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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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es doch, dann hast du ja an mir gesehen, wo man landen kann.« Sie schniefte laut, schaute auf den Boden und beobachtete unter niedergeschlagenen Lidern Eleonores Reaktion.
    Hatte sich die alte Jungfer dem Koch womöglich schon hingegeben? War die Beziehung der beiden schon weiter fortgeschritten, als sie, Sonia, es vermutete? Sie versuchte, einen weisen Blick aufzusetzen. »Ja, ja. Man hat es nicht leicht als Weib. Wie waren sie damals auf dem Schloß hinter mir her! Allesamt! Nicht einmal einen Eimer mit Küchenabfällen konnte ich hinaustragen, ohne daß mir nicht einer der Burschen unter den Rock blinzeln wollte! Manch einer ist richtig grob geworden, wenn ich mich nicht fügte.« Sie seufzte abgrundtief. »Alle haben sie mich ausgenutzt – ob Küchenjunge oder Koch, in dieser Beziehung waren sie alle gleich …« Beschwörend packte sie Eleonore am Handgelenk. »Nimm dich in acht, Schwesterlein! Haben sie ihre Lust erst einmal gestillt, werfen sie dich weg wie einen alten Lumpen!« Beim Anblick von Eleonores erschrockenem Gesichtsausdruck mußte sie sich schwer beherrschen, um nicht laut zu frohlocken. So einfach war das! Nun hatte sie Eleonores Glück erst einmal mit einer gehörigen Portion Mißtrauen versalzen!
    Als die Schwester gegangen war, trat Sonia auf dengroßen Wandspiegel zu, der in den letzten Monaten zu ihrem Freund und Feind zugleich geworden war. An manchen Tagen gefiel ihr das, was sie darin erblickte, so sehr, daß sie sich immer wieder davor hin- und herwiegte. Ihre blasse Haut, die nur noch selten das Tageslicht zu sehen bekam, stand in einem aufregenden Kontrast zu ihren dunklen Haaren, die dank einer heimlichen Waschung mit Melias Eichenblättersud noch dunkler als früher erschienen. Ihre Brüste, von dem guten und reichlichen Essen auf dem Schloß voll und rund geworden, hatten ihre Prallheit behalten, während ihre Taille durch das unregelmäßige Essen am Theater beinahe wieder so schmal geworden war wie damals, als sie noch auf der Straße gelebt hatten. Mit Kleidern und Tand geizte Gustav nicht, mochte er sie in der Öffentlichkeit auch nicht so ausführen, wie sie es sich wünschte. Ihr Kleiderschrank war jedenfalls um einiges besser bestückt als bei ihrer Ankunft am Theater, und in ihren Augen machte sie in jedem ihrer Kleider eine bessere Figur als Melia in ihren teuersten Roben. Warum fiel dies nur niemandem auf außer ihr selbst? Warum blieb das große Ereignis, auf das sie in ihrem Leben wartete, Tag für Tag aus? Sobald sie sich diese Frage stellte, dauerte es meist nicht lange, und der große Wandspiegel wurde ihr Feind. Die vormals elegante Blässe erschien ihr dann kränklich, ihre Kleider billige Kopien der wirklich feinen Gewänder. Und hatte Melias Haar nicht einen viel prachtvolleren Glanz als ihr eigenes? Sie machte einen weiteren Schritt auf den Spiegel zu, um sich ganz aus der Nähe betrachten zu können. Hing die Haut unter ihren Augen nicht täglich tiefer hinab?
    Auf einmal hörte sie am Ende des Ganges eine Tür aufgehen und laut wieder ins Schloß fallen. Dann kamen kleine klappernde Schritte auf sie zu. Hastig sprang sie auf den Putzeimer zu, ergriff den alten Lumpen und begann, damit den Boden zu reiben, als hinge ihr Leben davon ab. Erstgestern war sie von Melia bei einem Ruhepäuschen in der Besuchergarderobe erwischt worden, heute wollte sie einem weiteren Donnerwetter aus dem Weg gehen.
    Â»Sonia«, ertönte Sekunden später Melia Feuerwalls weinerliche Stimme. »Louise ist krank, fürchterlich krank. Lauter rote Pusteln hat sie, und ich kann nur zu Gott beten, daß sie mich nicht angesteckt hat. Nur, wer soll mir heute abend bei der Garderobe helfen?« Auf ihren Wangen tanzten rote Flecken, und ihre Augen waren verquollen, als habe sie den ganzen Morgen geweint. Sorgenvoll biß sie sich auf die Unterlippe.
    Sonia erhob sich so anmutig wie möglich. Mit der linken Hand eine feuchte Strähne aus der Stirn streichend, versuchte sie einen kleinen Knicks. »Ich könnte Ihnen doch helfen, verehrte Dame.«
    Â»Duuu?« Melia machte einen langen Hals wie ein Schwan und musterte Sonia von oben herab.
    Bemüht freundlich sprach Sonia weiter. »Von Louise weiß ich, wie man mit solch feinen Roben wie den Ihren umzugehen hat, und Ihre prächtigen Haare bedürfen eh keines Schmuckes, obwohl ich mir natürlich die

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