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Die Zitadelle des Autarchen

Die Zitadelle des Autarchen

Titel: Die Zitadelle des Autarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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käme mehr raus. Ihr solltet sehen, daß schon viele vor Euch gewesen sind. Daß Abertausende gelebt haben und gestorben sind, bevor man je an Euch gedacht hat, manche besser als Ihr. Ich meine, wie Ihr damals gewesen seid, Autarch. Man möchte meinen, wer hier in der alten Zitadelle aufwächst, müßte das alles von Kindheit an wissen, aber das ist nicht so. Was man dauernd vor der Nase hat, sieht man nicht. Aber wer zu Meister Ultan hinabsteigt, dem leuchtet es ein, wenn er nicht ganz dumm ist.«
    »Du bist der Advokat der Toten.«
    Der Greis nickte. »Ja. Man redet davon, zu diesem und jenem gut zu sein, aber daß man gebe, was jemandem zusteht, davon hört man nichts. Wir nehmen alles, was sie hatten, was nicht verkehrt ist, denk’ ich. Und pfeifen meist auf ihre Ansichten, was, denk’ ich, auch nicht verkehrt ist. Aber wir sollten uns hin und wieder darauf besinnen, wieviel von dem, was wir haben, wir von ihnen haben. Ich schätze, wenn ich schon hier bin, sollte ich einmal für sie ein Wort einlegen. Und nun leg’ ich, wenn’s Euch recht ist, Autarch, den Brief einfach auf diesen komischen Tisch.«
    »Rudesind …«
    »Ja, Autarch?«
    »Reinigst du deine Bilder?«
    Er nickte wiederum. »Ein Grund, warum ich so in Eile bin, Autarch. Ich war im Haus Absolut, als mein Herr …« (hier brach er ab und schluckte anscheinend wie jemand, der meint, vielleicht zuviel gesagt zu haben) »… in den Norden aufbrach. Hab’ einen Fechin zu reinigen und bin schon hintendran damit.«
    »Rudesind, wir kennen bereits die Antwort auf die Fragen, die jetzt, wie du fürchtest, gleich kommen werden. Wir wissen, dein Herr ist, was man im Volk einen Cacogentilen nennt, und zwar einer der wenigen, die sich, aus was für Gründen auch immer, entschlossen haben, ihr Schicksal ganz mit dem der Menschheit zu verbinden und als Mensch auf der Urth zu bleiben. Die Sibylle ist auch so eine, obschon dir das vielleicht neu ist. Wir wissen sogar, daß dein Herr bei uns im Dschungel des Nordens war und versuchte, bis es zu spät war, meinen Vorgänger zu retten. Wir wollen nur sagen, falls wieder ein Jüngling auf einem Besorgungsgang vorbeikommt unter deiner Leiter, dann schick ihn zu Meister Ultan! Das ist unser Befehl.«
    Nachdem er gegangen war, riß ich das Kuvert auf. Das Blatt darin war nicht groß, aber mit einer winzigen Schrift bedeckt, als wäre eine Schar eiertragender Spinnen in seine Oberfläche gepreßt worden.
     
    Sein Diener Inire grüßt den Bräutigam der Urth, Herrn von Nessus und vom Haus Absolut, Haupt seiner Rasse, Schatz seines Volkes, Boten des Morgengrauens, Helios, Hyperion, Surya, Savitar und Autarchen!
    Ich eile und werde binnen zweier Tage bei Euch sein.
    Es dauerte einen Tag und länger, bis ich erfuhr, was sich ereignet hatte. Meine Informationen kamen zum Großteil von dieser Agia, die bei Eurer Befreiung, so behauptet sie zumindest, behilflich war. Sie berichtete mir auch von einigen früheren Begegnungen mit Euch, denn ich habe, wie Ihr wißt, Mittel, Informationen zu entreißen.
    Wie Ihr von ihr wissen werdet, ist der Beglückte Vodalus durch ihre Hand gefallen. Seine Buhlin, die Chatelaine Thea, versuchte zunächst, die Herrschaft über jene Schergen, die bei seinem Tode um ihn waren, zu erlangen; aber da sie keineswegs geeignet ist, sie zu führen, und noch viel weniger in der Lage wäre, jene im Süden in Schach zu halten, habe ich es eingerichtet, daß diese Agia an ihre Stelle tritt. Aufgrund Eures früheren Gnadenerweises ihrer Person gegenüber hoffe ich doch, daß Ihr dem zustimmen könnt. Gewiß ist es wünschenswert, eine Bewegung, die sich in der Vergangenheit als so nützlich erwiesen hat, beizubehalten, und solange die Spiegel des Rufers Hethor nicht brechen, ist sie der geeignete Anführer.
    Ihr werdet vielleicht das Schiff, das ich meinem Herrn, dem einstigen Autarchen, zur Hilfe gerufen habe, für unzulänglich erachten – wobei ich diese Meinung durchaus teile. Freilich war es das beste, das ich beschaffen konnte, und ich war in schwerer Bedrängnis, es überhaupt zu bekommen. Ich selbst war gezwungen, anderweitig nach Süden zu kommen, und viel langsamer. Vielleicht naht bald der Tag, wo meine Vettern bereit sind, es nicht nur mit der Menschheit, sondern auch mit uns zu halten – aber einstweilen messen sie der Urth noch nicht so viel Bedeutung wie vielen anderen kolonisierten Welten bei und beharren darauf, wir seien den Asciern und in diesem Sinn auch den Xanthodermen und vielen

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