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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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andere das Ritual überlebt.«
    Sie blieb abrupt stehen und wandte ihm das Gesicht zu. »Es ist nicht der Tod, den ich fürchte. Eher ist es das, was Ihr aus mir zu machen gedenkt.«
    »Wenn sich der Große Fisch mit Euch vereint hat, werdet Ihr einer Göttin gleich sein. Euch ist ein Platz im Harem sicher und vielleicht sogar der Rang einer Nebenfrau …«
    »Hört auf damit!«, fuhr sie ihn zornig an. »Ich liebe nur einen Mann – und das ist Taramis. Ich werde mich niemals zu einer Hure machen lassen, nicht für Og, nicht für Euch und für keinen Götzen dieser Welt.«
    Auf den Stufen unter ihnen wurde geflüstert. Waffen klapperten. Eglon gebot den Tempelwächtern mit einer beschwichtigenden Geste Einhalt, bevor er sich der widerspenstigen Braut zuwandte.
    »Was wollt Ihr?«
    Sie schnaubte. »Seid Ihr wirklich so verblendet, dass Ihr Euch das nicht denken könnt? Ich möchte frei sein. Endlich wieder vereint mit meinem Mann. Und mein Sohn soll ohne Angst vor Feueropfern aufwachsen.«
    »Ganz schön unverschämt, findet Ihr nicht?«
    »Nur das, was sich jede Ehefrau und Mutter wünscht.«
    »Kommt mit mir aufs Dach und gebt Euch dem Großen Fisch hin, dann will ich sehen, was ich für Euch tun kann.«
    »Sagt mir die Wahrheit, Eglon. Seid Ihr es, mit dem ich mich da oben paaren soll?«
    Der Priester kräuselte die Lippen. »Könnt Ihr Gedanken lesen?«
    »Nein. Ich weiß nur, dass mich der König unbedingt erobern wollte. Warum nehmt jetzt Ihr auf einmal seine Stelle ein?«
    »Er hat das Vorrecht an mich abgetreten. Heute begehen wir in Peor zum zehnten Mal das Fest der Auferweckung. Ich hatte ihn darum gebeten.«
    »Wann?«
    »Gerade eben. Ich sagte ihm, er könne Euch noch oft lieben. Mir sei dies nur ein einziges Mal vergönnt.«
    Sie funkelte ihn an. Seine Miene der Arglosigkeit erschien ihr falsch. Wie eine Maske. »Ich glaube Euch nicht.«
    »Das ist bedauerlich. Dann muss ich Euch ersetzen lassen.« Sein Blick wanderte zu Siath hinüber. »Wir kennen uns ja bereits, meine Schöne, was der Würde des Rituals sicher keinen Abbruch tut.«
    Shúria sah ihre Freundin überrascht an. Davon hatte sie nie etwas erwähnt.
    »Ich frage dich ein letztes Mal«, richtete der Oberpriester erneut das Wort an Shúria. »Steigst du mit mir auf das Dach und wirst meine Braut sein?«
    Ihr war klar, was sie im Falle einer Verweigerung erwartete. Sie schüttelte den Kopf. »Niemals.«
    Er seufzte. »Wirklich bedauerlich.« Ohne den Blick von Shúria zu wenden, winkte er mit ausgestrecktem Arm die Tempelwächter heran. Seine Stimme klang hart, als er rief: »Führt sie ab! Werft sie und ihren Sohn in einen kalten Ofen und heizt ihn behutsam an. Sie soll zu spüren bekommen, wie sie das reinigende Feuer des Großen Fisches ganz langsam verzehrt.«
    Die Männer packten Shúria bei den Armen.
    »Ehrwürdiger Herr«, meldete sich ein weiblich klingendes Organ aus dem Hintergrund. Es war der lebende Berg.
    »Was gibt es, Abah?«
    Der Obereunuch deutete auf die verworfene Braut. »Ihr Liebesstein, an dem Halsband.«
    »Was für ein …?« Eglon hatte den Blick wieder Shúria zugewandt. Seine Hand griff in ihren Ausschnitt, holte den kleinen Meteoriten hervor und drehte sich mit ihm um.
    Shúria bebte. Bitte lass mir den Sternensplitter! Sie spürte den behaarten Handrücken auf ihrer Brust, die trockene Haut war heiß.
    Eglon lächelte. Er schien Gefallen daran zu haben, ihr wild pochendes Herz zu fühlen. Dann besann er sich wohl der zahlreichen Beobachter und befahl: »Nimm es ihr ab, Abah. Die neue Braut soll den Liebesstein tragen.«
    Mit verzweifelter Miene wandte sich Shúria ihrer Freundin zu. Siath war anzusehen, wie sehr sie mit ihr litt, gegen Eglons Willkür konnte sie aber auch nichts ausrichten.
    Unterdessen genoss der Eunuch seine Aufwertung. Mit stolzgeschwellter Brust drängelte er sich durch die Reihen der Wächter und Priester ganz nach vorn. Ruppig streifte er Shúria das Halsband ab, wobei er ihr auch noch ein paar Haare ausriss. Umso feierlicher war sein Gehabe, als er es hierauf der Ganesin umlegte. »Jetzt ist die Braut bereit«, verkündete er lauthals und zwinkerte dem Oberpriester zu. »Mir hat sie sowieso von Anfang an besser gefallen.«
    Eglon verzog keine Miene und nickte nur. »Dann können wir ja endlich weitermachen.«
    »Nicht mit mir«, sagte Siath. Ihre Hand lag schützend auf dem Sternensplitter, eine Geste, die Shúria nur zu gut kannte.
    Sämtliche Blicke richteten sich auf die Ganesin.

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