Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt
Eiland zwischen ihm und die Kirries schob. Dabei fuhr ihm ein neuerlicher Schreck in die Glieder. Dicht unterhalb des Rands schwebte eine Drachenkröte von so gigantischer Größe, dass sie einem Hügel glich. Und das war noch nicht alles. Gerade durchstieß eine riesige Ätherschlange die jâr’enische Sphäre und steuerte geradewegs auf den gepanzerten Koloss zu. Taramis kannte nur ein Volk, das die widerspenstigen Drachenwürmer zu zähmen wagte.
Dagonisier.
Wir werden euch heimsuchen wie eine Plage, die deine schlimmsten Vorstellungen übertrifft …
Sein Körper hatte das Gift des Antischs längst besiegt, der Geist indes litt immer noch. Taramis schloss die Augen. Er musste den Kopf freibekommen, sonst würde Gulloths Fluch ihn genauso lähmen wie die Stacheln des Feuermenschen.
Energisch umfasste er mit der Linken die Lenkriemen des Mamoghs, während seine Rechte Ez schüttelte. »Wartet nur, ihr fischköpfigen Ungeheuer!«, rief er drohend. »Wehe, ihr habt auch nur einem von meinen Gefährten ein Haar gekrümmt. Ich werde nicht ruhen, ehe mein Stab euch alle wie eitrige Geschwüre aus der Welt herausgebrannt hat.«
Er schwenkte ab, um nicht vorzeitig von den dagonisischen Reitern entdeckt zu werden. Jedes Geplänkel konnte ihn kostbare Zeit kosten, Zeit, die er zur Rettung von Xydia, seiner Mutter und den anderen Freunden brauchte.
Allon schwallte am Wurzelstock der Insel vorbei und schwang sich zur Bruchkante empor, die vor Urzeiten beim Bersten der Weltenkugel entstanden war. In der Deckung des Waldes tauchten die Echse und ihr Reiter in die Sphäre ein.
Sogleich pfiff Taramis der Wind in den Ohren, und sein langes Haar flatterte ungestüm. Als Halbwüchsiger hatte er sich oft von seinem Mamogh in schwindelnde Höhen emportragen lassen, nur um sich gleich darauf übermütig am Sturzflug zu berauschen. Allon bewegte sich dank seiner natürlichen Auftriebshilfen so wendig wie ein Falke durch die Luft.
Dicht über den Wipfeln des Heiligen Hains näherten sich die beiden dem Tempelbezirk. Irgendwo da unten stand auch sein Seelenbaum. Und der von Xydia. Taramis wünschte, er könnte ihr Lebensband wie eine Fährte funkeln lassen, um ihm bis zu ihr zu folgen. Er machte sich auf das Schlimmste gefasst.
Die Grenze von Gan Nephaschôth stürzte förmlich auf ihn zu. Dahinter erstreckte sich das tiefblaue Gewässer, auf dem gewöhnlich die Reisetiere niedergingen. Ihm verdankte die Heilige Insel den zweiten Teil ihres Namens – jâr´en bedeutete in der alten Sprache »Wald der Quelle«. Xydia pflegte es wegen seines Umrisses auch scherzhaft »Bohnensee« zu nennen. An der schmalsten Stelle war dieser eine und an der weitesten knapp zwei Meilen breit. Die Mauer des Tempelbezirks schmiegte sich in die waldwärts gewölbte Uferlinie.
Das grüne Meer aus Blättern und Nadeln wechselte jäh zum Blau des Quellsees. Als Taramis durch die Kristallbrille zum Tempelareal hinüberblickte, stockte ihm der Atem. Vor der rauchumwölkten Silhouette der Anlage tummelte sich ein ganzer Schwarm Donnerkeile auf dem Wasser. Am Ufer lag ein totes Mamogh. Eine Ätherschlange riss aus dem Kadaver einen Happen heraus und verschlang ihn in einem Stück. Drei weitere dieser lindwurmartigen Kreaturen wälzten sich links davon im Schlamm. In sicherem Abstand zu den angriffslustigen Echsen standen zehn oder zwölf dagonisische Wachposten mit dreizackigen Spießen.
Taramis schüttelte ungläubig den Kopf. Obwohl die Feuermenschen zum Atmen nur Kiemen besaßen, bewegten sie sich so mühelos wie jeder andere Berither an der Luft. Wie machten sie das nur? Auch ihre Rolle bei dem Überfall wollte sich ihm nicht erschließen. Nach seiner ersten Einschätzung hielten sie sich im Hintergrund. Die Hauptstreitmacht stellten ihre Verbündeten.
Die Kirries.
Am Strand wimmelte es von den stämmigen kleinen Männern. Viele waren in Gefechte mit versprengten Gruppen von Tempelwächtern verwickelt. Die Bewaffnung der zwergenhaften Piraten bestand hauptsächlich aus Äxten, Streitkeulen und Spießen. Auch der ein oder andere Rundbogen kam zum Einsatz. Ihre dunklen Plattenpanzer schimmerten wie Grafit in der Morgensonne. Unter den Kegelhelmen ragten dicke Zöpfe in unterschiedlichen Farben hervor.
Die hochgewachsenen Zeridianer wehrten sich verbissen gegen die Übermacht. In Kreisformation kämpften sie Schulter an Schulter, schroffen Klippen gleich, die dem tosenden Meer trotzten. Dennoch schlugen die Speere und Pfeile des Feindes immer wieder
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