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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Überdruck im Darm an. Er zitterte am ganzen Leib. Die Knie schlackerten ihm so heftig, dass nur das Fett sie am Klappern hinderte. Er hatte alles mit angesehen.
    Geh in mein Gemach und warte dort auf mich!
    Den halben Nachmittag hatte der Kronprinz verschlafen und sich die übrige Zeit gelangweilt. Sich gegen den Befehl seiner Mutter aufzulehnen, wäre keine Alternative gewesen. Die unangenehmen Folgen hätten in keinem Verhältnis zu dem schweißtreibenden Herumsitzen in ihrer Dachkammer gestanden. Normalerweise. An diesem Abend hatte sie ihr »Dickerchen«, wie sie ihn in privaten Momenten zu nennen pflegte, zum ersten Mal vergessen.
    Das war ihr zum Verhängnis geworden.
    Anfangs hatte sich Og nur aus Neugierde nicht zu erkennen gegeben. In dem Versteck hinter den wehenden Tüchern, gleich neben dem hölzernen Lüftungsgitter, konnte er mit anhören, wie seine Mutter König Gaal verhöhnte. Das gefiel ihm. Dann erwähnte sie plötzlich, dass er, der Thronerbe, einen fischköpfigen Bruder hatte. Diese Eröffnung überraschte ihn zutiefst. Verstört hatte er sich heimlich aus dem Zimmer schleichen wollen.
    Doch daraus war nichts geworden.
    Als der Fischkopf seine Mutter erstach, übertönte ihre Stimme Ogs eigenen Schrei. Seine Blase entleerte sich. Seitdem klammerte er sich an einen Wandbehang, weil seine wachsweichen Beine die im Körper gespeicherten Fettreserven nicht mehr tragen wollten. Und nun hatte das Scheusal auch noch seinen grässlichen Rüssel in Eglons Mund gesteckt. Wollte es ihn damit aussaugen? Og kämpfte gegen den Würgereiz an, als hocke der gestreifte Unhold auf seiner statt auf des Priesters Brust.
    Plötzlich riss der Wandteppich aus der Halterung. Der Junge verlor das Gleichgewicht und polterte zu Boden. Neben ihm krachte eine Haltestange herab. Vor Schreck stieß er einen spitzen Schrei aus.
    Panisch versuchte er sich wieder hochzurappeln, was ihm wegen seiner enormen Körperfülle nicht gleich gelang. An der Wand kam er endlich auf die Beine und wollte sich gerade umdrehen, als hinter ihm eine nicht unfreundliche, aber nichtsdestotrotz höhnische Stimme sagte: »Bewegung tut dir gut. Jetzt musst du nur noch weniger essen.«
    Vor lauter Entsetzen konnte sich Og dem Sprecher nur langsam zuwenden. Der riesige Dagonisier hatte sich in seinem Lendenschurz vor ihm aufgebaut, die Fäuste in die Seiten gestemmt. Das schwarzbraune Rüsselding war verschwunden. Er sah belustigt aus.
    »B-B-Bitte …«, stammelte Og. Zu mehr kam er nicht.
    Gaal machte einen raschen Schritt auf ihn zu und packte ihn am Hals. So grob sein Benehmen war, so harsch klang er nun auch. »Du hast die Wahl, du kleine, fette, stinkende Made. Entweder du folgst sofort deinen Eltern ins Haus der Toten oder wir schließen zu unser beider Nutzen einen Pakt. Wie entscheidest du dich?«
    »P-P-Pakt«, bibberte Og. Er war ein leidenschaftlicher Feigling.
    »Kluger Junge«, sagte der König. »Dann hör mir gut zu! Ich muss dich gleich verlassen. Du wartest eine halbe Stunde und gehst dann raus vor die Tür. Dort schreist du wie am Spieß. Kannst du das?«
    Og nickte ein paarmal. Mit seiner Eunuchenstimme konnte er kreischen wie kein Zweiter.
    »Wenn die Wachen kommen«, fuhr Gaal fort, »dann erzählst du ihnen, die Zeridianer hätten deine Mutter und ihre Leibwächter getötet. Mich haben die Meuchler wieder mitgenommen. Befiehl den Gardisten, die Mörderbande zu verfolgen und auf der Stelle zu töten.«
    »Und der Oberpriester?«
    »Dem geht es bald wieder besser.« Gaal zog den Mund in die Breite. »Ich bin ja kein Ungeheuer.«
    Og enthielt sich jeglichen Kommentars.
    »Wichtig ist, dass du mir genau eine halbe Stunde Vorsprung gibst. Hast du bis hierhin alles verstanden?«
    Der Kronprinz nickte abermals. Er mochte ja dick, feige und plump sein, aber er war nicht dumm.
    »Schön«, sagte Gaal und lächelte. »Solltest du mich zu hintergehen versuchen, so wie deine Mutter, dann fresse ich dich bei lebendigem Leibe auf. Ist das so weit klar?«
    Ein heftiger Schauder schüttelte den Kronprinzen durch, und ihm drohte endgültig die Kontrolle über den Schließmuskel zu entgleiten. »Ja«, hauchte er.
    »Das ist ein guter Anfang für unseren Pakt. Wenn du meine Anweisungen genau befolgst, hat das Warten auf den Thron für dich bald ein Ende. Nicht mehr lang und du wirst der mächtigste Mann von Komana sein. Wie gefällt dir das?«
    »G-g-gut«, stammelte Og. »A-aber …«
    »Aber?«
    »Ich b-bin noch ein Knabe. W-wie kann ich so ein

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