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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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der Landschaft immer kleiner werden und die Erinnerung an ihn an Bedeutung verlieren. Doch das Gegenteil war der Fall, wie sie sich schmerzhaft eingestehen mußte. Nachts konnte sie sein störrisches, rotes Haar unter ihren Händen spüren. Im Traum erzählte sie ihm alles, was sie berührte. Sie lachten und sie weinten zusammen, bis sie tränenüberströmt aufwachte. In der Einsamkeit dieser nächtlichen Stunden hatte Eleonore das Gefühl, als wandele sie wie durch dichten Nebel durchs Leben, als nähme sie die Hälfte davon gar nicht wahr. Doch wie sonst hätte sie mit ihrem Schmerz fertig werden sollen?
    Erst vor ein paar Tagen hatte sie Leonards letzten Brief erhalten. Auf dem Stempel war das Datum vom 30. Oktober zu erkennen, was bedeutete, daß der Brief nur knapp sieben Wochen unterwegs gewesen war. Und das auf eine solche Entfernung! Hieße das nicht auch, daß sie ebenfalls in sieben Wochen bei ihm sein könnte? Jetzt, wo Sonia sie nicht mehr so dringend brauchte? Da Leonard nun endlich in der neuen Heimat angekommen war, hatte sie angenommen, daß seine Bitten, sie möge ihm folgen, noch dringlicher werden würden. Statt dessen hatte er magere zehn Zeilen zustande gebracht, wie Eleonore bitter enttäuscht feststellte. Es sei sehr kalt in Carlsthal, das ihm zugewiesene Grundstück samt Hütte sei groß, und der Boden sehe vielversprechend aus, soweit er dies unter der gefrorenen Winterbrache erkennen könne. Das wichtigste sei nun, so schrieb er, die Hütte bewohnbar zu machen. Kein Wort davon, wiesehr er sie vermißte, kein Wort von Heimweh. Auch über seinen Bruder und dessen Familie hatte er keine Zeile verloren. Vielleicht dachte er, daß sie nun an der Reihe war mit dem Briefeschreiben, jetzt, wo sie eine Adresse hatte? Ihr Blick fiel auf die runde Küchenuhr über dem Eingang. Bis zu Sophies Eintreffen hatte sie noch fast eine Stunde Zeit. Eilig kramte sie ein paar Bögen Papier hervor, auf denen sie sich sonst Notizen zu neuen Rezepten machte. Doch dann blieb sie erst einmal ratlos vor dem leeren Blatt sitzen. Welches waren die richtigen Worte, um ihrem Liebsten zu sagen, daß sie jetzt bereit war, ihm zu folgen?

21
    G eliebte Katharina! Ich bin sprachlos!« Ermattet lehnte sich Maria Feodorowna zurück und schloß für einen kurzen Moment die Augen. Amüsiert betrachtete Katharina ihre Mutter. Vor ihnen auf einem kleinen Tisch stand ein Teller mit Butterbrezeln sowie eine Kanne mit dampfender, heißer Schokolade. Beides war noch unberührt, was angesichts von Maria Feodorownas Leidenschaft für das schwäbische Gebäck, »durch das dreimal die Sonne scheint«, ungewöhnlich war.
    Â»Was ist, Maman? Was hat Euch die Sprache verschlagen?« Lächelnd schenkte Katharina die duftende, heiße Schokolade in dünnwandige Tassen.
    Maria Feodorowna öffnete die Augen und erwiderte Katharinas Lachen. »Du bist es, mein Kind! Ich kann nicht fassen, was du in der kurzen Zeit deines Hierseins alles geschaffen hast: dein Wohltätigkeitsverein, die Beschäftigungsanstalten, die erste Mädchenschule Stuttgarts, zu der ich dir übrigens besonders gratuliere, die Landwirtschaftliche Fakultät in Hohenheim …«
    Â»Hier muß ich Euch unterbrechen, geliebte Maman! Die Landwirtschaftliche Akademie war und ist Wilhelms Bemühungen zu verdanken. Er ist derjenige, der Neuerungen auf landwirtschaftlichem Gebiet fördert, wo es nur geht.«
    Â»Bescheidenheit ist eine Zier, die jeder Dame gut ansteht, liebes Kind. Aber war es nicht dein Gedanke, von Beginn anzehn Stipendiaten aufzunehmen und auch Waisenkindern eine Ausbildung in Hohenheim zu ermöglichen? Und wer hat angeregt, wie einst auf der Hohen Carlsschule russische Studenten aufzunehmen? Alexander läßt dir übrigens ausrichten, wie glücklich er darüber ist, daß angehende Gutsverwalter, aber auch die Söhne unseres Landadels, hier eine so vorzügliche Ausbildung genießen dürfen.«
    Katharina lachte. »Und von den gebrochenen Herzen der vielen jungen Württembergerinnen, die von den Russen hier zurückgelassen werden, spricht niemand, nicht wahr?«
    Maria Feodorowna stimmte abermals in das Lachen mit ein. »Manch einer wird wahrscheinlich nicht nur die neuesten Anbaumethoden und einen Schwerzschen Pflug, sondern auch eine schwäbische Ehefrau mit nach Hause nehmen.« Mit Tränen in den

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