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Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Titel: Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Andere dagegen kämen in den Genuss der Großherzigkeit, die Gao von seinen Anbetern forderte. Sie würden überraschend schnell erwachsen werden und schon in wenigen Jahren ihre Zieheltern töten. Für die Kinder des Lichts nahm das Verhängnis unaufhaltsam seinen Lauf.
    Während Gaal im Archiv des Stadthauses nach allem suchte, was für seinen Feldzug gegen die Jünger Gaos verwertbar sein mochte, machte ihm Takkath im Zweistundenabstand Meldung. Die Nachrichten von den Suchtrupps waren vielversprechend.
    Überall auf der Insel fand man die geflügelten Bastarde. Manche bissen sich gerade aus den verpuppten Körpern ihrer Wirte heraus. Sie schlüpften aus wilden Tieren ebenso wie aus Schafen, Eseln und Hunden, die während der kopflosen Flucht der Bewohner von Ramoth zurückgelassen worden waren.
    Als der Abend dämmerte, saß Gaal immer noch über den Urkunden, Berichten und Büchern der Stadträte. Augenscheinlich hatten sie eine Unmenge von Dokumenten mitgenommen. Doch Eile ist ein schlechter Gefährte für die Achtsamkeit. Vielleicht hatten sie ja etwas übersehen.
    Abermals klopfte es an der Tür, und Takkath betrat das Archiv, einen großen, rechteckigen Raum voller Regale.
    »Die Sonne geht unter, mein König, und ich habe befohlen, die Suche bis morgen zu unterbrechen.« Solange sie unbeobachtet waren, gebrauchte der Adjutant grundsätzlich die standesgemäßen Umgangsformen.
    »Was haben die Erntehelfer eingebracht?«
    »Nicht weniger als sechzig Kinder, Majestät. Wenn die letzten zwei Trupps Meldung gemacht haben, kann ich Euch die endgültigen Zahlen mitteilen.«
    »Danke, Takkath. Ich werde mich derweil dieser überaus langweiligen Lektüre widmen.«
    »Ihr sucht immer noch den Schlüssel, der Euch die Tore der Heiligen Insel öffnet?«
    Der König blickte auf die Dokumente und nickte. »Vielleicht finde ich ja bis zum Schlafengehen die Nadel im Heuhaufen.«
    Der Adjutant, der im Rang eines Generals stand, grinste. »Wie gut, dass Ihr diese Aufgabe nicht Eurem Doppelgänger aufgebürdet habt.«
    »Ja, ja. Schon gut.« Gaal wedelte ungeduldig mit der Hand.
    Takkath verneigte sich und verließ den Raum.
    Der König ließ sich vorsichtig in den Lehnstuhl zurücksinken. Das Möbel protestierte knarzend. Es war nicht für fast dreihundert Pfund schwere Antische gebaut worden, die vom Scheitel bis zur Sohle zehn Fuß maßen. Einen Moment schloss er das Auge. Er war mit dem Ergebnis des Tagewerks sehr zufrieden. Fünf Dutzend Kinder und bisher hatte man nur die Randgebiete der dicht bewaldeten Insel durchkämmt – das war mehr als vielversprechend.
    Schon seit Jahren züchtete Gaal eine ganz besondere Armee. Im Gegensatz zu ihm war diese neue Generation von Antischkriegern nicht von der regelmäßigen Einnahme des Odempulvers Neschamah abhängig, um in der Luftsphäre einer Scholle atmen zu können. Neben den Geflügelten waren ihm bei seinen Plänen auch die gebärfähigen Frauen von Komana äußerst nützlich gewesen. Unter dem Deckmantel des Feuerkults hatte er Hunderte von ihnen in seine verborgenen Zuchtlager gebracht. Viele waren schon zuvor von seinen auserlesenen Männern geschwängert worden – allesamt Seelenfresser, die sich als gewöhnliche Menschen getarnt hatten.
    Trotz allem wären vielleicht noch Jahrzehnte vergangen, bis er eine zahlenmäßig überlegene Armee auf die Beine gestellt hätte. Die Abschaffung der Feueropfer in Komana war für ihn insofern Glück im Unglück gewesen. Mit dem Zwang im Nacken, das Unmögliche doch möglich zu machen, hatte er das Geheimnis von Dagons jahrtausendealtem Schlaf enträtselt. Und nun fiel der Same der Dunkelheit überall in der Zentralregion auf fruchtbaren Boden. Schon bald würde Dagonis über ein unbesiegbares Heer verfügen.
    Gaal versenkte sich wieder in seine Lektüre. Nach einer Weile las er in einem fast vierzehn Jahre alten Brief, den ein ganesischer Pilger namens Purgor an einen befreundeten Stadtrat geschrieben hatte, etwas von Jâr’ens finsterer Schwester . So nenne man die Wüsteninsel Xoth, die im Sieben-Jahres-Rhythmus nur wenige Meilen entfernt an der Heiligen Insel vorbeiziehe, beschrieb der fromme Mann, was er offenbar mit eigenen Augen gesehen hatte. Mitten am Tag könne es dann auf Jâr’en stockdunkel werden. Schon die übernächste Passage von Xoth werde, so die einhellige Meinung der Himmelsbeobachter, wieder eine derartige Verfinsterung bringen, und zwar genau zur Mittagszeit …
    Gaal stockte. Er hatte nie zuvor von

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