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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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gleichschenkliges Kreuz geformten Hauptkomplex der Anlage. Er brachte das Gespann unter einem Arkadengang zum Stehen.
    »Hier im Schatten wird der Wagen vorerst niemandem auffallen. In diesen Höfen trifft man allenfalls kurz nach Sonnenaufgang ein paar Gärtner und andere Dienstboten, ansonsten sind sie der königlichen Familie vorbehalten.«
    »Es wäre gut, wenn Lebesi die Leichen nicht entdeckt, ehe ich mit ihr gesprochen habe«, bemerkte Taramis.
    »Keine Sorge«, beruhigte ihn der Hauptmann. »Solange sie sich den Staatsgeschäften widmet, herrscht hier Ruhe.«
    »Hat sie nicht einen Sohn?«
    »Ihr meint Og?« Oban lachte. »Der ist nicht wie andere Sechzehnjährige. Er hasst Spaziergänge im Park. Den Grund werdet Ihr vermutlich bald selbst herausfinden. Folgt mir einfach.«
    Als Natsar vom Wagen stieg, baute er sich vor Taramis auf und blitzte ihn zornig an. »Ihr begeht einen Fehler, junger Lurch. Lebesi und mich verbindet mehr, als Ihr Euch vorstellen könnt. Sie wird mir nichts tun.«
    Taramis hielt dem Blick aus den großen Fischaugen stand. »Warum Ihr für die Regentin wertvoll seid, ist mir letztlich einerlei, General. Sie soll mir helfen, Asor zu finden und den Hohepriester zu befreien. Ihr seid der Preis für ihre Unterstützung. Und jetzt bewegt Euch, oder Masor macht Euch Beine.«
    Oban führte die Zeridianer und ihren Gefangenen durch eine eisenbeschlagene Tür in einen kühlen, schattigen Korridor. Die schmucklose Ausgestaltung ließ darauf schließen, dass er hauptsächlich vom Gesinde benutzt wurde. Im Moment wirkte der Gang wie ausgestorben.
    Schweigend liefen sie an etlichen Türen vorbei. Einige standen offen, wohl um dem ansonsten unbeleuchteten Flur Licht zu spenden. Angespannt spähte Taramis in jeden der Räume. Meistens handelte es sich nur um Abstellkammern. Einmal erhaschte sein Blick im Halbdunkel eine nackte Schöne, die bis zur Hüfte in einem Steinblock steckte. Bei genauerem Hinsehen entpuppte sie sich als halbfertige Figur aus weißem Marmor.
    Unvermittelt hallten Stimmen durch den Flur.
    Oban scheuchte seine Begleiter schnell in einen großen Raum, in dem riesige Blumengefäße, Gartengeräte und weitere Steinfiguren lagerten. Durch verglaste Türen fiel mattes Licht von den Innenhöfen herein. In einem der Fenster waren vier Gardisten mit einem Spürhund zu sehen. Das Tier zerrte ungestüm an der Leine. Es war schlank wie eine Antilope, groß wie ein neugeborenes Kalb und hatte ein kurzes, glänzend schwarzes Fell, das ausschließlich geflochtene, miteinander verknotete Muskelstränge zu bedecken schien.
    »Sind die wegen Euch hier?«, flüsterte Taramis.
    »Nein«, erwiderte Oban. »Ihr habt mein Wort.«
    »In Eurem Interesse hoffe ich, Ihr sagt die Wahrheit. Ich will keine unliebsamen Überraschungen erleben.«
    »Dann sind wir uns ja einig. Im Gang ist es wieder still. Kommt!«
    Sie kehrten in den Korridor zurück und setzten den Marsch fort. Nach wenigen Schritten kündete helles Gelächter die Annäherung mehrerer Frauen an. Der Hauptmann fuhr zu Taramis herum und wedelte mit den Händen.
    »Schnell zurück ins Gärtnerlager!«
    Am anderen Ende des Ganges wurde die Tür aufgerissen und der große Spürhund drängte herein.
    »Aragor!«, zischte Taramis. Mehr war nicht nötig, um den Schattenschmied zum Eingreifen zu bewegen. Finsternis legte sich jäh über die Männer, als habe jemand eine Kerze ausgeblasen.
    Drei junge Mägde erschienen im Gang und auf der anderen Seite traten nacheinander die Leibgardisten ein. Der letzte Soldat schloss nicht einmal die Tür; irgendetwas trieb die vier zur Eile an. Beide Gruppen liefen aufeinander zu, ohne sich zu sehen.
    Der Spürhund bellte und zerrte noch heftiger an der Leine.
    Das Lachen der Mädchen verstummte. Ihre Schritte verlangsamten sich. Ängstlich blickten sie in die Dunkelheit, aus der das Gebell gedrungen war.
    Der Hundeführer hatte Verdacht geschöpft. Er schickte sich an, sein Tier von der Leine zu lassen.
    »Alle mit dem Rücken an die Wand!«, flüsterte Taramis. Sein Herz raste. Ihm musste dringend etwas einfallen, sonst würden die Gardisten Alarm schlagen.
    »Ich kümmere mich um den Kläffer, sobald er vor ihren Augen verschwindet«, raunte Marnas. Schon bei früheren Gelegenheiten hatten er und sein Schüler sich ohne lange Erklärungen auf einen gemeinsamen Plan geeinigt.
    »Lass den Köter ins Dunkel laufen«, forderte Taramis den Schattenschmied auf. »Wenn die anderen näherkommen, nimmst du dich langsam

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