Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zerbrochene Kette - 6

Die Zerbrochene Kette - 6

Titel: Die Zerbrochene Kette - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
den Ohren sagte Magda, daß sie an Höhe verloren. Sie erinnerte sich, gehört zu haben, daß Banshees nur oberhalb der Waldgrenze nisteten; als sie die erste Gruppe verkrüppelter Bäume, dicke, windzerzauste Koniferen, erreichten, spürte sie, wie die Anspannung aus ihr hinauslief wie Wasser. Hundert Fuß weiter gerieten sie an ein dichtes Gebüsch, wo die Pferde ein bißchen Schutz vor dem Wind und dem immer noch fallenden Schnee fanden. Jaelle stand blinzelnd da und war sich nicht mehr bewußt, was vorging. Allein band Magda die Pferde an, legte ihnen Decken über, brachte es fertig, eins der winzigen Zelte aufzustellen, schälte Jaelle aus ihrem schneebedeckten Reitmantel und den Stiefeln und schob sie in ihre Decken. Sie fiel in ihre eigenen, ohne sich damit aufzuhalten, mehr als die Stiefel auszuziehen.
In der Nacht klarte es auf, und am Morgen blickten sie auf eine blendendweiße Welt mit Bäumen, die sich unter ihrer Schneelast fast bis zur Erde bogen. Magda verband Jaelles Wunden. Sie waren gefroren gewesen und nun weiß und weich. Das würde die Narben schlimmer machen, aber daran ließ sich nichts ändern. Magda nahm von dem Wasser, das sie für den Brei gekocht hatte, und säuberte sie. Mehr konnte sie nicht für sie tun. Jaelle aß lustlos, aber wenigstens aß sie, und Magda war froh. Dieser glasige, benommene Blick äußerster Erschöpfung hatte ihr Sorgen bereitet. Als sie fertig waren, wies Jaelle auf einen niedrigen Gipfel in der nächsten Bergkette.
»Sain Scarp«, sagte sie. »Wenn das Wetter sich hält, sind wir morgen dort.« Magdas Augen waren scharf, aber so sehr sie sich auch anstrengte, sie erkannte nichts als Bäume.
Jaelle lachte. »Ich bezweifle, daß Rumal di Scarp uns zu Gast laden wird. Deshalb werden wir in diesem Jahr wohl keinen Festschmaus bekommen. Aber dein Verwandter ißt sicher lieber Brei auf offener Straße, als daß er mit Rumal speist! Und wenn das Wetter gut bleibt, erreichen wir Ardais vielleicht bis Mittwinter noch.« Nun, da ihr Ziel in Sicht war, beschäftigten sich Magdas Gedanken von neuem mit Peter. Wie würde er sich vorkommen, wenn er von einer Frau gerettet wurde? Eine Stunde später, als sie durch den schmelzenden Schnee hinabritten, stellte Jaelle die gleiche Frage. »Wird es den Stolz deines Verwandten sehr verletzen, wenn er sich von einer Frau retten lassen muß? Oder kennen die Terranan diese Art von Stolz nicht?« »Für gewöhnlich nicht. Auf anderen Welten teilen Männer und Frauen die Gefahren«, antwortete Magda. Aber Peter ist auf Darkover groß geworden wie ich. Und ich habe festgestellt, daß der darkovanische Einfluß stärker war als meine terranische Ausbildung. Wird es ihn verletzen, ihn vernichten, wie es bei einem Darkovaner der Fall wäre?
Und plötzlich wurde Magda etwas über sich selbst klar. So wie ich in Caer Donn aufgewachsen bin, hatte nur ein Darkovaner Anziehungskraft für mich. Es heißt ja, die Art, wie man auf das andere Geschlecht reagiert, wird festgelegt, bevor man sieben Jahre alt ist. Keiner der Terraner, die ich kennenlernte, war der Richtige, keiner hatte die richtige emotionale – oder sexuelle – Wellenlänge für mich. Die sexuellen Signale waren alle verkehrt. Deshalb war Peter buchstäblich der einzige Mann meiner Bekanntschaft, auf den ich überhaupt reagierte.
Und als ich reif war für eine Liebesbeziehung, war er der einzige Mann, den ich kannte, buchstäblich der einzige. Es war nicht so, daß er mir besser gefiel als andere. Es gab gar keine anderen.
Sie sagte sich, daß dies durchaus die wichtigste Erkenntnis ihres Lebens sein mochte, und entschloß sich, es auch dann nicht zu vergessen, wenn sie Peter wiedergesehen hatte.
Sain Scarp war eine gewaltige Festung, isoliert hinter einem langen Steindamm. Den nächsten Tag um die Mittagszeit ritten zwei Frauen diesen Damm entlang, und zumindest Magda hatte das Gefühl, von Augen aus dem Turm am anderen Ende beobachtet zu werden. Wo der Damm endete, hielt ein großer, bärbeißiger Mann sie an und fragte nach ihrem Begehr.
Jetzt. Das ist der Höhepunkt von allem. Was sonst geschehen ist – sogar der Amazonen-Eid, der mein Leben gespalten hat –, diente nur diesem Zweck. Merkwürdig, das hatte Magda beinahe vergessen. Sie sagte: »Ich bin die Freie Amazone Margali n’ha Ysabet…« – wie seltsam das klang! – »… und komme im Auftrag der Lady Rohana Ardais. Hier ist ein Gefangener, und es muß ein Lösegeld bezahlt werden. Bringt diese Botschaft Rumal di

Weitere Kostenlose Bücher