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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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auf der Geistesebene. Doch liebt er deshalb gleich seinen Finanzminister? Oder den Freiherrn von Malchius, sein neuestes Zugpferd im Stall?«
    Â»Die Traurigkeit in deiner Stimme schmerzt mich sehr, liebe Tochter. Trotzdem denke ich, daß sie nicht ganz begründet ist. Wäre sonst die Frucht eurer Liebe in deinem Leib?«
    Â»Das Kind!« Katharina schluckte. »Er will endlich einen Thronfolger – diesen Wunsch haben wir sogar gemeinsam. Trotzdem, Wilhelm verschließt sich mir gegenüber, wasseine Gefühle angeht. Manchmal denke ich sogar, er trägt sie anderswohin.«
    Â»Du meinst, eine Geliebte? Wilhelm, dieses Arbeitstier?«
    Katharina schaute auf. Obwohl Maria Feodorowna bemüht war, den Gedanken als reine Spekulation vom Tisch zu wischen, hatte leiser Zweifel in ihrer Stimme mitgeklungen. Auf einmal schämte sich Katharina: Wie konnte sie ihrer Mutter die ersten Tage ihres Aufenthaltes in der alten Heimat mit derlei schwermütigem Geschwätz versauern! Sie gab sich einen Ruck und versuchte zu lächeln.
    Â»Ich rede dummes Zeug. Bitte verzeiht einer Schwangeren die überschwappenden Emotionalitäten! Ich hoffe doch, daß ich dieses Wehklagen zusammen mit der Morgenübelkeit bald verlieren werde.«
    Â»Das wirst du, liebe Tochter. Schließlich gehörst du nicht zu den Menschen, die ihr Leben mit Jammern verbringen. Und dazu hast du auch keinen Grund.«
    Bemüht, die eigenen Unsicherheiten, das Eheglück ihrer Tochter betreffend, zu überspielen, suchte Maria Feodorowna nun krampfhaft nach einem anderen Gesprächsthema. Den Rest des Nachmittags verbrachten Mutter und Tochter deshalb damit, Neuigkeiten über gemeinsame Bekannte auszutauschen. Erst als sie sich zurückzog, um sich für den Abend umzukleiden, gestattete sich Maria Feodorowna ein sorgenvolles Gesicht. Stimmte es, was man sich an fast allen Höfen Europas hinter vorgehaltener Hand erzählte? Daß Wilhelm keiner Frau treu sein konnte? Auf einmal fielen ihr die Worte des Erzherzogs Johann von Österreich wieder ein, die er noch vor Katharinas Eheschließung geäußert hatte. Wilhelm würde nicht nur um Katharina werben, sondern sich gleichzeitig sehr wohl mit der Fürstin Bagration zu amüsieren wissen, hatte er angedeutet. Maria Feodorowna, die Johanns Reden für dieEifersucht des Verlierers gehalten hatte, hatte ihn damals heftig zurechtgewiesen und alleine stehengelassen. Und noch etwas schlich sich in ihre Erinnerung: der Skandal, der Wilhelms erster Ehe vorausgegangen war. Hatte er nicht damals die junge Bürgerliche, die ihm gar Zwillinge geboren hatte, urplötzlich in Paris sitzenlassen, um die arme Charlotte Auguste zu heiraten? Vielleicht waren Katharinas Vermutungen, ihren Gatten betreffend, gar nicht so weit aus der Luft gegriffen …

22
    D u meine Güte, ist die gnädige Madame heute übellaunig!« Eine Grimasse ziehend kam Sonia aus dem Ankleidezimmer der Melia Feuerwall, wo sie für die Reinlichkeit zuständig war. Ohne Eile stellte sie ihren Wassereimer ab und betrachtete sich ausgiebig in dem raumhohen Spiegel, der vor Melias Zimmer hing und ihr zur letzten Kontrolle vor ihren Auftritten diente.
    Louise, Melias französische Zofe, pflichtete ihr bei. »Das kannst du laut sagen. Erst will sie das dunkelrote Samtkleid, und ich quäle mich mit den tausend Haken in ihrem Rücken ab. Kaum hat sie es an, bekommt sie vor dem Spiegel einen Schreikrampf darüber, wie unkleidsam der ›Fetzen‹ sei. ›Fetzen‹, hörst du?«
    Sonia verdrehte die Augen. »Ich würde dafür sterben, diesen Fetzen auch nur einmal tragen zu dürfen.«
    Louise grinste. »Wahrscheinlich würde er dich wesentlich besser kleiden als Madame. Was frißt sie auch unaufhörlich die süßen Pralines, die ihr Geliebter in solch großen Mengen daläßt?«
    Sonia witterte einen günstigen Augenblick, endlich mehr über den geheimnisvollen Geliebten der Hofschauspielerin zu erfahren. Doch Louise winkte ab. Obwohl sie wie alle anderen Mitglieder der Schauspieltruppe Klatsch und Gerüchte wie die tägliche Luft zum Leben brauchte, konnte sie Sonia in dieser Hinsicht nicht weiterhelfen. »Das Luder istzu raffiniert. Was ihren Amor angeht, läßt sie sich nicht in die Karten schauen. Und ehrlich gesagt …«, fügte sie hinzu, »habe ich auch noch anderes zu tun, als hinter Madame

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