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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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dachte, wir wären nun eine verschworene Gemeinschaft«, sagte Jagur in beleidigtem Ton.
    »Lass es gut sein, kleiner Recke. ›Was Ihr da von mir verlangt, das kann ich nicht tun.‹«
    »Warum redest du mit einem Mal so geschwollen daher?«
    »Ich habe nur dich zitiert. Diese Worte hast du damals in deinem Haus in Dunis zu mir gesprochen, als ich dich nach der Lage deiner Heimatinsel fragte.«
    »Das war was anderes.«
    Taramis lächelte. »Und diesmal ist es wieder etwas anderes.«
    Genau einmal im Monat reihten sich im Weltenozean sechs Schollen wie eine Perlenkette aneinander. Für die meisten Bewohner Beriths war die sogenannte Große Konjunktion nur ein Hilfsmittel, um die Tage im Kalender zu bestimmen. Taramis wusste um ihre tiefere Bedeutung, weil er die Rätselworte unter der Säule des Bundes kannte, dem wiedererrichteten Megalithen im Tempelbezirk von Jâr’en.
    Diesem Epigraph zufolge waren einst »sieben Säulen auserkor’n«, den Speer Jeschuruns zu tragen. Die erste war Har-Abbirím, der »Berg der Engel«, eine lebende Insel, die er vor einem Dutzend Jahren aus einem jahrtausendealten Schlaf erweckt hatte, um die dagonisische Plage abzuwenden. Die genaue Lage von Dagonis war nur den Antischen bekannt. Der Inschrift zufolge hielt ihre Heimatscholle den Himmelsspeer im Gleichgewicht. Die Schlusszeile des Rätselspruchs nannte die letzte Station der speergeraden Himmelskonstellation: das Sternenhaus des legendären Äonenschläfers Olam. Niemals, so hieß es im Epigraph, erlösche darin das Licht Jeschuruns.
    Bis Taramis zu dem sagenumwobenen Ort aufbrechen konnte, galt es allerdings zuerst die Unsichtbare Insel zu finden. Über sie schwieg sich die alte Inschrift wohlweislich aus – was bei einem so mysteriösen Flecken Land eigentlich nicht anders zu erwarten war. Nur von Eli wusste er, wo er suchen musste: Am Ursprung dieser Inselkonstellation wird einmal im Monat Ijjím Samúj sichtbar.
    Nach sieben Tagen hatten sie endlich das fragliche Gebiet in der Äußeren Region erreicht, gerade noch rechtzeitig, denn die Große Konjunktion hatte bereits begonnen. Majestätisch glitt Narimoth auf das ferne Zentrum von Berith zu. Der Kurs, auf den Keter eingeschwenkt war, lag genau auf dem gedachten Schaft von Jeschuruns Speer.
    Taramis befand sich im vorderen Bereich der Kiemenkapsel, dort, wo er so eben noch aufrecht stehen konnte. Um ungestört zu sein, hatte er die Mannschaft, einschließlich Bohan und Jagur, zu Allon geschickt, also ganz nach hinten in den Laderaum. Ischáh war er nicht losgeworden. Sie stand neben ihm und lenkte den Donnerkeil. Gemeinsam blickten sie in das von leuchtenden Punkten gesprenkelte Meer hinaus. Jeder Fleck war eine Scholle, eine Insel, die ihre Bahn durch den großen Weltenozean zog.
    So weit vorne bot die Kristallkuppel wenig Platz – und so drängte sich die Ganesin dichter an Taramis heran, als ihm lieb war. Er mochte die junge Witwe durchaus – eine so schöne Gesellschafterin konnte man schwerlich als unangenehm empfinden. Sein Unbehagen war zum Teil seiner lästigen Menschenscheu geschuldet, die ihn seit den traumatischen Zweikämpfen mit Bochim und Gaal plagte. Im Gegensatz zu ihm suchte Ischáh die Nähe anderer. Sie schöpfte daraus den Trost, den sie nach dem Tod ihres Mannes so dringend brauchte. Immer, wenn Taramis ein Stück von ihr wegrückte, war sie gleich darauf wieder dicht neben ihm. Musste er sich ihretwegen Sorgen machen?
    Sie ließ einen Laut der Verzückung vernehmen, wohl nicht, weil sie gerade seine Hand berührt hatte, sondern wegen des atemberaubenden Naturschauspiels der Großen Konjunktion. Kurz bevor sich die Himmlische Kette vor die Sonne schob, erschien sie wie ein strahlendes Band. Nur in der Mitte war es von einem schwarzen Fleck unterbrochen.
    Dagonis gibt dir Gleichgewicht. Taramis musste einmal mehr an das Gedicht über den Speer Jeschuruns denken. Er deutete auf die lichtlose Wolke. Um sich nicht den Anschein eines romantischen Plauderers zu geben, erklärte er in unterkühltem Ton: »Das ist das dunkle Zentrum der Welt. Irgendwo dort ruht die Schlafende Insel, die Heimat der Feuermenschen.« Schnell zog er seine Hand zurück, um der Kontaktfreude Ischáhs keine Angriffsfläche zu bieten.
    »Schlafende Insel?«, murmelte sie. »Den Namen habe ich noch nie gehört.«
    »Eli hat ihn mir gegenüber einmal erwähnt. Ich nehme an, er bezieht sich auf ihre Ruhelage. Im Gegensatz zu den anderen Schollen bewegt sie sich nicht von der

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