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Die Zufalle des Herzens

Die Zufalle des Herzens

Titel: Die Zufalle des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fay Juliette
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mitkäme?«
    Kenneth in Therapie. Dana hätte fast aufgelacht. Er hatte ein heftiges Jahr hinter sich: Scheidung, berufliche Sorgen, seine Kinder, die ihn mehr brauchten als je zuvor, ein Baby, das unerwarteterweise unterwegs war, eine neue Ehe … Er könnte sicherlich eine kleine Therapie gebrauchen. »Ja, natürlich«, sagte sie. »Das wär für mich in Ordnung.«
    Sie steckte gerade das Handy in ihre Handtasche, als sie das Schritt-Tock von Marie näherkommen hörte.
    »Hier«, sagte Marie und gab ihr ohne große Umstände einen kleinen Beutel aus Musselin.
    Dana nahm ihn und löste die Schnüre. Heraus rutschte ein silbernes Amulett – ein Kreis mit einem kleinen, purpurroten Stein in der Mitte und zu beiden Seiten eine nach außen geöffnete Mondsichel.
    »Marie!«, sagte Dana. »Das ist wunderschön! Sie hätten mir kein Abschiedsgeschenk kaufen müssen.«
    »Es ist kein Abschiedsgeschenk«, sagte Marie.
    »Ach so, okay … Das ist jedenfalls sehr aufmerksam. Ich glaube, zu Hause habe ich genau die richtige silberne Kette dafür.«
    Marie stand mit gerunzelter Stirn da. »Sie wissen, was das bedeutet? Dieses Symbol?«
    Dana betrachtete eingehend das Amulett, das ihr vage bekannt vorkam. Irgendwie glaubte sie sich zu erinnern, dass sie so etwas vor Jahren auf einem Mittelalter-Jahrmarkt gesehen hatte.
    »Es ist eine dreifache Göttin«, sagte Marie ungeduldig. »Ich habe es selbst gemacht.«
    »Sie haben das gemacht? Ich wusste gar nicht, dass Sie Goldschmiedin sind, Marie. Was symbolisiert es?«
    »Jungfrau, Mutter und Greisin«, sagte Marie, als wäre das klar ersichtlich. »Während ich es gemacht habe, sind Sie mir aus irgendeinem Grund immer wieder eingefallen, und deshalb muss ich es Ihnen jetzt geben.«
    Jungfrau, Mutter und Greisin … Das setzte eine vage Erinnerung an einen Dokumentarfilm frei, den sie auf dem History Channel gesehen hatte. Hexenkunst. Druiden. Sie blickte zu Marie auf.
    Die verdrehte die Augen. »Ja, ja, es ist Wicca! Sie sind ja keine Frömmlerin, oder?«
    »Nein!«, sagte Dana, ohne auch nur einen Moment zu überlegen, ob sie es doch sein könnte. »Natürlich nicht. Das erscheint mir sehr interessant – ich würde gerne mehr darüber erfahren.«
    Marie bedachte sie mit einem skeptischen Blick. »Wie auch immer«, sagte sie, »es geht um die Kraft jeder Lebensphase und die Art, wie sie ineinandergreifen.« Sie nahm den kleinen Musselinbeutel an sich. »Kann ich den zurückhaben? Es ist mein letzter.«
    »Klar«, sagte Dana. »Und vielen, vielen Dank.«
    »Bis zu Ihrer nächsten Zahnreinigung«, sagte sie und ging – Schritt-Tock – den Flur hinunter.
    Um drei Uhr räumte Dana ihre Sachen zusammen. Es gab nicht viel – nicht, wie bei ihrem letzten Job, Fotos von ihren Kindern oder Postkarten, die Kollegen oder Kolleginnen ihr aus dem Urlaub geschickt hatten. Sie zog ihren Mantel an und ließ den Blick ein letztes Mal über das wandern, was einmal ihres gewesen war, es nun aber nicht mehr sein würde. Einfach so. Dinge kommen und gehen. Das wusste niemand besser als sie.
    Tony und Marie waren mit einer Patientin beschäftigt – ein Wurzelkanal, arme Mrs Jameson. Dana ging nach hinten und spähte in den Behandlungsraum. »Ich mach mich dann mal auf den Weg«, flüsterte sie. »Danke für alles.«
    Marie sah Tony erwartungsvoll an. »Wir sind hier so gut wie fertig«, sagte sie zu ihm.
    »Würde es Ihnen was ausmachen …?«, fragte er sie, worauf sie ihm die Gazepackung aus der Hand nahm. »Ich bringe dich raus«, sagte er zu Dana und zog sich die Latexhandschuhe aus.
    Sie überquerten den Parkplatz, und als sie zu ihrem Auto kamen, zwang sie sich, sich umzudrehen und ihm in die Augen zu blicken, auch wenn es ihr schwerfiel und sie lieber so getan hätte, als wäre es ein x-beliebiger Freitag. Sie wusste, wenn sie ihn ansähe, würde sie die Wahrheit erkennen, dass er nämlich nicht mehr ihr Chef war, der beste Chef, den sie je gehabt hatte und vermutlich je haben würde.
    Und da war sie, in sein Gesicht geschrieben, die Realität von etwas – noch etwas anderem –, was zu Ende ging. »Wann sehe ich dich wieder?«, fragte sie.
    »Das liegt ganz an dir.« Er streckte die Hand aus und richtete ihren Schal gerade, indem er ihn noch kuscheliger um ihren Hals band. Dann trat er zurück und verschränkte die Arme fest über seinem dünnen Arztkittel.
    Ihn so zu sehen, wie er, nur um bei ihr zu sein, zitternd vor Kälte auf dem reifbefleckten Parkplatz stand, löste bei ihr eine

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