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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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hat mich geblendet. Dafür wirst du büßen.«
    »Warte!«, rief Marnas und hielt den wütenden Hünen am Arm fest.
    »So ergeht es jedem, der mir Übles zufügen will«, warnte Jagur.
    Taramis rang nach Luft, sein Brustkorb bebte vor Erregung. Was für eine grandiose Niederlage! Schon um seines Freundes Gabbar willen musste er jede weitere Zuspitzung der Situation vermeiden. »Habt Ihr meinen Gefährten tatsächlich mit Blindheit geschlagen?«
    »Meine Gabe gleicht Eurem Stab Ez, wiewohl sie nicht tödlich ist. Ich vermag jedem Gegner das Augenlicht zu nehmen, indem ich seine Feindseligkeit, den Hass oder die Anmaßung in Blindheit verwandle. Es sind also nicht die Augen des anderen, die versagen, sondern sein Herz.«
    »Willst du Zwerg damit sagen, ich sei von Bosheit durchdrungen?«, schäumte Gabbar. Orientierungslos fuhr er herum und fegte mit seiner Waffe den Ameisenkäfig vom Fass. Das Behältnis zerbrach auf dem Boden und die Insekten flohen in die Schatten.
    »Vielen Dank auch«, stöhnte Jagur. »Jetzt fressen die Biester meine Bücher auf.«
    »Das geschähe dir recht, du Giftzwerg«, grunzte Gabbar. »Leider sind es nur Grasschneiderameisen. Du kannst sie deinem König schenken.« Weil der Hüne einem Tobsuchtanfall nahe schien, zog Marnas ihn von dem Kirrie weg und redete besänftigend auf ihn ein.
    »Wozu? In unseren Höhlen wächst kein Gras«, erwiderte Jagur und wandte sich dem Hüter zu. »Bringt diesen Wüterich zur Vernunft oder ich tue es.«
    »Bitte gebt ihm das Augenlicht zurück. Dann wird er sich auch wieder beruhigen«, sagte Taramis in beschwichtigendem Ton.
    »Das kann ich nicht. Ich bin ein Blender, kein Erleuchter. Seine Sehkraft wird in dem Maße zurückkehren, wie er seinen Groll gegen mich bezwingt.«
    Taramis nickte. Es war höchste Zeit, zum Rückzug zu blasen. »Denkt bitte noch einmal über meine Worte nach, Jagur.«
    »Wozu sollte das nützen? Ich werde mein Volk niemals verraten.« Der Kirrie nahm eines der Säckchen vom Arbeitstisch und warf es Taramis zu. »Aber Euer Feind bin ich auch nicht. Nehmt das, zum Zeichen meiner Verbundenheit mit den Tempelwächtern von Jâr’en.«
    Taramis hängte sich den Lederbeutel mit einem gemurmelten Danke an den Waffengurt. Wie sollte er jetzt Eli und Shúria finden? »Eure Loyalität gegenüber Dov in allen Ehren, aber manchmal muss man die Prioritäten im Leben ändern. Ihr schützt einen Mann, der sich gegen heilige Dinge vergangen hat und die ganze Welt ins Unglück stürzen könnte. Wir sehen uns wieder.«
    »Ist nicht so gelaufen, wie du es dir vorgestellt hast«, sagte der Hüter. Sie hatten Jagurs Haus verlassen und führten Gabbar durch die enge Gasse in Richtung Brunnen zurück. Taramis setzte zu einer Antwort an, doch sein hünenhafter Freund kam ihm zuvor.
    »Du hörst dich an, als fändest du das lustig, Marnas. Der Zwerg hat mich geblendet!«
    »Hör auf zu jammern, mein Freund. Jagur hat sich nur verteidigt. Du hättest dich besser in der Gewalt haben müssen.«
    »Dem Wicht war völlig egal, was auf Jâr’en passiert ist.«
    »Wenn du das glaubst, dann hast du ihn schlecht beobachtet. Der kleine Recke steckt in einer Zwickmühle. Einerseits verurteilt er den Schulterschluss seiner Leute mit den Dagonisiern, andererseits fühlt er sich an seinen Treueschwur gegenüber dem König gebunden. Jagur ist nicht unser Feind, und wir sollten ihn weder verachten noch hassen. Sobald du diese Lektion gelernt hast, wirst du auch wieder sehen können.«
    »Wie soll ich jemals einen Zwerg achten, der seine Axt Lehi nennt? Als wäre sie ein Frauenzimmer. Mir ist schleierhaft, warum ihr euch von ihm habt auf der Nase herumtanzen lassen. Ihr zwei hättet ihn mit Leichtigkeit …«
    »Ich könnte niemals einem Menschen Gewalt antun, der Ez berührt und keinen Schaden nimmt«, schnitt Taramis ihm das Wort ab.
    »Und wie willst du jetzt das Piratennest finden?«
    »Kss, kss!«
    Taramis fuhr erschrocken herum. Von Jagurs Haus war ihnen ein vollbärtiger, blasser Kirrie hinterhergeschlichen. Trotz des heißen Klimas trug er eine braune Wollkutte mit einer Kapuze. Das schüttere weißblonde Haar hatte er zu zwei Zöpfen geflochten. Es konnte sich nur um den Diener des malonäischen Händlers handeln. Er lief barfuß und war sowohl kleiner als auch merklich schmächtiger als sein Herr. »Tagor?«, fragte Taramis.
    Der Kleine verneigte sich unterwürfig. »Der bin ich, Herr. Der bin ich«, quäkte er leise. »Zufällig bekam ich mit, dass Ihr die

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