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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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dem nur gute Früchte wachsen«, sagte Taramis müde. Weil er zu erschöpft für ein sinnloses Wortscharmützel war, fragte er: »In welchem Verhältnis steht Reghosch zu Euch? Ist er Euer Adjutant, ein Schüler oder enger Vertrauter?«
    Einmal mehr hüllte sich Natsar in Schweigen.
    »Er muss Euch nahestehen, sonst hättet Ihr ihn ohne Skrupel in den Tod geschickt. Stattdessen habt Ihr ihm die Flucht befohlen. Was meintet Ihr mit den Worten ›Alles wird sich fügen‹?«
    Der Schlangenreiter schien die Sprache verloren zu haben.
    »Redet!«, fuhr Taramis ihn zornig an. »Oder soll ich Euch den Schädel spalten, um die Wahrheit herauszuschälen? Wer ist Xydias Mörder und wo finde ich ihn?«
    Natsar drehte sich langsam zu ihm um. Seine Miene verriet keine Furcht. »Ihr denkt, mich töten oder gegen mich gewinnen zu können. Wenn Ihr Euch da nur nicht irrt. Vielleicht bin ich längst den Weg der Unsterblichkeit gegangen.«
    Den Weg der Unsterblichkeit? Taramis erschauerte beim Gedanken an das ekelhafte, schleimige Organ, das die Antische zur Eiablage benutzten. Fast hätte ihn der General zum Wirt für seine Brut erkoren. War es etwa schon geschehen? Nährte sich Natsars Larve bereits an irgendeinem Todgeweihten?
    Dem Antisch schien das Unbehagen seines Gegenübers genüssliche Schadenfreude zu bereiten. »Das Zeitalter von Dagonis hat längst begonnen, Taramis. Die alte Welt wird bald vergehen. Entscheide dich schnell, auf welcher Seite du stehen willst.«
    Die Insel der Verdammten befand sich irgendwo in der Zentralregion. Ihre genaue Lage kannte nur Natsar. Und der weigerte sich beharrlich, das Geheimnis von Zin preiszugeben. Verständlich, dachte Taramis. Der General wollte sich nicht des Hochverrats schuldig machen. Die Mosphatvorkommen waren für das Dagonisische Reich von entscheidender strategischer Bedeutung.
    Glücklicherweise konnten sie den Weg aus der Zentralregion in dichter besiedelte Gegenden auch ohne den Fischkopf finden. In begrenztem Umfang half dabei die Kenntnis anderer Schollen, die dem erfahrenen Navigator durch ihre individuelle Form und Farbe wertvolle Anhaltspunkte boten. Weil sie sich vergleichsweise schnell bewegten und aus der Entfernung zu kleinen, kaum von Sternen zu unterscheidenden Lichtpunkten zusammenschmolzen, taugte diese Orientierungshilfe nur für Kurzreisen. Wer sich weit auf den Weltenozean hinauswagte, der musste überdies die Konstellationen der Gestirne kennen. Beruhigenderweise verfügten Marnas und Veridas über dieses Wissen.
    »Endlich weiß ich, wo wir sind«, sagte der Hüter von Jâr’en um die Mittagszeit herum. Die Gefährten hatten sich bei der Bewachung der Geisel abgelöst, damit jeder sich etwas ausruhen konnte, immerhin waren sie bereits seit vierzehn Stunden unterwegs. Natsar wirkte immer noch beängstigend frisch. Möglicherweise brauchten Antische weniger Schlaf oder ihr Körper hatte einen anderen Rhythmus.
    Taramis wandte sich überrascht zu seinem Lehrer um. »Jetzt erst?«
    Marnas grinste. »Vorher kannte ich nur den Kurs, der uns aus dem Zentrum herausbringt. Nun kann ich auch sagen, wo er uns hinführt: nach Debir. Das ist eine kleine Scholle, die überwiegend von Bauern bewohnt wird.«
    »Weinbauern, um genau zu sein. Es heißt, der Rote von Debir sei das Blut von Berith.«
    »Dort bekommen wir sicher einen guten Tropfen und können uns endlich in richtige Menschen verwandeln.«
    »Mich interessiert vor allem, wo wir diesen Asor finden.«
    »Unsere Aufgabe ist wichtiger als deine Rache, Junge.«
    »Mein Sinnen auf Gerechtigkeit «, betonte Taramis, »könnte uns sogar zur Lösung führen.« Er drehte sich wieder nach vorn. »Nicht wahr, General?«
    Natsar ging seiner neuen Lieblingsbeschäftigung nach: Er schwieg.
    Die Sonne hatte sich schon tief hinter Beriths Aura geschoben und das Licht wurde bereits schwächer, als Debir endlich in greifbare Nähe rückte. Es war tatsächlich eine sehr überschaubare Scholle, wunderbar grün, etwa zwanzig Meilen breit und anderthalbmal so lang. Auf der sonnenabgewandten Seite erhob sich ein Bergkamm, der eine steile, felsige Bruchkante bildete. Zum anderen Ufer hin fiel er sanft ab – ideale Bedingungen für den Weinanbau. Neben etlichen kleinen Dörfern war nahe dem Höhenzug eine ummauerte Stadt zu sehen. Hier und da kräuselten sich Rauchfahnen in den Himmel. Ob sie von Herdfeuern oder Hausbränden aufstiegen, konnte Taramis auf die Entfernung nicht erkennen. Die Lufthülle schillerte im Abendlicht wie eine

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