Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt
Legenden. Ist …« Der Hauptmann deutete auf den schwarzen Stab. »Ist das Ez, den man die Flamme Gaos nennt?«
»Ja.«
Missmutig betrachtete Oban den von Taramis getöteten Grenzwächter. Dann wies er mit dem Kinn zu dem Antisch, in dessen Kopf Masors Pfeil steckte. »Der da heißt Dormoth. Er hat gerade den Statthalter vor Spionen gewarnt. Angeblich tarnen sie sich mit Taschenspielertricks. In ihrer Gewalt soll sich ein Doppelgänger des dagonisischen Oberbefehlshabers befinden. Dormoth sprach von Euch, nicht wahr?«
»Er hat aus Halbwahrheiten ein Lügengespinst gewoben. Wir sind keine Spione. Wahrscheinlich fürchten die Feuermenschen, wir könnten Lebesi zum Widerstand gegen Dagonis anstiften.«
»Dann seid Ihr gar keine entlaufenen Kriegsgefangenen?«
Taramis fasste in wenigen Sätzen die Ereignisse vom Überfall auf Jâr’en bis zur Flucht von Zin zusammen und schloss mit der Feststellung: »Es erfüllt uns mit großer Sorge, dass Komana ein Bündnis mit den Dagonisiern geschlossen hat.«
»Mir steht es nicht zu, die Entscheidungen der Regentin zu kommentieren«, entgegnete Oban mit unbewegter Miene.
»Eure Loyalität ehrt Euch, doch wollt Ihr Euch tatsächlich vor einem Fischgötzen in den Staub werfen?«
»Gaal hat uns freigestellt, welchem Gott wir dienen wollen. Warum seid Ihr nach Peor gekommen, Herr Taramis?«
»Wir suchen den Mörder Xydias, Tochter des Hohepriesters.«
»Ihr riskiert Euer Leben für ein Weib ?«
»In Eurem Reich mag eine Frau nichts zählen«, erwiderte Taramis kühl, »aber auf Jâr’en ehren wir alle Menschen, die Gao ergeben sind. Im Übrigen erhoffen wir uns von Asor Auskunft darüber, wohin die Kirries Eli und seine jüngere Tochter Shúria verschleppt haben.«
Ein Ausdruck der Bestürzung trat auf Obans Gesicht. » Das ist der Mann, den Ihr sucht?«
Taramis nickte. Er meinte, dieselbe Furcht in den Augen des Hauptmannes zu sehen, die Asors Name beim Wirt des Mageren Drachen ausgelöst hatte. »Er soll Lebesis Sohn sein. Stimmt das?«
Die Gardisten wechselten unbehagliche Blicke.
Oban räusperte sich. »Darf ich absteigen?«
»Sofern Ihr friedlich bleibt, werde ich Euch nichts tun.«
Der Hauptmann schwang sich aus dem Sattel. Während er auf Taramis zulief, musterte er kopfschüttelnd die toten Dagonisier und das Stegontenhaupt. Bei dem Stabträger angekommen, raunte er: »Über diesen Mann zu reden ist uns nicht erlaubt.«
»Das hörte ich«, entgegnete Taramis gleichmütig. »Deshalb hatte ich auch vor, die Regentin selbst zu fragen.«
»Dazu müsste sie Euch empfangen.«
»Werdet Ihr uns zu ihr führen, Hauptmann Oban?«
»Das könnt Ihr gleich wieder vergessen. Wir würden alle sterben.« Er deutete auf seine Männer. »Jeder dieser Gardisten, mich eingeschlossen, hat geschworen, ihr Leben mit dem seinen zu verteidigen.«
»Ich habe nicht vor, Lebesi auch nur ein Haar zu krümmen.«
»Sagte der Meuchler und stach ihr einen Dolch in die Brust.«
»Euer Sinn für Theatralik gefällt mir, Hauptmann. Leider geht er völlig an der Wirklichkeit vorbei. Die Regentin wird Euch belohnen, wenn sie mich angehört hat.«
»Wozu? Um Asor zu finden? Niemand, der das in den letzten Jahren versucht hat, ist noch am Leben.«
»Vielleicht kann ich sie mit einem Geschenk besänftigen.«
Oban runzelte die Stirn. Sein Blick wanderte zum Wagen. »Ein Geschenk. Habt Ihr es dabei?«
»Ja. Wollt Ihr es sehen?«
»Ist es etwa der Doppelgänger? Ihr habt mich neugierig gemacht.«
Taramis führte ihn zum Wagen, langte in den Kasten und schlug das Segeltuch zurück. Natsar war inzwischen wieder wach und blickte grimmig in die Gesichter der Ungestreiften.
Oban schreckte zurück. »Ist der wirklich echt?«
»Ihr könnt ihn gerne anfassen, wenn Ihr wollt.«
»Gott behüte! Wenn mir von den Hunderten Besuchern, die Lebesi in meiner Dienstzeit empfangen hat, einer im Gedächtnis geblieben ist, dann dieser Antisch hier. Die Zeichnung seines Gesichts ist unverwechselbar. Wisst Ihr überhaupt, wen Ihr da habt?«
»Ja. Den Mann, der aus Lebesi eine Marionette gemacht und ihren Sohn um den Königsthron gebracht hat. Denkt Ihr, das Geschenk wird sie gnädig stimmen?«
Der Hauptmann schüttelte fassungslos den Kopf. »Ich maße mir nicht an, die Ratschlüsse dieser … Frau zu verstehen.«
Taramis schmunzelte. »Wolltet Ihr sie gerade ›Hexe von Peor‹ nennen?«
Oban schwieg.
»Was ist nun? Müssen wir Euch hier und jetzt töten, oder werdet Ihr uns zu einer Audienz bei der
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