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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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groß gesehen. Sie starrten auf ihre Scham, genauer gesagt auf den blutigen Fleck, der dort ihr kostbares Hemd verunzierte.
    Shúria blickte an sich herab und schlug die Hände vor den Mund. »O weh! Es ist die Blutung.«
    »Die Blutung?«, quiekte er.
    Sie sah ihn an. »Majestät, bei Frauen ist es so, dass gewöhnlich einmal im Monat …«
    »Ich weiß, was das ist«, keifte er. »Aber du bist eine Zeridianerin. Allein dein Hemd zu berühren, hätte mich umbringen können.«
    Entschieden schüttelte sie den Kopf. »Das ist nicht wahr! Wer hat Euch denn ein solches Ammenmärchen erzählt? Nur der unmittelbare Kontakt mit meinem Blut führt zu den Schüttellähmungen und treibt Euch den Schaum vor den Mund, bis dann die Augen aus den Höhlen treten und zuletzt …«
    »Schweig endlich, sei still!«, fiel er ihr schrill ins Wort. Mit einem irren Ausdruck im Gesicht presste er sich die Hände an die Ohren, so als könne allein die Beschreibung des Todesverlaufs im Gehörgang eine giftige Wirkung entfalten.
    Mit beschämter Miene schlug Shúria die Augen nieder.
    Eine Weile standen sie sich so gegenüber und schwiegen.
    Og wagte schließlich, den Hörschutz sinken zu lassen. Ein bedrohlicher Unterton schwang in seiner hohen Stimme mit, als er fragte: »Warum sagst du nicht vorher, dass du deine Monatsblutung hast?«
    »Als ich zu Euch gebracht wurde, merkte ich noch nichts davon.«
    »Das soll ich dir glauben? Willst du mich umbringen?«
    »Euch töten?« Sie fing an zu schluchzen, verbarg ihr Gesicht wieder unter ihren Händen und schüttelte entschieden den Kopf. »Wie könnt Ihr nur so etwas von mir annehmen? Ich bin eine verzweifelte Mutter. Denkt Ihr, mir ist nicht klar, was solch eine Tat für mein Kind bedeuten würde, von mir ganz zu schweigen?«
    Der König nickte grimmig. »Eglon hätte euch zwei schon längst durchs Feuer gehen lassen. Vielleicht sollte ich das auch endlich tun.«
    Shúria erschrak. Der Fettkloß sah nicht aus, als wolle er ihr nur drohen. War sie zu weit gegangen? Hatte sie das riskante Spiel verloren und das Leben ihres Sohnes verwirkt? Sie verspürte mit einem Mal Todesangst, suchte fieberhaft nach einer Möglichkeit, den Zorn Ogs zu besänftigen. Würde Taramis ihr nicht verzeihen, wenn sie sich mit dem König einließe, um Ari und sich selbst zu retten …?
    Plötzlich erschauerte sie. Ungläubig strich sie sich mit der Rechten über die Wange. Gerade hatte sie das Gefühl gehabt, die Hand ihres Liebsten genau dort zu spüren, sanft und warm, so wie nur er sie zu streicheln vermochte. Verlor sie jetzt völlig den Verstand? Sie blinzelte benommen. Wie sonst sollte sie sich erklären, was da eben geschehen war? Obwohl die Vernunft ihr sagte, dass es nur eine Illusion gewesen sein konnte, gewann sie dadurch neuen Mut.
    »Was hast du?«, fragte Og argwöhnisch.
    Sie blickte ihn freiheraus an. »Ich stellte mir gerade vor, wie mein Liebster mich liebkost«, antwortete sie mit einem Augenaufschlag, der seine Wirkung nicht verfehlte.
    Er schluckte. »Du redest von … mir?«
    »Kennt Ihr jemanden, der mich glücklicher machen könnte?«
    Og drückte das Kreuz durch, was seinen Bauch grotesk nach vorne wachsen ließ. »Du hast recht. Mit meinen tausend Frauen bin ich unbestritten der größte Liebhaber der Welt.«
    »Die Monatsblutung dauert bei Zeridianerinnen nicht so lang, Majestät. Nach zwei, höchstens drei Tagen ist sie vorbei und dann …« Sie überließ den Rest der verkommenen Phantasie des Monarchen.
    Der schmatzte bereits, als habe sie ihm gerade einen köstlichen Appetithappen in den Mund gesteckt. Ein Grinsen überkam ihn. »Du hintertriebenes, kleines Biest! Du hast es doch tatsächlich geschafft, mein Verlangen nach dir neu zu entfachen. Also gut. Ich gebe dir noch eine Chance. Ein drittes Mal werde ich mich aber nicht von dir zurückweisen lassen. Die Frau des Taramis soll in diesem Jahr vor dem ganzen Volk die Braut Dagons spielen. Beim großen Fest der Auferweckung in drei Tagen wirst du dich auf dem Dach des Palastes mit mir vereinen. Wenn du dich weigerst, egal aus welchem Grund, dann … heize ich einen Ofen mit euch.«

22. Die Seelenbäume
    E r war zu aufgewühlt, um sofort weiterzusuchen. Deshalb blieb Taramis nach Ischáhs Umkehr noch einige Zeit stehen und blickte zu den Inseln und Sternen empor. Wie oft hatte er auf diese Weise mit Shúria das Himmelszelt bewundert!
    Allmählich beruhigte er sich. Erneut rief er sich die Bilder in den Sinn, aus denen der Reif

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