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Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Titel: Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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auf Distanz zu dem unerbittlichen Gegner.
    Plötzlich gab der Boden unter seinem rechten Fuß nach. Mit rudernden Armen kämpfte er um sein Gleichgewicht, den Blick auf den finsteren Schlund gerichtet. Rasch verlagerte er seinen Schwerpunkt und gewann so wieder die Kontrolle zurück. Wütend funkelte er sein Gegenüber an.
    »Du hast dazugelernt, Taramis.«
    Der lächelte grimmig. »Mein Feind hat mir keine andere Wahl gelassen.«
    »Und Lurkon hat dir den letzten Schliff gegeben.«
    »Er tut es immer noch. Siehst du nicht, dass er dir gegenübersteht?«
    Gaal schauderte. Er musste sich eingestehen, dass er Taramis mit den Mitteln des Kriegers nicht mehr gewachsen war. Diesen Tanz auf dem Vulkan mit ihm fortzusetzen wäre ebenso selbstmörderisch wie der Versuch, dem Spiegler das Herz zu zerquetschen. »Hast du dir schon überlegt, wie das hier enden soll?«
    »Ja. Ich töte dich.«
    »Indem du mich ich den Schlund stößt?«
    »Kein übler Vorschlag.«
    »Du bist ein Anbeter Gaos. Schlägt dir nicht das Gewissen, wenn du Dagon ein Opfer darbringst?«
    »Das sehe ich anders«, antwortete Taramis lauernd.
    Gaal konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Der Same war gesät. Nun musste er ihn nur noch wässern. Er sammelte seinen Willen, während er weitersprach. »Ich habe den Herrn der unendlichen Tiefen längst aus seinem Schlaf geweckt. Die dunkle Wolke, die du hinter mir aufsteigen siehst und die dir in letzter Zeit gewiss viel Kopfzerbrechen bereitet hat, ist der beste Beweis dafür.«
    »Worauf willst du hinaus, Gaal?«
    »Ich habe meinem Gott zwei besondere Gaben dargebracht, um ihn neu zu beleben: Erstens schenkte ich ihm geläuterte Angst, die ich in Peor gesammelt habe, und zweitens gab ich ihm Malakh.«
    »Was soll das sein?«
    »Malakh war mein eigener Sohn, so wie Ari der deine ist.« Zu seiner Zufriedenheit beobachtete Gaal, wie Taramis schauderte.
    »Warum sollte das Eingeständnis deiner Gefühllosigkeit mich davon abhalten, dich in den Vulkan zu werfen?«
    »Das erwähnte ich bereits: Weil du dadurch einem fremden Gott Verehrung darbringst. Ihm sogar Leben gibst. Gerade sagtest du, dein Stammhalter sei die zweite Wahl und hast dich mir statt seiner angeboten. Was bin dann wohl ich , wenn mein Sohn das letzte Opfer gewesen ist? Ich habe es mir zwar anders vorgestellt, doch am Ergebnis ändert sich nichts. Dagon wird sich in jedem Fall aus dem Tartaros erheben.«
    »Tritt von dem Abgrund zurück«, knurrte Taramis.
    Gaal triumphierte innerlich. Jetzt hab ich dich! Möglicherweise war die Behauptung nicht einmal gelogen. Es fehlte wirklich nicht viel, den Herrn der unergründlichen Tiefen zu erwecken. Wie auch immer, er musste den Moment der Schwäche nutzen.
    Jäh warf er sein Netz der Trägheit über Taramis aus. Der Äther um ihn herum flimmerte von den gewaltigen Kräften, die das Spiel mit der Zeit erforderte. Gaal keuchte vor Anstrengung und setzte mit dem Dreizack zum Wurf an.
    Sein Gegenüber riss die Augen auf und biss die Zähne zusammen. Unerwartet schnell und überraschend heftig schoss zwischen den beiden eine Wand aus zuckenden Blitzen gen Himmel. Taramis verschwamm dahinter als geisterhafter Schemen.
    In diesem Augenblick bemerkte der König rechts von sich, nur wenige Schritte hangabwärts, eine Bewegung. Er schrie vor wilder Verzückung. Das konnte nur ein Zeichen Dagons sein …
    Nein, es war Ari. Und der verfluchte kleine Lurch hielt den Reif der Erkenntnis in der Hand. Wahrscheinlich hatte er sein Versteck verlassen, um dem bedrängten Vater zu helfen. Anstatt auf Taramis zu zielen, visierte Gaal nun den Jungen an und brüllte: »Ich opfere einfach euch beide!«
    Taramis schrie, was in seinen Ohren seltsam tief und gedehnt klang. Er hatte sich nie so ohnmächtig gefühlt wie in diesem sich scheinbar endlos dehnenden Augenblick. Dabei würde die lähmende Blase seines Gegners, die ihn wie zähes Harz zur Langsamkeit verdammte, gleich zerreißen. Allein die Gewissheit, dass er Ari damit nicht mehr retten konnte, brachte ihn fast um den Verstand. In diesem Moment höchster Verzweiflung tauchte plötzlich über ihm ein Schatten auf.
    Allon war zurückgekehrt. In seiner irisierenden Luftblase bot der geflügelte Rappe ein seltsam unwirkliches Bild. Auf seinem Rücken saß eine Gestalt in einem hellen, weiten Gewand. Mund und Nase hatte sie mit einem Tuch bedeckt.
    Es war Siath.
    Sie lenkte das Ippo direkt auf den König von Dagonis zu, als solle das Tier ihn in den Abgrund stoßen. Er

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