Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung
sah, der unter den Füßen der dagonisischen Soldaten aufgewirbelt wurde, konnte er sich an zwei Fingern abzählen, was geschehen war: Entweder hatte die Phalanx seines Bruders dem Ansturm nicht standhalten können, oder der linke Flügel von Marnas war eingebrochen.
Taramis hatte dem jungen Tempelwächter befohlen, erst einzugreifen, wenn den Phalangen die Gefahr einer Umschließung drohte. Er hatte nicht erwähnt, was bei einem Angriff auf das Lager zu unternehmen war. Dort warteten nur einige Wachen sowie die Perlboote, Ellipsoide und übrigen Schwaller, die nicht unmittelbar am Kampfgeschehen beteiligt waren.
Adomai, hörst du mich? , rief er in Gedanken nach dem Priestergehilfen, der eigentlich in der Nähe des Heerführers sein sollte. Nur Geistboten, die sich kannten, vermochten sich untereinander über große Entfernungen auszutauschen. Deswegen hatte Taramis ihnen vor der Schlacht regelmäßige Übungen verordnet.
Klar und deutlich. Was gibt es, Toi?, antwortete der Gerufene. Mittlerweile konnten sie einander sogar an ihrer inneren Stimme erkennen.
Die Dagonisier trennen unseren linken Flügel ab. Ein Stoßtrupp marschiert auf unser Lager zu. Was soll ich tun?
Taramis ist Marnas zu Hilfe geeilt. Rufe Lauris. Er kann mit ihm sprechen.
Toi befolgte den Rat und wiederholte seine Meldung. Kurz darauf übermittelte Lauris ihm den Befehl des Heerführers.
Schneide den Dagonisiern den Weg ab. Falls nötig jage ihnen nach. Wenn wir die großen Schwaller verlieren, sitzen wir hier fest. Ich möchte nicht erst in sieben Jahren nach Jâr’en zurückkehren.
Usa und Peridas hatten gemeinsam das dagonisische Zentrum zerschlagen. Von Adomai wussten sie, dass Taramis am linken Flügel noch einmal das Eisen aus dem Feuer gerissen hatte – nach schweren Verlusten in Marnas’ Verband. Nun sahen sie sich einer neuen Bedrohung gegenüber, und diese schien gefährlicher und mörderischer als alles, was sie bis dahin durchgestanden hatten: Plötzlich ergoss sich ein Pfeilhagel über sie.
Rasch formierte Usa seine Fußtruppen neu. Mit ihren großen Rundschilden waren sie vor den Geschossen noch am besten geschützt. Peridas zog sich hinter der Phalanx an die rechte Flanke zurück, in der Hoffnung, dass Taramis mit seinen Reitern und den Überresten des Verbandes von Marnas zur Schlachtreihe aufschließen konnte. Adomai schickte ihm eine Botschaft, um die dramatische Zuspitzung zu melden.
Taramis reagierte sofort. Der Angriff an seinem linken Flügel war mit dem Tod des Khans und seines fähigsten Anführers Sagur endgültig zusammengebrochen. Die verbliebenen Kesalonier hatten die Flucht ergriffen. Seine Mamoghreiter bildeten die Vorhut. Die restliche Reiterei und die Fußtruppen folgten nach und schlossen wieder die von den Dagonisiern aufgerissene Lücke. So wurden deren durchgebrochenen Einheiten vom übrigen Heer abgeschnitten. Er hoffte nur, dass der junge Toi tatsächlich ein so talentierter Anführer war, wie es sein Bruder Usa behauptet hatte.
Als Taramis mit seinen Mamoghs im Zentrum eintraf, drohte ihn der Mut zu verlassen. Seine ausgelaugten Männer sahen sich einem gewaltigen, ausgeruhten Kampfverband gegenüber. Auch er selbst fühlte sich wie gerädert – sogar das Drachenfeuer war keine unerschöpfliche Kraftquelle.
»Pass auf!«, rief Kaya hinter ihm.
Taramis war, von der Müdigkeit wie betäubt, einen Augenblick aus dem Schutz der Zähen Zeit herausgeglitten und hatte den Geflügelten dadurch zu spät bemerkt. Er stürzte wie ein Falke mit angelegten Schwingen auf Arik herab. Anstatt der Krallen hatte der Antisch dem Mamoghreiter sein Hiebschwert entgegengestreckt und schrie: »König Gaal schickt dir einen Gruß: Stirb, du Lurch! «
Blitzschnell riss Taramis seinen Feuerstab nach oben.
Der Attentäter öffnete leicht seine Schwingen, verlagerte den Schwerpunkt und zischte an Ez vorbei. Kaya beugte sich im Sattel zur Seite und schleuderte dem Geflügelten einen Hagel von Eiskristallen nach, der ihn noch in der Luft tötete.
Taramis atmete auf. »Warum hat es nicht geblitzt?«
»Wahrscheinlich haben wir keine Blitzfänger mehr übrig …« Kaya verstummte, weil Arik einen klagenden Laut ausstieß und jäh nach unten sackte. Zugleich drang ein Hilferuf aus seiner Seele in Taramis’ Bewusstsein. Er beugte sich nach rechts und sah eine klaffende Wunde nahe dem Schultergelenk der Echse.
»Halt dich fest!«, rief er der Zioranerin zu und verstärkte rasch das geistige Band, mit dem er das Mamogh
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