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Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Titel: Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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zwischen den Eisfiguren suchen. Und jetzt fangen wir noch mal von vorne an: Wo finden wir deinen Herrn?«
    »Ybia hat sich in seine Privatgemächer zurückgezogen«, erwiderte der Geblendete mit schriller Stimme.
    »Geht es vielleicht auch etwas genauer?«
    »Folgt dem Gang und biegt bei der ersten Gabelung nach rechts ab, dann kommt Ihr direkt dorthin. Aber sagt nicht, dass Ihr es von mir erfahren habt.«
    »Ich kenne nicht einmal deinen Namen. Und ein ohnmächtiger Leibwächter, der blind ist wie ein Nacktmull, kann sowieso nicht viel verraten.«
    »Wieso ohnmächtig?«
    Jagur schlug den Zioraner nieder. »Deshalb.«
    »Du hast eine seltsame Art, dir Freunde zu machen«, sagte Taramis.
    »Auf diese Weise wird nicht gleich der ganze Palast von unserem Besuch erfahren. Lass uns zum Tyrannen gehen, ehe er sich zur Nachtruhe begibt.«
    Sie schlossen die Tür und schleiften die Bewusstlosen in ein Nebenzimmer. So zerbrechlich die großen Zioraner wirkten, so leicht waren sie auch. Nachdem Taramis und Jagur sie gefesselt und geknebelt hatten, setzten sie ihren Weg fort.
    Hinter der beschriebenen Gabelung wurde der Korridor breiter. Die Gefährten folgten einem sanft geschwungenen Bogen. Nach ungefähr fünfzig Schritten endete er vor einer großformatigen Holztür mit zwei Flügeln, vor der ein weiteres Leibwächterpaar postiert war. Sobald sie ins Blickfeld der Soldaten kamen, eilten diese ihnen mit gezogenen Schwertern und gesenkten Lanzen entgegen.
    »Wir sind Botschafter der Heiligen Insel«, rief Taramis beschwichtigend. In weiser Voraussicht lief er schneller, um die Distanz zu den Posten zu verkürzen.
    »Wer seid Ihr? Was wollt Ihr? Wie seid Ihr hier hereingekommen?«, antworteten sie im Chor.
    Jagur seufzte. »Hört das niemals auf?«
    Im nächsten Augenblick wurden die Blicke der Gardisten gläsern, sie verharrten irritiert auf der Stelle. Als der erste gerade zu schreien anfing, schlug Taramis ihn mit dem verhüllten Feuerstab nieder. Der Kirrie kümmerte sich um den zweiten Posten.
    »Hoffentlich war’s das dann jetzt«, stöhnte er. »Die Sache strengt mich allmählich an.«
    »Warten wir ab, was uns hinter der Tür erwartet«, flüsterte Taramis. Mit wenigen Schritten hatte er das Ende des Korridors erreicht.
    »Halt mal!«, raunte Jagur. »Was ist, wenn Ybia sich genauso aufführt wie seine Beschützer?«
    »Sollte stimmen, was ich vermute, dann wird er das nicht wagen.«
    »Du meinst, weil du Taramis bist, der einstige Hüter von Jâr’en, der strahlende Held ungezählter Lieder, der unbezwingbare …?«
    »Unsinn. Wir machen es wie Gaal. Nur dass wir den Spieß umdrehen.«
    »Muss ich das verstehen?«
    »Nein. Schau einfach zu und halt deinen Mund.«
    Das laute Pochen ließ Ybia zusammenfahren. Vor Schreck stieß er die Schüssel mit den leeren Pistazienschalen vom Tisch. Die Samenhüllen stoben quer über den spiegelnden Fußboden. Er schlich zur Tür und lauschte. Schon zuvor hatte er ein seltsames Geräusch gehört. »Ja?«, rief er misstrauisch.
    »Ich bin es«, antwortete eine kehlige Stimme von der anderen Seite.
    Der Tyrann erschrak. So sprachen nur Dagonisier. Konnte das wirklich sein? »Wer seid Ihr?«
    »Mir steht nicht der Sinn nach Spielchen. Ihr wisst genau, wer ich bin. Ich komme, um Euch zu warnen.«
    »Zu warnen? Wovor?«
    »Wollt Ihr mich in der Tat vor der Tür stehen lassen wie einen ungebetenen Scherenschleifer?«
    Die Stimme klang verärgert. Ybia wusste, dass er nie eine eigene Dynastie würde gründen können, wenn er diesen Verbündeten gegen sich aufbrachte. Zaghaft drehte er den Schlüssel im Schloss herum und öffnete die Tür.
    Vor ihm ragte tatsächlich Gaal auf, wie er leibte und lebte. Dahinter stand ein Zwerg mit einer monströsen Streitaxt. Wie hatte er die Waffe an den Wachen vorbeigeschmuggelt? War das Dovs Sohn? Ybia erinnerte sich, von einem Bündnis zwischen den beiden Königen gehört zu haben. Rasch zog er die Tür auf. »Ich hatte ja keine Ahnung, Euch so bald wiederzusehen, Hoheit. Bitte fühlt Euch wie zu Hause.« Er wies mit einer langfingrigen Hand in sein privates Reich, das einer mit Tüll und Seide ausstaffierten Tropfsteinhöhle glich.
    Die Besucher traten ein. Trotz der enormen Größe des Antischs waren seine Schritte auf dem blank polierten schwarzen Steinfußboden kaum zu hören.
    »Nett«, sagte der kleine Begleiter des Königs. Es war nicht zu erkennen, ob er die Innenausstattung oder die verstreuten Schalen meinte.
    »Ein dummes Missgeschick,

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