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Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Vogt , Christian Vogt
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würde, denn ich war hinab in die neugierig heraufstarrende Menge gesprungen.
    „Das würde sie kaum überleben. Wir müssen zu Frigg beten und zu Hel, dass sie sie verschonen.“
    Ich räusperte mich unbehaglich. „Du kannst selbstredend auch zum normalen Gott beten“, fügte sie als Ergebnis ihrer verqueren religiösen Erziehung an, doch das Kunstwerk der Klippe war öd und leer geworden.
    „Es tut mir leid, dass sie getroffen wurde.“
    „Sie ist mir teuer. Aber es war für uns alle besser, dass er nicht die Hülle mit der Kugel zerfetzt hat. Mit dem Mündungsfeuer hätte es uns in der Luft zerreißen können. Der Schütze war Albert, nicht du.“
    „Aber … was passiert mit ihm, wenn Ingken stirbt?“
    „Fosite spricht dann Recht über ihn“, sagte sie rätselhaft, ganz in ihrem düsteren heidnischen Glauben verfangen. Ich zweifelte nicht daran, dass Fosite auf eine grausamere Weise Recht sprechen würde als unser Herr Jesus Christus.

    Tomke wachte nachts auf und setzte sich kerzengrade hin. Dann seufzte sie und schmiegte sich enger an mich als gewöhnlich. Ich fand es befremdlich, dass sie dieses gemeinsame Schlafen nun schon seit sicherlich zehn Nächten durchgesetzt hatte, doch warum sie erwacht war, ahnte ich noch nicht.
    Erst am anderen Morgen erfuhr ich, dass Ingken gestorben war – zudem hatte Fosites Rechtssprechung Albert bereits ereilt; ein Rachegeist hatte dem Æstaner die Kehle durchgeschnitten, und obwohl ich Ingkens Tod bedauerte, machte mich auch das Schicksal von Alberts Witwe und Kindern zutiefst traurig.
    Anstatt jedoch der Beerdigungszeremonie beizuwohnen, bei der sicherlich schreckliche, menschenfressende Heidengötter angerufen wurden, wandte ich mich wieder den Flügeln zu.
    „Æsta den Tod. Æsta den Tod“, murmelte ich allein in der Lagerhalle, bis sich die Tür öffnete und Margaret hereinstiefelte. Sie klopfte sich den Schnee aus den welligen Haaren und dem dicken Filzmantel und stampfte ein wenig auf der Stelle.
    „Besonders viel wärmer als draußen habt ihr’s hier nicht“, beklagte sie.
    Ich wies wortkarg auf ein Kohleöfchen. „Du kannst mehr nachlegen.“
    Sie trat an die Flügel heran – zunächst natürlich an den bereits fertigen, auf dem ich den anwachsenden Stapel Notizen und Zeichnungen ausgebreitet hatte, der während des Bauens wie von selbst größer geworden war.
    „Fein, fein, fein. Wer traut sich, ihn auszuprobieren?“
    „Es soll Leute geben, die mutig genug sind, von einer Klippe zu springen damit“, sagte ich, und meinte eigentlich Tomke und nicht mich, doch dann fiel mir ein, dass meine Klippe höher gewesen war. Oder vielmehr tiefer?
    „Das ist gut, denn ich werde es nicht tun.“ Sie lächelte und blätterte durch die Pläne, die Skizzen und die wenigen Auftriebsrechnungen, die Onnen oder Tjarko durchgeführt hatte.
    „Vielleicht kann ich anderweitig nützlich sein.“ Schon hatte sie Æmelies originären Entwurf gefunden und hielt ihn ins Licht, das durch die zahlreichen zugigen Lücken zwischen den Brettern hereinfiel.
    „Das ist wunderbar. Es ist wirklich wunderbar.“
    Ich nickte, und Margaret strahlte mich an. „Hast du noch mehr solcher Pläne? Habt ihr sie … erbeutet?“
    „Ja“, sagte ich dumpf. „In der Hölle.“
    Sie sah mich beunruhigt, aber schweigend an, und ich breitete die Pläne der anderen Flugmaschinen aus.
    „Das hier – dafür bräuchte man eine solche Brennstoffzelle, von der du gesprochen hast“, erkannte sie sofort, als sie das von einem Rotor in der Luft gehaltene Gefährt entdeckte, in dem ein einzelner Mann sitzend Platz nehmen konnte. „Da reicht ein Uhrwerk nicht – man hätte es während des Abstürzens nicht schnell genug aufgezogen.“ Sie kicherte. „Ach, Jungchen, das ist eine gute Bezahlung für die paar Farben. Das macht mir jetzt schon Spaß.“

Das Luftschiff über dem Nebelmeer

    Öl auf Leinwand
    D ie Tage auf Hochgotland flossen ineinander und waren lang und beim zunehmenden Sonnenlicht eines gefühlt arktischen Sommers – obwohl wir uns zweifellos irgendwo auf dem deutschen Festland befanden – durchdrungen von Arbeit und zufriedenen wie frustrierenden Momenten.
    Tomke beschaffte Aluminium. Margaret baute am Ærokopter, konnte jedoch keine Batterie auftreiben, die genügend Strom hergab, um den Rotor zu drehen und das Gewicht eines Menschen in die Luft zu tragen. Er sah jedoch vielversprechend und ganz und gar außerordentlich aus.
    Wir konstruierten Gleiter um Gleiter und erprobten

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