Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer
Feuerstab.
Mit der Klinge überraschte er einen Tempelwächter, der ihn gerade noch auf der anderen Seite des Schlots gesehen hatte. Ez streifte fast gleichzeitig einen zweiten Krieger an der Hand. Die zarte Berührung reichte aus, um die Bosheit in ihm zu entzünden und ihn an Seelenbrand zugrunde gehen zu lassen.
Ein Pfeil zischte heran. Taramis hatte sich längst unter den Schutz der Zähen Zeit gestellt und verfolgte die Bahn des Geschosses wie ein herantreibendes Schilfrohr. Mit der flachen Schwertklinge fegte er es kurz vor der Brust des Alten aus dem Weg.
Der Seher keuchte.
»Ich sagte ja, es könnte ungemütlich werden«, knurrte Taramis. Und galoppierte weiter.
Auf dem Weg zum Ende des Kolonnadendaches lagen noch drei Kamine vor ihm. Er hatte sich die Zahl und die Positionen seiner Gegner genau eingeprägt.
Der Schütze hinter dem nächsten Schlot stand dicht an der Dachkante, für Schwert und Feuerstab unerreichbar. Als Taramis aus der Deckung hervorpreschte, lenkte er seinen Willen wie eine große Schaufel in das Kiesbett. Ein ganzer Hagelsturm stob von ihm weg, als hätten tausend Steinschleuderer ihre Geschosse gleichzeitig auf den Weg geschickt. Sie prasselten gegen den Krieger und fegten ihn regelrecht vom Dach.
Der nächste Gegner hatte sich im Schatten seines Schlots versteckt. Taramis stemmte wütend seinen Geist dagegen. Der Kamin brach ab und begrub den Schützen unter sich.
Nun näherten sie sich dem Niedergang, aus dem immer noch Verstärkung strömte. Dort konzentrierte sich die Gegnerschaft. Etliche Bogenschützen nahmen ihn ins Visier. Rasch trieb er Allon in die Deckung des vorletzten Schornsteins.
Mit einem Mal schienen sieben Reiter dahinter hervorzupreschen, jeder in eine andere Richtung. Die Überraschung aufseiten der Schützen war groß. Ihnen fiel nicht einmal auf, dass nur ein einziges Zweihorn den Kies aufwirbelte. Die Sorge, diese unheimlichen Geisterreiter könnten das Gleiche mit ihnen anstellen wie mit ihren Kameraden, ließ sie ihre Pfeile vorschnell verschießen. Gefährlich waren nur drei. Den einen wehrte Taramis mit dem Schwert ab, die übrigen scheiterten am Drachenhemd.
»Warte beim letzten Kamin auf mich«, rief er – die Anweisung war gleichermaßen für Allon wie für Veridas bestimmt – und stieg über das Hinterteil des galoppierenden Hengstes ab.
So kam er mitten unter die Schützen. Vier versuchten seinen Leib mit Pfeilen zu spicken und keuchten oder brüllten vor ungläubigem Zorn, als die Geschosse von seinem langen Hemd wirkungslos abprallten. Die übrigen Männer hatten ihre Bogen noch nicht wieder bereit gemacht und konnten ihn ohnehin nicht mehr ins Visier nehmen, ohne sich gegenseitig zu gefährden. Ehe sie auch nur dazu kamen, ihre Schwerter zu ziehen, hatte Taramis fünf Schwarzröcke mit dem Feuerstab berührt.
Seine Linke fuhr herum, weil ihn ein Angriff von hinten bedrohte. Die im Andachtsraum erbeutete Klinge lenkte den Hieb ab und Ez tötete den Mann. Von vorne stürmten gleich zwei Krieger auf ihn los. Er lief ihnen entgegen, trennte dem ersten die Schwerthand vom Arm, sprang in die Höhe und bohrte dem zweiten von oben die Stabspitze in die Halsbeuge.
Mittlerweile hatten ihn sieben oder acht weitere Wächter weitläufig umringt. Sie wagten gleichzeitig den Angriff. Taramis fürchtete, dieser Kampf könnte zu lange dauern. Wie viel Zeit blieb Shúria und Ari noch? Er sah den hellen Rauch, der aus dem letzten Kamin aufstieg, und schleuderte die ausgestreckte Hand herum, die den Feuerstab umklammerte.
Sämtliche Gegner wurden wie von einer unsichtbaren Riesenkeule davongeschleudert, die meisten stürzten in die Tiefe.
Hab ich endlich das Drachenfeuer geweckt? Taramis atmete schwer. Der Kräfteverlust deutete eher nicht darauf hin. Trotzdem lenkte er seinen Willen in das Dach, um es über Shúrias Ofen aufzubrechen. Der Kies begann zu tanzen, sonst aber tat sich nichts. Wenn es Lurkons Kraft ist, dann tröpfelt sie nur.
Erschöpft gab er den Versuch auf, zornig darüber, sich für nichts so verausgabt zu haben. Einen zweiten Angriff wie diesen eben würde er nicht so souverän zurückschlagen können. Ein ersticktes Knurren stieg aus ihm auf.
Sein animalischer Laut versetzte die auf dem Schauplatz verbliebenden Schwarzröcke in Angst und Bangen. Sie schreckten vor ihm zurück. Ihnen musste dieser unverwundbare Berserker wie ein Fluch Gottes erscheinen; vielleicht fragten sie sich, welcher Gott ihnen hier so übel mitspielte. Ein paar,
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