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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Schwäne aus zartem Biskuitteig herzustellen, die es zur Feier des Tages als Dessert geben sollte: Nach dem Backen würde sie die Schwäne mit weißer und dunkler Schokolade umhüllen und auf einem Teich blaugefärbter Marzipanblätter samt Seerosen anrichten. Die Idee dazu hatte Eleonore sich aus einem von Johanns Büchern geholt, wo Schwäne eine Hochzeitsspeisekarte zierten.
    Wer Eleonore inmitten aller Rührschüsseln, Backformen und Süßspeisen beobachtete, wäre nie auf den Gedanken gekommen, daß sie jemals etwas anderes gewesen war als eine Zuckerbäckerin. Wie ein Fisch im Wasser ging sie in ihrer neuen Aufgabe auf. Mit sicheren Griffen meisterte sie jede noch so schwierige Kunstfertigkeit, bei der anderen Zuckerbäckern die Hand zitterte. Wieso sollte ihr das luftige Schokoladen-Baiser mißlingen? Warum fiel es anderen so schwer, Rosenblüten oder Efeuranken aus Marzipan zu formen? Weshalb wurde in den Büchern, die sie las, immer behauptet, neue Rezepte zu erfinden sei eine Kunst? Sobald Eleonore mit einem Rührlöffel in der Hand vor dem Herd stand, war jede Unsicherheit wie weggeblasen. Daß sie allerdings durch Lilis Versagen zur königlichen Zuckerbäckerin aufgestiegen war, war der einzige Wermutstropfen in ihrem sonst so süßen Alltag, den sie sehnlichst zu vergessen suchte. »Wenn sie nicht wegen Giftmischerei ins Gefängnis gemußt hätte, dann war’ sie halt wenige Wochen später hier im Schloß gestorben – also mach dir nichts draus!« lautete Sonias Rat. Doch so viel Kaltschnäuzigkeit konnte Eleonore nicht aufbringen. Als königliche Zuckerbäckerin bekam sie mehr Lohn, als sie je für möglich gehalten hätte. Von dem ließ sie, sooft es ging – und sehr zu Sonias Unmut –, Lilis Familie ein paar Groschen zukommen. Sie wußte eh nicht so recht, was sie mit dem Geld anfangen sollte. Sie hatte alles, was sie zum Leben brauchte. Mit ihrer neuen Stellungwar eine bessere Kammer einhergegangen, die sie sich anfänglich noch mit Sonia geteilt hatte. Seitdem diese aber nicht mehr im Schloß wohnte, hatte sie das kleine Eckzimmer ganz für sich allein. Sich nach einem langen Arbeitstag zurückziehen zu können, ohne dem ewigen Wehklang aus Schnarchen und Schnaufen anderer Menschen lauschen zu müssen, bereitete Eleonore neben ihrer Arbeit die größte Freude. Für neue Kleider brauchte sie ebenfalls kein Geld auszugeben. Benötigte sie eine neue Schürze, weil die alte verschlissen war, mußte sie dies nur sagen, und schon wurde ihr aus der königlichen Wäschekammer eine gebracht. Im Gegensatz zu Sonia, die von oben bis unten mit billigem Schmuck behängt war, konnte sie ihr Herz weder für bunte Perlenketten noch für farbige Lederbänder und anderen Tand erwärmen. Und so füllte sich ihr Sparstrumpf von Monat zu Monat mehr. Bald wurde sie im ganzen Schloß als »gute Partie« betrachtet. Angefangen bei den Hausdienern bis hin zum königlichen Stallmeister und Herrn über sechzig edle Rösser, gab es kaum einen unter den männlichen Angestellten, der nicht zumindest ein Auge auf die gutaussehende und sanftmütige Zuckerbäckerin geworfen hatte. Vielen war erst nach Sonias Fortgehen aufgefallen, wie hübsch deren Schwester war. Wenn auch auf eine andere Art: Das Sonnenlicht mußte in einem ganz besonderen Winkel auf ihr Haar fallen, um es zum Glänzen zu bringen. Und ein strammer Marsch durch die kühle Winterluft genügte, um ihre ansonsten blassen Wangen in zartem Rosa erstrahlen zu lassen. Genau dies war es, was die Männer an Eleonore so reizte: In ihren Augen war sie wie eine Blume, die darauf wartete, daß ihre noch fest geschlossenen Blütenkelche zum Blühen erweckt wurden. Keiner wußte genau, was sich hinter ihrer jungfräulich wirkenden Sprödheit verbarg. Alle gierten danach, Eleonores Weiblichkeit zu entdecken.
    Im Gegensatz zu Sonia, die keinen noch so flüchtigzugeworfenen Blick übersehen hätte, entging Eleonore das Interesse der Männer völlig. Nur ganz selten einmal fand sie in ihrem ausgefüllten Alltag die Zeit, über sich und ihr Leben nachzudenken. Die plötzliche Einsamkeit, die in solchen Momenten über sie herfiel, war bisher von Leonards Briefen verjagt worden. Im stillen hatte Eleonore gehofft, Leonard würde mit wachsender Entfernung wie ein dunkler Punkt in

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