Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
Vom Netzwerk:
sich vor lauter Lachen den Leib halten mußte.
    Â»Niçoise, du bist Gold wert! Eigentlich sollte ich dich zur Bank-, nein, natürlich zur Kassenvorsteherin ernennen! Da diskutiere ich mit einem ganzen Troß von Beratern Woche um Woche über diese neue Unternehmung – und wir sehen alle den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr! Die erste württembergische Sparkasse! Das klingt wirklich gut. Ich bin gespannt, was Heinrich von Rapp dazu sagen wird …«

26
    I ch kann mir einfach nicht erklären, warum er nicht mehr schreibt!« Das Beben in Eleonores Stimme war nicht zu überhören, obwohl sie sich große Mühe gab, verärgert auszusehen.
    Â»Hast du schon mal daran gedacht, daß ein Brief auf einem so langen Weg auch verlorengehen kann?« fragte Johann, ohne von seinem Speiseplan aufzuschauen.
    Â»Ja, schon. Aber das ist doch bisher nicht passiert! Selbst die Briefe, die er mir auf der Reise geschickt hat, sind alle angekommen.«
    Nun sah Johann doch hoch. Wieviel Post war zwischen Eleonore und dem Holzträger hin- und hergegangen, ohne daß er etwas davon mitbekommen hatte? »Und woher willst du das so genau wissen?«
    Â»Nun, das ist ganz einfach.« Das kleine Lächeln auf Lores Lippen schmerzte ihn wie ein Schnitt mit dem schärfsten Fleischmesser. »Wir wußten ja nicht, wie gut das mit der Briefbeförderung klappt. Deshalb hatten wir vor Leonards Abreise vereinbart, jeden Brief mit einer Zahl zu markieren. Daher weiß ich, daß kein Brief verlorengegangen ist. Nun habe ich aber seit März schon nichts mehr aus Rußland gehört – und jetzt haben wir bekanntlich Juni!« Eleonores Oberlippe zitterte bedrohlich. Heftig blätterte sie in einem der dicken Bücher, die vor ihnen auf dem Küchentisch lagen.
    Â»Hör zu, es heißt doch immer, daß während der Wintermonate viele Straßen in Rußland unpassierbar sind. Vielleicht hat es den Leonard ja in eine besonders unwirtliche Gegend verschlagen«, hörte Johann sich sagen und hätte sich gleichzeitig dafür ohrfeigen können! Wie kam er dazu, den rothaarigen Taugenichts auch noch in Schutz zu nehmen? Gegen ihn hätte er reden sollen! Ins gleiche Horn blasen wie Sonia, das Luder. Aber dann würde Eleonore womöglich mit ihm auch nicht mehr reden wollen. Kam sie nicht gerade deshalb, weil sie bei ihm immer ein offenes Ohr fand? Es lag nicht in seiner Art, über andere herzuziehen oder über ihre Gefühle zu spotten. Statt dessen hörte er sich ruhig an, was jemand zu erzählen hatte, ohne viel darauf zu antworten. Längst hatte er herausgefunden, daß die wenigsten um einen Rat kamen. Die meisten wollten nur erzählen, jammern, über Erlebtes berichten, sich über vermeintliche Ungerechtigkeiten beklagen oder einfach Küchenklatsch weitertragen. Und deshalb waren sie froh, wenn Johann sich einer eigenen Meinung dazu enthielt.
    Es war kurz nach Leonards Abschied gewesen, daß Eleonore das erste Mal bei ihm aufgetaucht war und ihn um Bücher gebeten hatte. Erfreut über ihren Wissensdurst hatte er ihr gerne einige alte, weniger wertvolle Bücher gegeben. Erst als sie diese wieder zurückgebracht hatte und er von ihrer Sorgfalt überzeugt war, gab er ihr auch ausgesuchte Exemplare mit. Danach kam sie immer wieder zu ihm, meist nachmittags, wenn der Mittagstisch beendet war und die Vorbereitungen für das Abendbrot noch Zeit hatten.
    Eine Zeitlang schwiegen sie, jeder über ein Buch gebeugt. Während sich Johann unentwegt auf einem kleinen Blatt Papier Notizen machte, fächerte Eleonore Buchseite um Buchseite mit fahrigen Bewegungen hin und her. Unauffällig schaute Johann zu ihr hinüber. Seine Gefühle verunsicherten ihn, er wußte nicht, wie er damit umgehen sollte.
    Nicht, daß er mit seinen sechsunddreißig Jahren keine Erfahrungen mit den Weibsbildern gehabt hätte! An Frauen, die von seiner kräftigen Statur, seinem kantigen Kinn, den gleichmäßigen Gesichtszügen und nicht zuletzt auch von seinem Posten als erstem Koch im Stuttgarter Schloß angetan waren, hatte es zu keiner Zeit gemangelt. Trotzdem hatte Johann keine zu seinem angetrauten Weibe gemacht. Er hatte einfach keinen Sinn darin gesehen. Noch nie hatte er das Bedürfnis verspürt, seinen Samen als Frucht in einem Frauenleib aufgehen zu sehen. Ganz im Gegenteil – bei seinen Amouren war er stets darauf

Weitere Kostenlose Bücher