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Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Vogt , Christian Vogt
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für alles Mögliche.“
    „Es ist ein Piratenhafen“, grinste ich. „Ich habe davon gehört.“
    „Wenn du das so nennen willst ...“
    „So nennen es die Zeitungen.“
    „Tun sie das?“ Sie lächelte nicht ohne Stolz. „Nun, ich breche dorthin auf, weil … weil wir Dinge erwägen müssen, für die Zukunft. Wenn ich dort an geeignetes Holz komme, werde ich es dir mitbringen.“
    „Ich bleibe hier? Hast du nicht gesagt, ich müsse von hier fort?“
    Ratlos runzelte sie die Stirn. „Ja. Ich hatte überlegt, dich zur Küste zu schaffen, zu einem anderen Friesendorf. Aber Vater würde dich lieber hier sehen.“
    „Warum?“
    Ihr Blick querte das Oberland bis zum fernen Horizont, doch sie schien nichts von all dem zu sehen.
    „Das … es gibt mehrere Gründe.“
    „Sind sie zu meinen Gunsten oder Ungunsten?“
    Unbehaglich zuckten ihre Lippen. „Unterschiedlich, schätze ich. Wenn Æsta derart um dich zu kämpfen bereit ist, musst du wertvoll sein. Außerdem hat der Bote der Gräfin nachdrücklich darum gebeten, dass du hier bleibst und nicht irgendwo untertauchst, wo dich keiner mehr findet.“
    „Aber hier findet mich auch der Kanzler!“, protestierte ich.
    „Aber hier sind wir nun vorbereitet. In den Küstendörfern könnte es schreckliche Folgen haben, wenn man dich aufnimmt. Irgendjemand hier … irgendjemand hat dich schließlich verraten. Ich vermute, dass es einen unter den Likedeelern gab, der dem Handelsschiff, das hier anlegte, eine Botschaft für den Kanzler von Æsta mitgab. Wie sonst konnten sie sich so sicher sein, dass sie drei Luftschiffe entsandten? Aber wer es ist, kann ich nicht sagen – bitter genug, dass wir einander nicht mehr in allen Dingen vertrauen können.“
    Düster erwiderte sie meinen Blick. „Ich vermute, es war einer der geflohenen Arbeiter. Ich war immer dafür, sie wie unseresgleichen zu behandeln, doch wer nicht frei geboren ist, kann sich vielleicht später schlecht an Freiheit gewöhnen.“
    Ich seufzte und wurde in meinen Gedankenkreisen von Ynge unterbrochen. „Ich würde diese Stange dort versuchen“, riet sie uns und beendete den trübsinnigen Müßiggang. Ich rappelte mich auf und betrachtete, worauf sie gewiesen hatte. „Diese hier?“
    „Manchmal warte ich ja drauf, dass sie sich bewegt und beweist, dass du einfach recht hattest. Und nicht verrückt bist.“
    „Würde dich das beruhigen?“, fragte ich lauernd, doch Tomke trat näher und küsste mich wieder auf die Wange.
    „Sag ihr, das ist eine sehr gute Stange“, sagte sie und wärmte kurz ihre eisige Nase in meinem wild wuchernden Bart.
    „Sag es ihr selbst!“
    „Dann komme ich mir furchtbar dumm vor.“
    „Ich rede jetzt schon seit drei Monaten mit ihr und bin mir noch nie dumm dabei vorgekommen.“ Ich hob Ynge auf und hielt sie auffordernd zwischen die Friesin und mich.
    „Danke, Ynge, das war eine sehr gute Stange.“
    „Ts. Als hätte ich das nicht längst gehört“, erwiderte Ynge, und ich wartete darauf, dass Tomke verkündete, dass sie es vernommen habe. Doch das geschah leider nicht – ich war also weiterhin so wahnsinnig wie zuvor.
    Der Anfang des Fluggeräts, der Anfang nur, doch mehr als die Idee auf dem Papier, lag vor uns im Schnee. Die Stange bildete das Rückgrat eines Gerippes, über das wir Tuch oder Haut spannen würden – insgesamt war das Gebilde steif, obgleich Æmelie geplant hatte, dass man die Flügel unabhängig voneinander kippen und bewegen konnte, doch dafür fehlten uns Material und Ingenieurskenntnisse. Es würde also eine Art Gleiter ergeben, der einen von einem hohen Punkt wie einem Luftschiff, auf einen tiefer gelegenen Punkt transportieren würde.
    „Probieren wir es aus, indem wir runter ins Unterland damit fliegen?“, fragte Tomke auf dem Heimweg. Wir waren völlig durchgefroren, und mein Husten kehrte zurück.
    „Ist es nicht zu tief? Wir sollten einkalkulieren, dass wir abstürzen.“
    „Es gibt auch flachere Stellen. Wer von uns fliegt eigentlich?“
    Ich sah sie an, im Dunkeln verschwand ihr Gesicht bis auf die Nasenspitze in ihrer fellgefütterten Kapuze – ihre Augen schimmerten darin.
    „Ich frage mich, ob du es dir nehmen lassen wirst?“ fragte ich, und sie nahm meine Hand. „Vermutlich nicht. Du kannst dich auch ruhig fragen, ob ich es mir nehmen lassen werde, dich zum Abschied zu küssen.“
    Ich blinzelte. „Ich … weiß nicht. Warum solltest du das tun? Wir sehen uns doch morgen schon wieder, oder?“
    Sie lachte und zwang mich

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