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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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der Farbe frischen Blutes.
    »Friede, guter Mann. Was wird denn hier gebaut?«, rief er einem Steinmetz zu, der mit staubiger Lederschürze auf eine Hütte zueilte.
    Der Angesprochene verlangsamte seinen Schritt. Er wirkte überrascht. »Das wisst Ihr nicht?«
    »Wir kommen von weit her.«
    »Es ist ein Dagontempel. Gaal, der König von Dagonis, lässt ihn errichten, als Geschenk an das komanaische Volk.«
    »Ein … Götzentempel?«, entfuhr es Taramis.
    Der Steinmetz blieb wie angewurzelt stehen und zischte: »Seid Ihr von Sinnen, so etwas laut auszusprechen? Eure Worte könnten Euch den Kopf kosten.«
    »Zuerst muss sich jemand finden, der ihn mir abnimmt«, entgegnete Taramis grimmig und wünschte dem Handwerker einen guten Tag.
    »Irgendwie monströs, das Ding«, sagte Zur und schüttelte sich demonstrativ. »Wenn es fertig ist, wird es den Tempel auf Jâr’en an Größe um ein Mehrfaches übertreffen.«
    Marnas nickte. »Ja. Aber ihm fehlt die betörende Schlichtheit von Beth Gao. All die vielen Säulen und Stuckornamente hier – es scheint, als sollten die Gläubigen geblendet werden, damit sie nicht erkennen, dass sie einen toten Fisch anbeten.«
    Der Tempelplatz fiel zurück und der Hüter lenkte das Gespann in eine menschenleere Straße, die parallel zu einer breiten Allee verlief. Beide führten geradewegs zum Palastbezirk. Der Wagen ratterte an prachtvollen Villen vorüber, die sich in großzügigem Abstand hinter übermannshohen Mauern reihten. Als der Residenzpark schon in greifbarer Nähe war, preschten aus einem Tor zur Linken unversehens acht Reiter hervor: zwei Antische und sechs Soldaten der Königlichen Leibgarde.
    Die Dagonisier saßen nicht auf Pferden, sondern auf Stegonten, wandelnden Muskelbergen, die das Gewicht der Feuermenschen mühelos trugen. Die Echsen hatten eine fein geschuppte, graubraune Haut und glichen im Körperbau riesigen Stieren. Ihre Schädelfront bildete ein herzförmiger, an den Rändern gezackter Knochenschild, auf dem zwei lange, gebogene, spitze Hörner saßen. Ein weiteres, kurzes ragte von der Nase empor.
    Schnell näherte sich der Trupp den Zeridianern. Marnas lenkte den Wagen eilig an die Seite und brachte ihn zum Stehen. Plötzlich senkte er den Blick und drehte sich zu den Gefährten auf der Ladefläche um. »Köpfe runter!«
    Die Männer duckten sich sofort hinter die Seitenwände des Kastens. Waffen klapperten. Gabbar griff zur Streitaxt, Masor zu Pfeil und Bogen.
    »Was ist?«, raunte Taramis. Er hielt zwar ebenfalls das Haupt geneigt, verstand aber nicht den Grund der Aufregung.
    »Der Fischkopf ganz vorne ist Dormoth«, flüsterte Marnas, »der misstrauische Hauptmann, den General Natsar gestern nur mit Mühe hatte wegschicken können. Hoffentlich erkennt er uns nicht wieder.«
    Taramis war sofort klar, was das bedeutete. Der Antisch würde sich fragen, warum Natsars Gefangene ohne Bewacher durch Peor fuhren. Leider war es zu spät, das eigene Aussehen mit einer Gaukelei zu verändern. Ihre einzige Tarnung bestand in der einheimischen Kleidung. Sie mussten darauf hoffen, dass die Krieger ein paar Bauern keine Beachtung schenkten.
    In der Mauer neben dem Gespann öffnete sich eine eiserne Pforte, und eine junge Frau trat heraus. Dem schlichten Gewand nach handelte es sich um eine Bedienstete. Die versteinerten Mienen der falschen Bauern ließen sie verunsichert innehalten.
    In diesem Moment donnerten die beiden Stegonten an dem Wagen vorüber, dicht gefolgt von den komanaischen Soldaten. Die Reiter schienen es eilig zu haben. Taramis beobachtete sie aus den Augenwinkeln. Dormoth hatte die Männer auf dem Kutschbock nur kurz angesehen …
    Unvermittelt riss der Antisch an den Zügeln. Sein Stegont warf den Kopf zurück und kam rutschend auf dem Pflaster zum Stehen. Die nachfolgenden Reiter hatten Mühe, ihre Tiere vor ihm zum Halten zu bringen.
    »Es gibt Ärger, Freunde«, warnte Taramis seine Gefährten.
    Die kehlige Stimme des dagonisischen Hauptmanns hallte durch die Straße. »Ich kenne diese Männer. Das sind die Spione. Entflohene Kriegsgefangene. Ergreift sie! Tötet jeden, der sich widersetzt oder zu fliehen …«
    Ein Pfeil zischte durch die Luft und bohrte sich in die Stirn des Dagonisiers. Masor hatte sich blitzschnell aus dem Wagen erhoben und ihn abgeschossen. Mit weit aufgerissenen Augen kippte der Antisch aus dem Sattel. Das nun herrenlose Tier stampfte grunzend davon.
    Die Frau an der Pforte kreischte, drehte sich um und rannte auf das

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