Die Zeugin
mich fest«, flüsterte sie. »Ganz fest.«
Nur zu gern erfüllte er ihre Bitte. Seit Wochen hatte er davon geträumt, jene Schätze berühren zu dürfen, die sich seinen Augen boten.
Erfüllt und halb schläfrig murmelte sie: »Ich weià gar nicht, wieso ich überhaupt keine Scheu vor dir habe.«
»Das wäre auch eigenartig. SchlieÃlich bin ich dein Ehemann.«
Sie hatte ihm nicht mehr geantwortet, denn schon war sie eingeschlafen. Nun fragte er sich, ob sie ihre Gedanken unbewuÃt laut ausgesprochen hatte. Sie hatte ihre Sinnlichkeit völlig hemmungslos mit einem Mann ausgelebt, mit dem sie nie zuvor im Bett gewesen war, und hatte wissen wollen, wieso.
John hätte das selbst gern gewuÃt.
Aber er konnte es sich nicht erlauben, seinen persönlichen Gedanken nachzuhängen. Er muÃte darüber nachdenken, was sich aus der unerhörten Tatsache ergab, daà er mit einer Hauptzeugin intim war, die man ihm anvertraut hatte. Mit einer traumatischen Amnesie war das nicht zu entschuldigen. Er hatte es
gewuÃt. Verdammt, er hatte die ganze Zeit über gewuÃt, daà sie ihn anlog.
Aber trotzdem hatte er mit ihr geschlafen. Und es war noch dazu ganz phantastisch gewesen, so elektrisierend, daà dadurch sein Gedächtnis wieder angesprungen war. Er wuÃte wieder, daà er im Auftrag des FBI arbeitete. Von FBI-Agenten wurde erwartet, daà sie nicht mit den Frauen schliefen, auf die sie aufpassen sollten. Vom Präsidenten persönlich abwärts sah das keiner gern.
Was sollte er jetzt tun?
Weder in seiner Ausbildung als Psychologe noch in der als FBI-Agent oder US-Marshal war er auf eine derartige Situation vorbereitet worden. Er konnte nicht beweisen, wer er war, denn er hatte keine Marke und keinen Ausweis mehr. Und wem sollte er das auch beweisen? Er wuÃte nicht mal genau, wo sie sich befanden.
Noch dazu hatte er ein gebrochenes Bein. Wie weit würde er auf zwei Krücken wohl kommen? Sie paÃte auf wie ein Luchs, daà ihm die Autoschlüssel nicht in die Hände fielen. Falls er es doch schaffen sollte, sich aus dem Haus zu schleichen und das Auto in Gang zu setzen, wäre sie bestimmt nicht mehr da, wenn er zurückkehrte. Sie hatte jedenfalls allen Grund, wieder unterzutauchen, und es mangelte ihr nicht an Ideen. Sie würde einen Weg finden, wie sie und Kevin vom Erdboden verschwinden konnten.
Wo war eigentlich seine Pistole, verdammt noch mal? Sie hatte erklärt, diesmal würde er sie nicht mehr finden, und bis jetzt hatte sie recht behalten. Er hatte das ganze Haus vergebens auf den Kopf gestellt, sobald er allein gewesen war.
Sie brüstete sich stets, nichts dem Zufall zu überlassen und ständig zwei Schritte im voraus zu planen. Bis jetzt hatte sie aufgrund seiner Amnesie leichtes Spiel gehabt. Na gut, dachte er
bei sich, vielleicht war Marshal John McGrath während der vergangenen Wochen weder körperlich noch geistig zu gebrauchen gewesen, aber von diesem Augenblick an war er wieder im Dienst.
Er stieg aus dem Bett und hüpfte zur Kommode, um sich einen frischen Slip zu holen. Sie hatte seine Wäsche säuberlich zusammengefaltet in die Schublade gelegt, direkt neben die Socken. Ganz die liebende Ehefrau, spöttelte er lautlos und knallte die Schublade zu.
Das Geräusch hallte wie ein Kanonenschlag durch das stille Haus. Er schnitt eine Grimasse, hielt lauschend inne und stellte erleichtert fest, daà die Dusche immer noch an war. Ihm blieben einige weitere Minuten, um nach der Waffe zu suchen.
Sie war schlau, zu schlau, um sie wegzuwerfen. Selbst wenn sie nicht beabsichtigte, sie gegen ihn zu verwenden â was durchaus möglich wäre, dachte er illusionslos â, dann würde sie sie dennoch zu ihrem Schutz behalten. Vielleicht hatte die Bruderschaft längst ein paar Mitglieder nach ihr ausgeschickt. Sie würde nicht ohne weiteres auf die Waffe verzichten.
John stöberte ihre Schubladen durch, immer bemüht, die ordentlich angeordneten Höschen und BHs nicht durcheinanderzubringen. Als er in ihrem Schrank nichts fand, kehrte er zum Bett zurück und fuhr mit der Hand zwischen Matratze und Lattenrost, obwohl er kaum erwartete, dort fündig zu werden, da zuerst er dieses reichlich phantasielose Versteck genutzt hatte.
Er suchte das Regalfach oben im Schrank ab, krabbelte über den Boden und tastete nach losen Dielen, unter denen man etwas verbergen konnte.
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