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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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vor acht Jahren unter ähnlich mysteriösen Umständen verschwunden wie zuvor der König.«
    »Eure Geschichte klingt ziemlich wirr, Herr Wirt.«
    »Es ist nicht meine Geschichte, sondern das in der Gerüchteküche bei Hofe gekochte Haschee. Ob Ihr es unverdaulich findet oder nicht, ist mir völlig egal.«
    »Mehr könnt Ihr mir über …«
    »Bitte!«, flehte der Wirt.
    »… den Unaussprechlichen nicht sagen?«
    »Nein. Außer vielleicht, dass kurz nach seinem Verschwinden aus dem ganzen Klatsch und Tratsch ein unentwirrbarer Knoten wurde. Einige munkelten, Lebesis Leibwächter sei gar nicht verschwunden, sondern sie vergnüge sich weiter mit ihm in ihren Privatgemächern. Andere übertrugen seinen Namen auf das kleine Ungeheuer, das sie geboren und seitdem im Palast versteckt haben soll. Irgendwann war sie der haarsträubenden Schauergeschichten überdrüssig und verbot bei Todesstrafe, darüber zu reden.«
    »Sehr vernünftig«, sagte Uladan. Er war bei der Erwähnung des Unholds ganz blass geworden. »Der Schuldner des Herrn Adámas muss ein anderer Mann sein.«
    »Kennt Ihr jemanden, der uns mehr über den Unaussprechlichen sagen kann?«
    »Ja«, sagte der Wirt mit finsterer Miene. »Geht in den Palast und fragt die Hexe.«

Gefährliches Pflaster
    N atsar verspürte unbändigen Zorn. Er trug nach wie vor das quälend enge Halskorsett, war an Händen und Füßen gefesselt und musste um jede Prise Neschamah betteln. Seit dem Fund der verstümmelten Leichen behandelten ihn die Ungestreiften wie einen gemeinen Verbrecher. Diese gefühlsduseligen Würmer beurteilten sein Handeln nur aus dem Augenblick heraus. Sie begriffen nicht die größere Dimension des Ganzen. Enak und seine Hausgemeinschaft waren billige Opfer zur Unterstützung von Dagons Siegeszug.
    »Gebt mir etwas von dem Odempulver«, verlangte Natsar, als ihm schwante, dass man sich möglicherweise für längere Zeit nicht um ihn kümmern würde.
    »Wann lernt Ihr endlich, wie jeder andere Bitte zu sagen?«, erwiderte Masor. »Ihr habt gestern Eure Ration Neschamah bekommen. Das muss genügen.«
    Ehe der Heerführer Einspruch erheben konnte, wurde ihm ein Knebel in den Mund gedrückt und mit einem Tuch am Herausfallen gehindert. Er knurrte wütend, als ihn Masor und Zur wie ein Stück Schlachtvieh auf die Ladefläche des Kastenwagens schoben. Tags zuvor hatte ihm Taramis ernste Konsequenzen für den Mord an Enak und seinen Leuten angekündigt. Jetzt, sechsunddreißig Stunden später, ließ der Tempelwächter ihn spüren, dass es sich dabei nicht nur um leere Drohungen handelte.
    Die Mienen aller acht Zeridianer verrieten Entschlossenheit. Was hatte die Bande in der letzten Nacht ausgeheckt? Natsar wusste nur, dass ihre beiden Kundschafter nach Sonnenuntergang zum Gutshof zurückgekehrt waren. Der junge Gaukler und der Knochenbrecher hatten in Peor herumgeschnüffelt und irgendetwas über Asor erfahren. Etwas, das einen weiteren Besuch in der komanaischen Hauptstadt erforderte. Vermutlich war ihnen einiges über die schöne Regentin zu Ohren gekommen und nun wollten sie den Gerüchten auf den Grund gehen. Damit hatte der Antisch gerechnet, seit ihm Komana als nächstes Reiseziel genannt worden war. Im Gegensatz zu seinen Bewachern kannte er die wahre Geschichte der Regentin und ihres Bastards.
    Schwerter, Speere und die Kirrieaxt wurden auf die Ladefläche geworfen. Dann bauschte sich über Natsar ein Segeltuch im Wind und fiel auf ihn herab. Für die nächsten Stunden würde er auf seinen Gesichtssinn verzichten müssen. Er hörte, wie fünf Zeridianer zu ihm in den Wagen stiegen. Auf dem Kutschbock nahmen Taramis, Veridas und Marnas Platz. Rumpelnd setzte sich das von zwei kräftigen Ackergäulen gezogene Gefährt in Bewegung.
    Die Fahrt nach Peor geriet zur Tortur. Blind wie er war, konnte Natsar sich auf die unzähligen Löcher im Weg nicht vorbereiten und spürte jedes einzelne als schmerzhaften Rippenstoß. Hinzu kam ein von Stunde zu Stunde sich verstärkendes Gefühl der Beklemmung. In der brütenden Hitze unter der Plane ließ die Wirkung des Odempulvers schneller nach als befürchtet. Er brauchte dringend sein Neschamah, sonst würde er an der Luft ersticken wie ein Fisch auf dem Trockenen.
    Als die Enge in der Brust schier unerträglich wurde, hätte er am liebsten Arromog gerufen und auf seine Peiniger gehetzt. Die Schlange streifte irgendwo draußen durch das Labyrinth der tausend Scherben. Natürlich wusste er um die Sinnlosigkeit eines

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