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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Die Geräusche, die sie von dort ab und zu hörten, drangen offenbar durch die Luftschächte herab.
    Und dann erreichten sie die erste Höhle. Tagor führte sie über bogenförmige, glatt geschliffene, von einer dicken Staubschicht bedeckte Felsenstufen nach unten. Sinn und Zweck der konzentrischen Terrassen wollten sich Taramis nicht auf Anhieb erschließen, was an der dürftigen Beleuchtung lag. Im Schimmer der vier Lichtsteine konnte er nur einen kleinen Abschnitt der großen Halle überblicken, die offensichtlich wie ein Trichter geformt war. Allmählich erkannte er, dass es sich bei der Treppe um stufenförmig ansteigende Sitzreihen handelte. Sie befanden sich in einem Amphitheater.
    »Die Arena«, erklärte Tagor. »Hier wurden früher die Kampfspiele abgehalten. Kirries lieben Kampfspiele.«
    Die Gruppe erreichte endlich die niedrigste Stelle: ein runder Platz mit Sandboden. Die Ehrenplätze auf dem inneren Sitzring waren mit Rückenlehnen ausgestattet. In regelmäßigen Abständen gab es etwa fünf Fuß hohe Rundsäulen mit Mulden obenauf. »Da haben die Lichtsteine gelegen, um das Spektakel in Szene zu setzen«, bemerkte Tagor, während sie den Kampfplatz durchquerten.
    Auf der gegenüberliegenden Seite ging es wieder nach oben und von dort in ein Netz aus Gängen.
    Kurz darauf erreichten sie eine weitere Höhle, die von einem vielstimmigen Gezwitscher erfüllt war. Dem Widerhall ihrer Schritte nach zu urteilen, musste der Raum noch riesiger sein als die Arena. Der Schein des Kalten Feuers verlor sich darin wie ein Tropfen Tinte in einem See. Aus den Halbschatten tauchten schwarz verkohlte Unterkünfte auf, manche als freistehende Häuser errichtet, andere direkt in den Fels geschlagen.
    »Sind das Fledermäuse?«, fragte Taramis leise, obwohl ihm das unwahrscheinlich erschien.
    »Nein, Fettschwalme«, erwiderte Tagor einsilbig. Anscheinend war er immer noch eingeschnappt.
    »Davon habe ich nie gehört.«
    »Es sind Vögel. Die Dunkelheit macht ihnen nichts aus.«
    »Als Nächstes erzählt Ihr mir noch, es gebe Pferde und Rinder hier.«
    »Das nicht. Aber Nager gibt’s zuhauf. Habt ihr schon mal Karkasischen Nacktmull gegessen?«
    »Äh … Nein.«
    »Solltet Ihr unbedingt mal probieren! Am Spieß gegrillt ist er eine Delikatesse.«
    »Und wenn mein Schatz und ich dann Nachwuchs bekommen, reisen wir gleich noch mal hierher«, erklang Zurs Stimme aus dem Hintergrund.
    Diesmal ignorierte ihn Tagor einfach. »Wir halten auch Höhlenschafe und viele haben Blindhunde.«
    »Ihr meint, Hunde als Blindenführer?«, fragte Taramis. Unwillkürlich musste er an den armen Gabbar denken, der in den ersten beiden Tagen nach Jagurs mentaler Verteidigung völlig hilflos gewesen war.
    »Wenn ich Blindhunde sage«, antwortete der Kirrie spitz, »dann meine ich auch Blindhunde. Sie haben keine Augen. Dafür sind ihre Nasen und Ohren umso feiner. Ich wünschte, Ihr könntet mit mir hinaufsteigen, die Stadt und die Dörfer sehen, die Felder …«
    »Ihr habt sogar Felder?«
    »Natürlich! Wir züchten allerlei Höhlenschattengewächse. Ihr findet in unseren Töpfen kaum ein Gericht ohne die Weiße Grottenknolle. Fleisch steht zwar ganz oben auf unserem Speiseplan, doch ohne pflanzliche Kost würden wir verkümmern.«
    Der Lauscher kicherte.
    »Sagt Eurem Freund, er soll sich beherrschen. Ihr seid hier zu Besuch und Gäste sollten sich zu benehmen wissen.«
    Taramis wandte sich zu dem Freund um. »Du hast es gehört, Kater Zur.« Danach richtete er das Wort wieder an den Kirrie. »Was ist das größte Tier, das in Euren Höhlen lebt?«
    »Das größte …?« Tagor wirkte erschrocken. »Wisst Ihr das wirklich nicht?«
    »Sonst würde ich nicht fragen.«
    »Der Lurkon«, sagte Tagor in düsterem Ton. Sie verließen die große Höhle und betraten einen weiteren Gang.
    »Was ist ein Lurkon?«
    »Nicht ein, sondern der Lurkon. So heißt der Drache.«
    »Ist das Euer Ernst? Hier lebt ein leibhaftiger Drache?«
    »Genau genommen ist es ein doppelköpfiger Lindwurm. Sein Reich befindet sich tief unten in den Wurzeln unserer Scholle. Ab und zu verlässt er seinen Bau, um sich mit Futter zu versorgen.«
    »Ihr meint, er holt sich Schafe? Oder Hunde?«
    »Lurkon frisst Kirries. Ausschließlich Kirries. Was wohl daran liegt, dass es hier keine Zeridianer gibt.«
    »Ich liebe diesen Zwerg!«, erscholl es von hinten.
    Taramis warf Zur einen strafenden Blick zu, dessen Wirkung im schwachen Licht der Steine allerdings größtenteils

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