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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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jenseits der Aura von Berith.
    »Was passiert, wenn sie uns als Bedrohung ansehen?«, rief Taramis vom Rücken seines Mamoghs zur Drachenkröte herüber. Der Äther dämpfte seine Stimme.
    »Die Chamäleonquallen?«, antwortete Tagor und lachte. »Dann fangen sie uns mit ihren langen Nesseln, betäuben und verdauen uns.« Anders als die Zeridianer, die sich frei auf Tumbas Panzer bewegen konnten, saß der Kirrie in der Kiemenkapsel oberhalb ihres Nackens. Die luftgefüllte Kabine verfügte über einen Sprach- und Hörtrichter, der dem Reiter die Verständigung mit der Außenwelt ermöglichte.
    »Na prächtig!«, grunzte Gabbar. Er sah inzwischen wieder so gut wie zuvor.
    »Sie tun uns nichts, wenn wir ein Stück mit ihnen mitschwallen und uns dann langsam in sie hineinbewegen«, erklärte der Kirrie.
    Taramis hoffte, dass ihr Lotse keine Spielchen mit ihnen trieb. Vielleicht besaß sein Volk ja die Fähigkeit, auf die Chamäleonquallen einzuwirken und sie gezielt gegen einzelne Feinde zu lenken. Vorsichtshalber zog der die Umhüllung vom Stab Ez, ehe er sein Mamogh längsseits des Schwarms lenkte.
    Wegen der perfekten Tarnung wurden die Schwarmtiere erst aus der Nähe deutlich erkennbar. Sie sahen wie große, halbdurchsichtige Kürbisse aus, die Fäden unterschiedlicher Stärke und Länge hinter sich herzogen. Beim Schwallen öffneten sie sich an der Unterseite des Körpers und zogen sich mit elegantem Schwung wieder zusammen. Taramis konnte über die graziösen Bewegungen und die völlige Harmonie der Qicks nur staunen. Unter diesen Umständen kam noch eine gehörige Portion Respekt dazu, denn er wusste auch um die Gefährlichkeit ihres Nesselgiftes.
    »Jetzt könnt Ihr in sie eintauchen«, erscholl nach einer Weile Tagors Stimme durch die Flüstertüte.
    Allon folgte willig dem Befehl seines Herrn und schwenkte auf den neuen Kurs ein. »Wage es ja nicht, sie anzurühren!«, warnte Taramis seinen geflügelten Freund, meinte er doch zu spüren, wie dessen Jagdinstinkt erwachte. Als der Schnabel des Mamoghs beinahe die ersten Quallen berührte, wichen sie vor der Echse aus. Ein Tunnel öffnete sich.
    Der Durchlass schillerte in allen Regenbogenfarben. Die Qicks waren oben, unten, an den Seiten – überall! Mit einem derart überwältigenden Anblick hatte Taramis nicht gerechnet.
    »So bunt und hell habe ich Carma noch nie gesehen«, rief Tagor. »Das muss von Eurem Stab kommen, Herr.«
    Taramis drehte sich zu Tumba um, die ihm mit dem Kirrie und seinen Gefährten folgte. Ein Stück hinter dem Schwaller schloss sich die irisierende Röhre. »Carma?«
    »So nennen wir unsere Beschützerin.«
    Sie hatten dem Schwarm also einen Namen gegeben. Nicht verwunderlich, dachte Taramis, denn offenbar bestand eine Zweckgemeinschaft zwischen den Qicks und den Kirries, die vermutlich schon sehr alt war. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder nach vorn, richtete sich im Sattel auf und reckte Ez in die Höhe.
    Tatsächlich! Ein Feuerwerk von Farben explodierte in den Quallenkörpern, es schien ihm, als höre er das ferne Echo eines vielstimmigen Kinderlachens. Was für ein Erlebnis! Wollte die Natur ihn so für die Eintönigkeit der vergangenen fünf Tage entschädigen? Die aufregendste Erfahrung während der Reise von Dunis zum äußersten Rand des Weltenozeans war die Wiederherstellung von Gabbars Sehvermögen gewesen. Regelrecht benommen von dem schillernden Spektakel ließ Taramis sich wieder in den Sattel sinken.
    Etwa eine halbe Stunde dauerte die Durchquerung des schützenden Kokons. Unterdessen beschlich ihn zunehmend der Verdacht, jemand taste nach seinen Gedanken, Erinnerungen und Gefühlen. Besaß dieser Verbund aus Milliarden Individuen so etwas wie ein kollektives Bewusstsein? War er vernunftbegabt und erforschte mit kindlicher Neugier seinen Sinn?
    Irgendwann drehte sich Taramis abermals um und rief: »Was ist Carma eigentlich? Nur ein Schwarm oder eine … Person?« Ihm fiel kein besseres Wort ein.
    Tagor riss hinter der Kristallglasscheibe der Kapsel die Augen auf. »Dass Ihr das bemerkt habt! Es stimmt. Sie denkt, fühlt und handelt wie ein Wesen mit Verstand. Besonders scharfsinnig ist sie allerdings nicht. Eher von kindlicher Einfalt, würde ich sagen.«
    Schlagartig erstarb das Lichterspiel.
    Taramis zuckte zusammen. Hatte die wenig schmeichelhafte Äußerung Carmas Unwillen erregt? Besorgt drehte er sich um.
    Seine Befürchtung bestätigt sich nicht. Sie hatten nur das Ende des irisierenden Tunnels erreicht. Er

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