein, wie sie sich überzeugen, daß sich kein verkleideter Mann bei ihnen eingeschlichen hat. Ich wette, es hat eine Zeit gegeben, als die Kandidatin – oder der Eindringling – sich von Kopf bis Fuß ausziehen mußte. Magda biß sich fest auf die Lippe, um nicht in nervöses Gelächter auszubrechen – oder in Tränen. Ich komme mir vor wie ein Pferd auf dem Markt!
Als jede einzelne der Frauen sie betrachtet hatte, sagte Jaelle: »Haben wir alle festgestellt, daß dies in Wahrheit eine Frau ist und kein Mann, der verkleidet zu uns gekommen ist, um uns zu verhöhnen? Wenn es irgendwelche Zweifel gibt, werden wir diese da nackt ausziehen. Jede von euch hat das Recht, es zu verlangen.« Magda war nicht mehr fähig, sich darüber zu freuen, daß sie richtig vermutet hatte. Zitternd und mit niedergeschlagenen Augen stand sie da. Keine der Amazonen machte von ihrem Recht Gebrauch, und Jaelle nickte.
»So sei es; wir akzeptieren dich als Frau. Du hast dein Haar abgeschnitten und bist aus freiem Willen zu uns gekommen. Deshalb fordere ich dich jetzt auf, den Eid zu wiederholen, der den Freien Amazonen in den Tagen Varzils des Guten in Übereinstimmung mit der zu Nevarsin aufbewahrten Charta gegeben wurde. Sprich mir nach: Von diesem Tag an entsage ich dem Recht zu heiraten, außer als Freipartnerin. Kein Mann soll mich di catenas binden, und ich werde in keines Mannes Haushalt als barragana leben.«
Magda wiederholte die Worte. Zuweilen geriet sie ins Stocken, und Jaelle half ihr. »Kein Mann soll mich binden…« Nichts, dachte sie, ist unwahrscheinlicher, als daß ich nach dem alten religiösen Ritual di catenas heiraten möchte – oder daß man es einer terranisch geborenen
Frau gestatten würde. Und eine barragana ist eine ausgehaltene Frau, eine Konkubine.
»Ich schwöre, daß ich bereit bin, mich mit Gewalt zu
verteidigen, wenn man mich mit Gewalt angreift, und
daß ich keinen Mann bitten werde, mich zu beschützen.« Magda sprach die Worte, und von neuem überkam sie
das Gefühl zu zerbrechen. Meine beiden Ichs – die terranische Magda, die darkovanische Margali – brechen auseinander! Wer bin ich? Wer werde ich nach diesem Eid
sein?
»… keinen… keinen Mann bitten werde…«
Ich habe schon mit sechzehn Jahren gelernt, mich
selbst zu verteidigen. Auf jeder anderen Welt hätte ich es
die ganze Zeit getan. Hier war ich behütet, und als ich
dann doch in Gefahr geriet, brachte ich es nicht fertig.
Ohne Jaelles Gruppe wäre ich zusammengeschlagen und
vermutlich von der ganzen Bande vergewaltigt worden.
Vielleicht hätte ich es überlebt – das kommt vor –, aber es
wäre die Hölle gewesen, damit weiterzuleben! »Ich schwöre, daß ich von diesem Tag an nie mehr den
Namen eines Mannes führen will, sei er Vater, Vormund, Liebhaber oder Gatte, sondern einzig und
allein…« Jaelle unterbrach sich. »Wie ist der Name deiner Mutter?«
Magda durchforschte wild ihr Gedächtnis nach dem
darkovanischen Äquivalent für »Elizabeth«. Was ist los
mit mir? Ich habe den Namen oft genug gehört. Ich löse
mich auf! Nach einer merklichen Pause antwortete sie:
»Ysabet.«
»… als Margali nikhya mic Ysabeth bekannt sein
werde.« Jaelle sprach die Worte voll aus, nicht in der üblichen Abkürzung, und Magda rang um Selbstbeherrschung. Bis hierher hatte nichts an dem Eid sie beunruhigt oder geängstigt, doch dies tat es. Nur als Margali n’ha Ysabet bekannt sein… O Dad, muß ich sogar deinen Namen aufgeben? Es hat mir nichts ausgemacht, Peters Namen aufzugeben, als wir uns trennten. Aber muß ich dich verleugnen, Dad? Das Gesicht David Lornes, gütig, gelehrtenhaft, von ergrauendem Haar umgeben, schwamm vor ihrem geistigen Auge. Er schien vorwurfsvoll den Kopf zu schütteln. O Gott. Peter, bist du das wert? Margali n’ha Ysabet… Magdalen, Tochter Elizabeths. Mehr nicht?
»Ich schwöre, daß ich mich von diesem Tag an meinem Mann nur hingebe, wenn ich den Zeitpunkt bestimmen kann und es mein eigener freier Wille ist. Niemals werde ich mein Brot als Objekt der Lust eines Mannes verdienen.«
Nun, keine Frau, die ihren Verstand beisammen hat, würde Einwendungen gegen einen Eid erheben, der ihr verbietet, Prostituierte zu werden. Magda erschrak. Durfte eine Frau, die keinen eigenen Beruf hatte, auch keine Ehefrau sein?
»Ich schwöre, daß ich ein Kind nur dann gebären will, wenn es mein Wunsch

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