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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Augen tätschelte sie Katharinas Hand. »Ich bin so stolz auf dich, liebes Kind! Dein Tun ist wirklich einer Königin würdig! Und dann die Kinder! So reizend und wohlerzogen!«
    Â»Und was haltet Ihr von meiner neuesten Institution?« fragte Katharina erwartungsvoll.
    Â»Du meinst die Kinderbeschäftigungsanstalt am Rande der Stadt?« Umständlich teilte Maria Feodorowna eine Brezel in kleine Stücke. Dann gab sie sich einen sichtbaren Ruck. »Wenn du meine ehrliche Meinung hören willst: Sie ist ein wenig schlicht, oder?« Sie zuckte mit den Schultern. »Mich beschlich ein gewisses Gefühl der Trostlosigkeit. Soll denn das ganze Leben der Kinder so schlicht aussehen?«
    Katharinas Blick verdüsterte sich. »Das ist der Gedanke! Ich frage Euch, geliebte Mutter: Bedarf es bei diesen Kindern des Schmuckes und Zierrats? Sollen sie nicht vielmehr an die Einfachheit gewöhnt und in Demut aufgezogen werden.«
    Sinnend blickte Maria in die Ferne. »Damit magst du recht haben. Trotzdem, ich kann die dünnen Kleidchennicht vergessen, die groben Mützen, die von den kleinen Händen so tapfer gestrickt werden.«
    Katharina schüttelte den Kopf. »So kenne ich Euch gar nicht. Kämen solche Einwände von der Gräfin Branitzky, hätte ich es verstehen können! Aber daß Ihr, geliebte Maman, meine Absichten nicht zu verstehen vermögt? Ich frage Euch: Wäre es denn besser, ich ließe die Kinder Perlen sticken und feinen Damaststoff mit kunstvoller Spitze verzieren, auf daß unsere lieben Freundinnen sich daraus eine Abendrobe mehr schneidern lassen können? Nein, die Kinder sollen lernen, Dinge des täglichen Lebens für sich herzustellen. Wir wollen ihnen die Lust an harter und unermüdlicher Arbeit nicht nehmen, sondern diese fördern!« Sie winkte ab. Ȇbrigens … Ihr ahnt ja nicht, wer mich auf den Gedanken einer solchen Kinderbeschäftigungsanstalt gebracht hat! Aber das ist eine andere Geschichte, die ich Euch vielleicht ein anderes Mal erzähle.«
    Â»Ja, laß uns diese seltenen Minuten der Zweisamkeit nutzen. Später, während der großen Tafelrunden, wird uns kaum Zeit für ein Gespräch unter vier Augen bleiben.« Maria Feodorowna rückte mit ihrem Stuhl näher an Katharina heran. »Schon lange wollte ich dich fragen: Wie hat Wilhelm eigentlich die Neuigkeiten über den Tod seiner armen Mutter aufgenommen?«
    Für einen Augenblick schaute Katharina verwirrt drein. Dann winkte sie ab. »Ich habe bisher nicht mit ihm darüber gesprochen. Ich weiß, was Ihr denkt: Erst konnte es mir nicht schnell genug gehen, mehr darüber zu erfahren, und dann belasse ich es dabei. Aber glaubt es mir: Es war bisher einfach noch nicht der richtige Zeitpunkt dazu. Soll ich etwa zwischen zwei Terminen zu ihm gehen und sagen: Geliebter Wilhelm, ich weiß jetzt, wie deine Mutter ums Leben kam. Dein Vater hatte jedoch keine Schuld daran, also schließe doch bitte endlich Frieden mit ihm?« Sie zuckte mit denSchultern. Ihre hohe Stirn war plötzlich von tiefen Furchen gezeichnet.
    Â»Aber habt ihr denn gar keine Zeit für euch? Ich meine, du müßtest die Zeit ja nicht unbedingt dazu nutzen, um die Toten wieder aufzuwecken! Deine Hoffnung, daß du Wilhelm mit seinem Vater über dessen Tod hinaus versöhnen könntest, habe ich von Anfang an nicht teilen können, aber lassen wir diesen Punkt einmal beiseite …«
    Â»Ich weiß auch nicht, was ich Euch sagen soll. Im Grunde habe ich wirklich keinen Anlaß, mich zu beklagen. Wilhelm unterstützt mich und meine Bemühungen, wo es nur geht. Sitzen wir zusammen über einem Plan, habe ich manchmal das Gefühl, als berührten sich unsere Geister gegenseitig.« Sie lachte. »Das hört sich seltsam an, nicht wahr? Aber es ist so: Ich habe einen Gedanken – und Wilhelm spricht ihn aus. Er findet den ersten Schritt zu einer Lösung – und plötzlich sehe ich den ganzen Weg vor mir. Der mir zuvor wochenlang nicht einfallen wollte!«
    Â»Aber das ist doch wundervoll! Wenn Eheleute sich so verstehen, eine solch fruchtbare Zusammenarbeit erleben wie ihr, ist das nicht ein Zeichen für eine tiefe Liebe und ein großes, gegenseitiges Verständnis?«
    Â»Das sollte man meinen, nicht wahr?« Katharinas Stimme klang blechern. »Wilhelm versteht sich mit sehr vielen Menschen sehr gut –

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