Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt
runzlig, großohrig und gnomenhaft – eben so, wie man ihm die Bewohner Malons immer beschrieben hatte. Fünf trugen einheitliche Harnische. Der sechste, auffallend stattliche Kirrie stach durch seine Ausstattung hervor.
Neben der fast schon unvermeidlichen Streitaxt besaß er als Einziger der Gruppe ein Schwert. Von seinen breiten Schultern hing ein silbrig schimmernder Umhang. Eine Rüstung hatte er nicht. Seine tonnenförmige Brust wölbte sich unter einer Tunika, deren Saum ihm bis über die Knie reichte. Das weißgraue Gewebe changierte intensiv im Sonnenlicht. Vermutlich war der Mann mit der Statur eines kleinen Bären ein Anführer, der das hohepriesterliche Domizil als Befehlsstand nutzte.
»Nicht mehr lange«, knirschte Taramis.
Die Zwerge erwarteten ihn bereits mit ihren schweren Waffen. Vier stellten sich schützend vor den Silbermantel, der vorsichtig zum Niedergang in der Dachmitte zurückwich. Ein Soldat lief auf den nahenden Reiter zu. Er zielte mit seinem Bogen auf ihn – und ließ die Sehne los.
Die kampferprobte Riesenschwallechse neigte sich leicht zur Seite und zog die Flügel an, wodurch sich ihre Angriffsgeschwindigkeit erhöhte.
Unterdessen verwandelte sich das eine Geschoss auf wundersame Weise in einen ganzen Schwarm. Etwa zwei Dutzend Pfeile jagten heran, was selbst für Taramis und mehr noch für sein Mamogh eine ernste Bedrohung darstellte.
Sofern sie wirklich existierten.
Taramis hielt sie für Trugbilder und den Bogenschützen für einen Gaukler. Die Zähe Zeit verlieh ihm Gelassenheit. Er wartete für die Dauer eines Wimpernschlages und hob dann den ovalen Schild schräg in die Flugbahn des Geschosses, das er für real hielt. Zehn oder mehr huschten wie Geisterpfeile durch Allons Körper, ohne Schaden anzurichten. Das einzig tödliche prallte wirkungslos von Schélets gehärtetem Panzer ab.
Nur einen Wimpernschlag später zischte dahinter ein schwarzer Blitz hervor.
Das Gesicht des Bogenschützen spiegelte Entsetzen wider, als er den vermeintlichen Speer auf sich zukommen sah. Ehe er reagieren konnte, durchbohrte Ez erst seine Rüstung und dann sein Herz. Die Augen des Getroffenen verwandelten sich auf der Stelle in stumpfe, verschrumpelte Klumpen. Sein eben noch feistes Antlitz fiel in sich zusammen wie bei einer Mumie. Kein Laut drang aus der Kehle des Schützen, als das Feuer ihn verzehrte.
»Das ist Taramis. Haltet ihn auf!«, brüllte der Silbermantel.
Allon hatte unterdessen die Schwingen ausgebreitet, wodurch er nicht nur an Schwung verlor, sondern den sofort vorrückenden Kriegern auch die Sicht nahm.
»Verschwinde, bis ich dich rufe!«, rief Taramis und sprang aufs Dach herab. Katzenhaft landete er neben dem niedergestreckten Schützen und riss ihm den Stab aus der Brust. Ein weißgrauer, süßlich riechender Rauch entwich der Wunde.
Mit kräftigen Flügelschlägen gewann die Riesenschwallechse wieder an Tempo. Einer der fünf verbliebenen Kirries schleuderte seine Streitaxt auf sie. Offensichtlich hatte ihn niemand über die tödlichen Reflexe der Mamoghs und die Reichweite ihrer langen Hälse aufgeklärt. Allon lenkte die Waffe spielerisch mit dem Hornkamm ab, neigte den Kopf zur Seite und ließ ihn blitzschnell herumschwingen. Ehe der Mann sich’s versah, hatte ihn das Fliegende Schwert auf Höhe des Nabels halbiert. Allon stieß einen wilden Pfiff aus und rauschte himmelwärts davon.
Der jähe Verlust von einem Drittel ihrer Schlagkraft blieb ohne erkennbare Wirkung auf die Kampfmoral der verbliebenen Malonäer. Vom Silbermantel angestachelt, stürzten sich die drei Leibwächter auf den Mamoghreiter. Der vorderste rückte mit einer Lanze vor, an deren dreieckiger Eisenspitze sich Widerhaken befanden.
Taramis lief ihm entgegen. Ehe er in Reichweite der Pike gekommen war, schoss diese plötzlich wie eine Giftschlange auf seinen Kopf zu. Er riss den Schild hoch und konnte den Stoß gerade noch abwehren. Überrascht wich er nach links aus.
Was war das? Der Kirrie hatte seinen Spieß nicht etwa geworfen, das Ding war gewachsen!
»Gut so, Zartor«, rief der Anführer. »Beim nächsten Mal kriegst du ihn.«
Die seltsam dehnbare Waffe zuckte erneut vor.
Taramis neigte rasch den Oberkörper zur Seite. Als die dunkle Eisenspitze an seinem Gesicht vorbeizischte, packte er den Schaft mit der Schildhand und zog heftig daran.
Der unerwartete Ruck riss den Leibwächter fast von den Beinen. Er stolperte nach vorne, um sein Gleichgewicht wiederzuerlangen.
Taramis
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