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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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unerschrockenen Art bückte sich Ischáh und hob den Schädel auf. »Das war ein Kirrie.«
    »Große Fresser sind eben keine Feinschmecker«, raunte Bohan und zog sein Schwert leise aus der Scheide.
    Die Ganesin bettete den Totenkopf wieder in die Mulde. Ohne sich zu erheben, blickte sie in die Dunkelheit vor ihnen. Nach einer Weile schloss sie die Augen und legte die Handfläche auf den Boden.
    »Was ist?«, flüsterte Taramis.
    Anstatt zu antworten, verstaute sie ihre Lichtsteine schnell in der Umhängetasche.
    Er folgte ihrem Beispiel und wiederholte seine Frage.
    »Ich spüre etwas«, wisperte sie. »Eine Präsenz. Sie ist uralt. Und böse. Irgendwo dort.« Sie deutete in die Finsternis.
    Taramis bekam eine Gänsehaut. »Du meinst …?«
    Sie wandte sich ihm zu. »Ich vermute, dass es der Drache ist.«
    Er zog Ez aus dem Futteral und band sich dieses als Gürtel um den Leib.
    »Nimm lieber das Schwert«, brummte Bohan.
    Taramis sah ihn unwirsch an. »Das ist doch deine Spezialität. Willst du vielleicht ab hier die Führung übernehmen?«
    »War nur ein Vorschlag.«
    »Und was ist mit dir?«, fragte er Ischáh. »Denkst du, der Drache wäre bereit, auf eine Ganesin zu hören?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Es gibt Geschöpfe, die sich gegen die Natur auflehnen. Sie hassen alles, was mein Volk verkörpert.« Ischáh zeigte abermals ins Dunkel. »Dies da ist so eine Kreatur.«
    Er nickte. »Dann ist es besser, ihr haltet Abstand zu mir. Ich gebe euch ein Zeichen, sollte ich etwas finden.«
    Ehe er wusste, wie ihm geschah, hatte sie ihn umarmt. »Pass auf dich auf, Taramis.«
    Bohan hieb ihm die Pranke gegen die Schulter. »Mein Schwert ist dein Schwert.«
    »Ich verlass mich drauf«, antwortete er leise, hob den Lichtstein wie eine Fackel in die Höhe und folgte weiter dem Verlauf des Spalts.
    Bald wurde klar, dass der Totenkopf nur ein Vorbote des Schreckens war, der Taramis nun erwartete. Nach ungefähr dreißig Schritten stieß er bereits auf den nächsten Schädel. Hiernach nahm die Menge der Gebeine auf dem Boden sprunghaft zu. Er sah die Gerippe von Schafen, Hunden, Höhlenflugechsen und Tieren, deren Art er nur erraten konnte. Dazu kam ein dumpfer Geruch, der ihn an eine Grabkammer erinnerte. Besorgt sah er sich nach seinen Gefährten um.
    Etwa einen halben Steinwurf weit hinter ihm glimmten zwei Lichter. Ischáh und Bohan hatten ihre Steine mit Stoff bedeckt.
    Taramis stolperte. Mit einem raschen Ausfallschritt verhinderte er einen Sturz. Zu seinen Füßen lag eine Mumie, genauer gesagt die obere Hälfte eines vertrockneten Zwerges. Der Mann trug Kettenhemd und Helm, was dem Drachen möglicherweise den Appetit verdorben hatte. Auf der Brust des Toten klaffte ein dunkles Loch, so als habe ihm die Bestie das Herz herausgerissen. Sein zu einer Maske des Grauens verzerrtes Gesicht war tief braun. Die Haut spannte sich wie Pergament über den Schädel. Und die schwarzen Augen sahen aus wie verschrumpelte Oliven.
    Mit einem großen Schritt stieg Taramis über die Leiche hinweg. Um besser sehen zu können, holte er den zweiten Lichtstein aus dem Proviantbeutel, nahm beide in die linke Hand und streckte sie in die Höhe.
    Er stand am Eingang einer Höhle. Die gewaltigen Dimensionen des Raumes ließen sich nur erahnen, weil sich die Wände schon bald im Dunkel verloren; von der Decke war gar nichts auszumachen. Als er nach unten blickte, schauderte ihn.
    Der Boden war mit verdorrten Leichenteilen und den Resten tierischer Kadaver übersät. An einigen Stellen lagen sie so dicht, dass der Fels darunter nicht mehr zu erkennen war.
    Langsam wagte sich Taramis tiefer in das Meer des Todes hinein. Dabei entdeckte er die sterblichen Überreste von vier weiteren Zwergenkriegern. Jeder wies eine Art Krater in der linken Brust auf. Die nach außen aufgeworfenen Lochränder in ihren Kettenhemden oder Harnischen sahen aus wie geschmolzen und wieder erstarrt. Dem Anschein nach verfügte das Ungetüm über die Fähigkeit, das Herz seiner Gegner in einen feurigen Kugelblitz zu verwandeln. Ein Drache, der sich nicht gern die Klauen schmutzig macht, dachte Taramis.
    All seine Sinne waren aufs Äußerste angespannt. Von der Präsenz, die Ischáh erwähnt hatte, spürte er jedoch nichts – leider fehlte ihm die besondere Wahrnehmung der Ganesen. Seine Ohren hörten nur die eigenen Schritte und das gelegentliche Knirschen kleiner Knochen unter den Füßen. Die Augen irrten rastlos durch die Finsternis und fanden keinen Platz, an dem

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