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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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sich Taramis. »Gerade das stört mich.« Das war nicht einmal gelogen.
    Der Kirrie grunzte. »Hast du mir auf der ganzen Reise auch nur ein einziges Mal vertraut? Ich bin’s, Mann. Kein fischköpfiges Monster, sondern der wackere Jagur. Der kurze Recke, der dich vom hohen Olivenbaum heruntergeholt hat.«
    Raffiniert! Appelliert an meine Gefühle. Das hat Bochim auch mehrmals versucht. »Ich bitte euch, meine Entscheidung zu akzeptieren. Ihr seid alle meine Freunde. Außer einem vielleicht, der euren Gefährten getötet hat. Sonst könnte er nämlich nicht seine Gestalt annehmen. Nehmt es bitte nicht persönlich.«
    Einige schlugen die Augen nieder, ein paar nickten. Ischáh kämpfte gegen Tränen an.
    »Wer lässt sich schon gerne des Verrats bezichtigen?«, brummte Bohan.
    Niemand. Ehe Taramis etwas sagen konnte, meldete sich abermals Jagur zu Wort.
    »Hat wohl wenig Zweck, noch weiter darüber zu streiten. Endloses Gerede schlägt mir ohnehin auf den Magen. Dann verschwinde halt. Wir stehen uns hier solange die Beine in den Bauch.«
    Taramis legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte leise: »Danke, Jagur. Behalt ein Auge auf die anderen. Wenn ich zurückkomme, möchte ich keinen von euch vermissen.«
    Den übrigen Gefährten winkte er zum Abschied nur kurz zu und lief dann in den Wald.
    Es war eine sternenklare Vollmondnacht. Auch ohne Lichtstein fand sich Taramis deshalb mühelos zurecht. Die Gärtner von Gan Nephaschôth hatten stets darauf geachtet, dass jeder Baum genügend Platz zur individuellen Entfaltung bekam. Nur dadurch, so glaubten sie, stünden auch ihren Symbionten im Leben alle Tore offen. Das Licht der Nacht fand daher viele Lücken, in die es hinabscheinen konnte, und wo die Schatten allzu dicht waren, erwies sich die Drachenaura doch noch als nützlich.
    Die Leuchtbänder von Shúria und Ari liefen nebeneinander durch den Wald. Und sie würden sich, das vermochte Taramis schon jetzt zu erkennen, auch an ihrem Ziel nur wenig voneinander entfernen. Er war ihnen erst kurz gefolgt, als er hinter sich einen klappenden Laut vernahm. Erschrocken fuhr er herum und stach den Stab in die Richtung des Geräuschs.
    Im Mondschatten eines nur wenige Schritte entfernten Baumes mit ausladenden Ästen brannte eine kleine Flamme. Sie schwebte über der Schale, die Ischáh mit ihren Händen geformt hatte, und beleuchtete ihr Gesicht. »Willst du mich aufspießen?« Ihre Stimme bebte.
    »Wie konntest du dich von den anderen davonschleichen?«, fragte er lauernd.
    »Genauso, wie ich mich an dich angeschlichen habe, du großer Jäger.« Mit einem Mal schien sie vornüberzukippen, fing sich dann aber mit einem Ausfallschritt ab und eilte auf ihn zu.
    Ist sie Bochim? Taramis umklammerte den Feuerstab. Sollte er sie damit aufhalten? Er war völlig verwirrt. Wenn Ischáh auch die Erste war, die beim Höhlenausgang aufbegehrt hatte, konnte er sich bei ihr doch am allerwenigsten einen Betrug vorstellen. Er zögerte einen Augenblick zu lang.
    Ehe er noch wusste, wie ihm geschah, fiel sie ihm um den Hals und küsste ihn auf den Mund.
    Panik schoss wie ein Blitz durch ihn hindurch. Grauenvolle Erinnerungen brachen aus seinem Unterbewusstsein hervor. Eine hässliche Fischfratze, die riesigen Augen und den blutegelhaften »Rüssel«. Er meinte schon das schleimige Legeorgan des Antischs in seinem Rachen zu spüren, dabei war es nur Ischáhs Zunge. Grob stieß er sie von sich weg.
    »Ischáh!«, keuchte er. »Was tust du da?«
    Erschrocken sah sie ihn an, so als sei sie gerade unsanft aus dem Schlaf gerissen worden. Dann schien sie plötzlich zu schrumpfen, weil die Anspannung von ihr wich – und fing an zu weinen.
    Taramis war so verunsichert, dass er nur hilflos daneben stehen und ihr zusehen konnte.
    »Es tut mir leid«, schluchzte sie endlich. »Als du mich bei der Höhle eine Verräterin genannt hast …« Sie schüttelte den Kopf.
    »Das habe ich gar nicht getan«, verteidigte er sich. »Ich wollte nur sagen, dass jeder …« Schnell klappte er den Mund zu.
    Sie nickte. Neue Tränen schossen ihr in die Augen. »Siehst du!«, klagte sie mit weinerlicher Stimme. »Jetzt gibst du es zu. Ich dachte, wir wären Freunde. Nach Zoldans Tod habe ich eine starke Schulter zum Anlehnen gebraucht, jemanden, der mir zeigt, dass mein Leben noch einen Sinn hat. Und mit einem Mal behauptest du, ich sei dieser mörderische … Fisch. «
    Er wagte sich wieder näher an sie heran, griff sogar nach ihrer Hand und erklärte sanft:

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