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Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Titel: Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Irgendetwas ging da nicht mit rechten Dingen zu. Aus den Augenwinkeln suchte Ybia nach seinem Schwert, das irgendwo hinter den Tüchern an der Wand hing.
    »Jetzt habt Ihr mich neugierig gemacht«, insistierte der Zwerg unverdrossen. »An welchem gottverlassenen Flecken bringt man so viele Flügelmenschen unter, ohne dass es einem auffällt? Ist es eine Insel in …?«
    »Lass es gut sein. Wir sind aufgeflogen«, unterbrach Gaal seinen Begleiter. Mit einem Mal klang er ganz anders.
    Sofort fiel die ungezwungene Geschwätzigkeit von dem bärtigen Wicht ab. Wortlos zog er seine Streitaxt aus dem Gürtel.
    Ybia drehte sich um und rannte auf seine kristallene Klinge zu. Auf dem Weg zu dem Versteck sandte er seinen Willen aus, um seine eisigen Wächter herbeizurufen, und schrie mit gellender Stimme: »Wacheeee!«
    Plötzlich traf ihn etwas im Nacken, und er hatte das beunruhigende Gefühl, sein Haupt löse sich von den Schultern. Das Zimmer wirbelte um ihn herum, und er erhaschte einen Blick auf sein kopfloses Ich.
    Im Bruchteil eines Wimpernschlags gelangte Ybia zu einigen fundamentalen Einsichten: Er hätte seinem Volk ein gnädigerer Tyrann sein sollen; Gaal war gar nicht Gaal – was für eine gemeine Täuschung! –; schade, dass er nie seine Eltern kennengelernt hatte; Pistazien waren nicht immer ein Genuss; und der Traum von der zioranischen Dynastie würde gleich auf dem Steinfußboden zerplatzen …
    So kam es dann auch.
    Während Taramis in Gedanken seinen geflügelten Rappen herbeirief, hob Jagur seine Streitaxt auf und wischte sie am Umhang des enthaupteten Tyrannen ab. Ein paar Schritte weiter lag Ybias Kopf und sah den Kirrie vorwurfsvoll an.
    »Bist du sicher, dass er tot ist? Siath hat so komische Sachen über die Zähigkeit der Zioraner erzählt.«
    »Falls nicht, dann wird er es bald sein.« Taramis deutete auf eine massive, eiförmige Holztür. »Ich vermute mal, da geht es in den Garten hinaus.«
    »Schade«, brummte Jagur. »Hier drin ist’s so schön warm.«
    Die Tür war verschlossen. Taramis hielt seinen Freund davon ab, die Axt als Nachschlüssel zu benutzen. Er konzentrierte sich kurz, ballte seinen Willen und sprengte die Tür samt Rahmen aus dem Mauerwerk.
    Sie liefen ins Freie, wo der Sturm mit unverminderter Heftigkeit tobte. An der Fassade hingen Lampen, wie man sie auch auf den Schiffen großer Flüsse und Seen benutzte. Das Schneegestöber verschlang ihr Licht schon nach wenigen Schritten.
    »Ich hoffe, du entschuldigst meine Eigenmächtigkeit«, brüllte Jagur gegen das Heulen des Windes an.
    »War ziemlich gerissen, wie du den Ahnungslosen gespielt und Ybia seine Geheimnisse entlockt hast.«
    Allon tauchte aus der Dunkelheit auf. Als er seinen Herrn entdeckte, gab er ein seltsames Jaulen von sich. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm.
    »Ich meinte eigentlich die Sache mit seinem Kopf«, erklärte Jagur. »Jetzt kann er uns nicht mehr verraten, wo die zioranischen Sklaven versteckt sind.«
    »Das hätte er ohnehin nicht getan, nachdem wir aufgeflogen sind. Ybia war ein ruchloser Tyrann. Er hat das eigene Volk in die Sklaverei geschickt und dabei mitgeholfen, die Saat der Finsternis zu erschaffen. Seinetwegen werden Hunderte oder sogar Tausende von Unschuldigen ihr Leben verlieren. Am schlimmsten ist, dass er Gao und die Kinder des Lichts verraten hat. Wenn so einer nicht den Tod verdient, wer dann?« Taramis deutete auf das Ippo. »Nach dir.«
    Jagur zog sich mit seinen kräftigen Armen auf den Rücken des Tieres. »Da bin ich aber froh. Meinst du, wir können den Vormarsch der Wolke aufhalten, indem wir die zioranischen Zuchtsklaven befreien?«
    »Versuchen sollten wir es. Zuerst müssen wir sie allerdings finden.« Taramis tätschelte den Hals des nervösen Rappen. »Was beunruhigt dich, mein Freund?«
    Allon knurrte wie ein gereizter Wachhund.
    »Steck die Axt noch nicht weg«, sagte Taramis, schwang sich hinter dem Kirrie in den Sattel und zückte sein Schwert.
    »Hast du etwas gesehen?«
    Er deutete mit dem Feuerstab in das von den Sturmlampen erhellte Schneegestöber. »Sieht ganz so aus, als hätte uns der Tyrann eine Eskorte geschickt, die uns ins Haus der Toten begleiten soll.«
    Das Flockengewirbel schien sich an verschiedenen Stellen zu verdichten. Bald wurden ringsum Gestalten sichtbar, die sich bewegten wie Geschöpfe aus Fleisch und Blut, obwohl sie augenscheinlich nur aus Eis bestanden.
    »Ist das Ybias Skulpturengarten oder eine fahrende Gauklertruppe?«, knurrte

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