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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Dann hielt sie Sonia eine kleine, braune Papiertüte hin. »Da, probier mal. Die habe ich nicht nur selbst gemacht, sondern auch selbst erfunden.«
    Nachdem Sonia mehrere Stücke von dem Konfekt gegessen hatte, das nach starkem Kaffee schmeckte, fragte sie etwas versöhnlicher nach: »Warum kommst du an einem ganz gewöhnlichen Wochentag hierher? Haben sie dich etwa hinausgeworfen?«
    Eleonore lachte. »Nein, Gott behüte. Johann dachte nur, es wäre ein wenig Abwechslung für mich, ihn einmal auf seinen Einkaufsfahrten in die Stadt zu begleiten. Ich muß auch gleich wieder fort. Aber ich konnte es nicht übers Herz bringen, hierherzukommen und dich nicht zu besuchen! Was für ein Glück, daß ich dich gleich getroffen habe!«
    Â»Ja, sonst bin ich selten hier, vor allem nicht so früh am Tage. Weißt du, wir vom Theater sind Nachtmenschen. Eigentlich helfe ich heute nur aus, weil eines der Putzweiber nicht aufgetaucht ist.«
    Hocherfreut über Sonias offensichtliches Verantwortungsbewußtsein, über ihre Hilfsbereitschaft anderen gegenüber, begann Eleonore Neuigkeiten vom Schloß zu erzählen. Davon, daß Martini, dem Tischdiener des Königs, letzte Woche eine wertvolle Suppenterrine samt Inhalt hinuntergefallen war, woraufhin Frau Glöckner, die Hoftafelaufseherin, vor Schreck ohnmächtig geworden war und mit Riechsalz wiederbelebt werden mußte. »Wie gut, daß Johann gleich wußte, wo das Fläschchen mit dem Riechsalz stand«, brachte Eleonore unter Kichern hervor. Dann erzählte sie noch von der Tauffeier für die kleine Prinzessin, die am vorherigen Abend stattgefunden hatte. »Mein gebackenes Eis hat so großen Anklang gefunden, daß ich besser die doppelte Menge gemacht hätte. Aber wer hätte gedacht, daß Katharinas Gäste nach einem achtgängigen Menü noch so viel Appetit auf mein Dessert haben würden! Wo sichJohann doch die allergrößte Mühe mit der Zusammenstellung des Taufdiners gegeben hatte!«
    Johann? Hörte sie den Namen Johann nicht etwas zu oft? »Gebackenes Eis?« fragte Sonia lustlos nach, woraufhin Eleonore sich in ausführlichen Beschreibungen ihrer neuen Dessertkreation erging. Was hatte es mit Johann und Eleonore auf sich? War der Hauptkoch etwa Lorchens neuer Verehrer? Bei dem Gedanken an seine kräftige Statur, seine fleischigen Arme und seine laute Stimme schauderte es Sonia. Nicht nur einmal hatte er sie wegen irgendeiner Lappalie gepackt und geschüttelt. Zweimal hatte er ihr sogar eine Ohrfeige gegeben! Warum, wußte Sonia nicht mehr so genau. Wahrscheinlich war es nur eine Kleinigkeit gewesen; seine Wutausbrüche waren schließlich in der ganzen Küche gefürchtet. Und dieser Mann, vor dem jeder kuschte wie ein dressierter Hund im Zirkus, sollte ein Auge auf ihre Schwester geworfen haben? Ihr Blick fiel auf Eleonores lebhaftes Gesicht, und der Zwang, sie zu verletzen, wurde immer stärker. »Was gibt es eigentlich Neues von Leonard?« unterbrach sie Eleonores Redeschwall. Mit Genugtuung beobachtete sie die dunkle Wolke, die sich über Lorchens viel zu dunkle und lange Wimpern schob und ihren Blick mit einem grauen Schleier belegte. »Leonard? Nicht viel Neues von ihm.«
    Lustvoll stocherte Sonia weiter in Eleonores Wunde herum. »So ist das halt mit den Männern: aus den Augen, aus dem Sinn! Es bedarf schon einiges an weiblichen Reizen, um einen Mann halten zu können, das laß dir von mir gesagt sein. Aber tröste dich, Lorchen: Was hättest du auch in Rußland gewollt? Eine Familie, ein liebender Ehemann und ein eigenes Haus – das ist ja alles schön und gut, aber deine Backkünste hättest du dort nicht gebrauchen können. Ich weiß zwar bis heute nicht, was so schön daran sein soll, von morgens bis spät in die Nacht an einem heißen Backofen zustehen, aber deinen Erzählungen nach scheint es dir zu gefallen.«
    Eleonore seufzte. »Meine Arbeit bereitet mir viel Freude, das ist wahr. Es ist nur … wie soll ich’s sagen? Ich bin halt so enttäuscht von Leonard. Daß er sich gar nicht mehr meldet, hätte ich nicht geglaubt.«
    Gar nicht mehr meldet? Sonias Laune machte einen gewaltigen Hüpfer nach oben. Trotzdem hielt sie es für angebracht, Eleonore einen weiteren Dämpfer zu verpassen. »Wie gesagt, so sind die Männer nun einmal. Keinem kann man trauen. Tut man

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