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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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nein, da hilft kein Kopfschütteln und kein Zaudern! Daß unsere Gäste eine Weile auf unsere Gesellschaft warten müssen, hast du alleine zu verantworten. Und morgen nehmen wir die beiden Prinzen zu einer Ausfahrt mit. Und Marie! Oder ist sie noch zu klein für solche Unternehmungen? Müssen wir ihr etwa dieses traumhafte Vergnügen noch ein Weilchen vorenthalten?« Sie lachte laut auf, ließsich hastig auf dem weichen Polster des Schlittens nieder und klopfte herausfordernd auf den Platz neben sich. »So komm doch! Nur eine kleine Runde durch den Schloßpark, ich bitte dich.« Ein beistehender Diener beeilte sich, die Königin mit einem weißen Bärenfell zuzudecken. Wilhelm gab sich geschlagen und stieg ebenfalls ein.
    Gleich darauf setzte sich der Schlitten in Bewegung. Seine scharfen Kufen gruben schmale Ränder in den verkrusteten Schnee, und wie silbergraue Rauchfahnen zeichnete sich der Atem der Pferde gegen die bitterkalte Klarheit der Nacht ab. Das Geläut der vielen hell klingenden Glöckchen klang Katharina bittersüß in den Ohren.
    Â»Da, siehst du, wies Madam mit der Wohltätigkeit hält! Hast du das Kleid gesehen? Pures Silber! Und der Haarschmuck ebenfalls aus Silber!« Sonias Stimme klang von Neid zerfressen. Sie hatte wie die meisten der Bediensteten heimlich und von einem Pfeiler verborgen das Spektakel im Schloßhof beobachtet.
    Â»Sie ist nun einmal Königin«, erwiderte Eleonore geistesabwesend. Von ihr aus hätte Katharina zehn Kutschen und ein Dutzend solcher Schlitten besitzen können. Noch immer klangen die Worte der Königin in ihren Ohren nach, übertönten jedes Glockengeläut. »Den Kreis der Armut durchbrechen« – welch wunderbarer Gedanke!
    Â»Königin – na und! Wenn sie es wirklich so gut mit uns meint, soll sie uns gefälligst ein Stück vom fetten Kuchen abgeben«, hörte sie wieder Sonia neben sich. »Schau uns doch an: Während sie das neue Jahr mit einer Schlittenfahrt und einem Festessen einläutet, müssen wir noch länger in dieser verdammten Küche schuften als sonst!« Laut zog sie den Rotz in ihrer Nase hoch und ließ trotzig ihre Armreifen dazu klappern.
    Â»Dafür bekommen wir doch auch zehn Groschen mehr.Und Lili hat gesagt, für uns wäre heuer ebenfalls ein besonderes Mahl vorgesehen, wenn’s auch recht spät damit werden wird«, versuchte Eleonore ihre Schwester zu besänftigen. Woher kam nur dieser ewige Neid? Warum verspürte Sonia stets diese dunklen Gefühle, die sie innerlich zerfraßen und für die es doch so gar keinen Grund gab? Warum konnte Sonia nicht erkennen, wieviel sie der Königin zu verdanken hatten? »Und außerdem – uns geht’s doch gut! Während das ganze Land hungert, haben wir genug zu essen. Wäre es dir vielleicht lieber, wieder ohne Dach überm Kopf zu sein, nicht zu wissen, was der morgige Tag bringt?« machte sie einen letzten Versuch.
    Â»Nicht zu wissen, was der morgige Tag bringt – mir kommen gleich die Tränen«, höhnte Sonia zurück. »Mir hat es gut gefallen auf der Straße. Damals bestand unser Leben wenigstens noch aus etwas anderem als Gemüse putzen und Töpfe schrubben! Da waren wir noch jemand. Columbina und ihre beiden Töchter – die schnellsten Sackgreiferinnen von ganz Württemberg haben sie uns genannt! Und heute – schau uns doch an: Drecksweiber nennen sie uns hier.« Voller Selbstmitleid blickte sie auf ihre zerkratzten Händen hinab, starrte angeekelt auf ihr dunkelgraues, schmutziges Schürzenkleid.
    Eleonore konnte nicht glauben, was sie da zu hören bekam. Erzählte Sonia vielleicht von irgendwelchen Träumen? Denn die Erinnerungen, die sie an ihr früheres Leben hatte, hatten mit Sonias sehnsüchtigen Erzählungen nichts gemeinsam. Sie hätte Sonia viele Dinge zur Antwort geben können: Daß Columbina, die große Sackgreiferin, gestorben war, weil sie sich nicht einmal die Hilfe eines Baders, geschweige denn eines richtigen Arztes für ihren Husten leisten konnte. Daß die Aufregung, nach der sich Sonia scheinbar so sehr zurücksehnte, in Wirklichkeit pure Angst gewesen war. Angst, geschnappt zu werden. Angst, aus der Stadtgejagt zu werden. Angst, des Nachts von anderen Vaganten ausgeraubt oder vergewaltigt zu werden. Angst vor dem Hunger des nächsten Tages. Und sie hätte

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