Die Zufalle des Herzens
umarmen. Pollys Umarmungen waren fest und bedeutungsvoll und wirkten auf Dana so, als sollte sie in Pollys Stamm aufgenommen werden, ein Ritual der Zugehörigkeit, das zugleich tröstlich und in seiner Endgültigkeit ein wenig beängstigend war.
»Danke, dass du noch geblieben bist«, sagte Polly. »So muss es wohl sein, eine Schwester zu haben.« Dann lachte sie und lieà die Arme wieder sinken. »Na ja, vielleicht nicht deine Schwester â¦, aber eine, wie ich sie immer gerne gehabt hätte.« So war Polly. In einem Wimpernschlag konnte sie von wirsch zu superlieb umschalten. Dana lieà sich von der Freundlichkeit dieser ÃuÃerung erfüllen und für den flotten Gang nach Hause wärmen.
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L ange vor ihrer Scheidung hatte Dana bereits gelernt, allein zu schlafen. Kenneth war oft auf Geschäftsreise gewesen, und zu Beginn ihrer Ehe hatte sie sich Sorgen gemacht, dass ihm irgendetwas zustoÃen könnte. Während seiner gelegentlichen Auslandsreisen hatte sie kein Auge zugemacht und sich stattdessen vorgestellt, wie sein Flugzeug ins Meer stürzte und sein zerschmetterter Körper mit dem Gesicht nach unten in den dunkler werdenden Wellen trieb. In solchen Zeiten waren auch die Albträume im Zusammenhang mit ihrem Vater schlimmer. Doch Kenneth kam jedes Mal zurück, und allmählich lernte Dana, sich zu entspannen.
Fast punktgenau konnte sie bestimmen, wann die Affäre begonnen hatte â vor zwei Jahren waren die Geschäftsreisen länger geworden. Davor hatte er viel mehr Wind darum gemacht, wie gut es war, wieder zu Hause zu sein, in seinem eigenen Bett zu schlafen, seine Frau und sein Lieblingskissen wiederzuhaben. An diesem Kissen hatte er einen Narren gefressen. Dana war es gelungen, über die meisten von Kenneths Macken hinwegzusehen â seine heftige Aversion gegen Vergnügungsparks zum Beispiel.
Die Glückseligkeit jedoch, die sich auf seinem Gesicht ausbreitete, wenn er seinen von der Reise ermatteten Kopf auf dieses Kissen legte ⦠die ging Dana auf höchst sonderbare Weise unter die Haut. Als freute er sich mehr über das Kissen als über das Wiedersehen mit ihr . Wenn er unterwegs war, stopfte sie es in den Schrank, holte es aber sofort heraus, wenn er nach Hause kam. Dämliches Kissen. Und sie war auch dämlich, weil sie Energie darauf verschwendete, ein unbelebtes Objekt zu hassen.
Dieses Kissen war längst weg. Bei Kenneths Auszug war es mit der ersten Wagenladung mitgegangen. Wenigstens darüber war Dana froh. Als das Kissen unter dem Arm ihres zukünftigen Exmannes entschwand, hatte sie sich eine zuckerfreie Limonade eingeschenkt und ihm zugeprostet. Einen Moment lang hatte sie sogar vor sich hin gelächelt und den sinnlosen Sieg genossen, obwohl sie den Krieg verlor.
Durch irgendeine Bewegung im Haus wurde Dana wach. Ein Geräusch hörte sie nicht, aber unter ihrer Schlafzimmertür schien die Luft in die falsche Richtung zu wehen. Dann drehte sich der Türknauf und ein matter Lichtschimmer von dem kleinen Nachtlicht im Flur beleuchtete die Umrisse einer Gestalt. Zu groà für ein Kind, aber zu klein für einen Erwachsenen.
Morgan. Sie schlüpfte unter die Decke auf der ehemaligen Seite ihres Vaters. »Schlecht geträumt?«, murmelte Dana.
»Hab noch gar nicht geschlafen.«
»Oh, mein Liebling«, seufzte Dana. Warum konnte Morgan sich nicht einfach hinlegen, ihren Körper zur Ruhe kommen lassen und in die Leere abtauchen? Niemand brauchte Leere in diesen Tagen mehr als Morgan, und niemand bekam weniger davon als sie.
»Vermisst du Dad manchmal?«, fragte Morgan.
Dad vermissen? Wie lautete die richtige Antwort auf diese Rätselfrage aus dem Mund eines Fast-Teenagers? »Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen, mein Schatz.«
»Hab mich halt gefragt«, flüsterte Morgan.
»Na ja â¦Â«, versuchte Dana Zeit zu schinden. Sie hatte bei Polly zwei Gläser Wein getrunken. Konnte diese Befragung nicht bis morgen warten?
»Und, tust duâs?«
»Hm ⦠in gewisser Hinsicht.«
»In welcher Hinsicht?«
»Ich glaube, ich vermisse es, einen Ehemann zu haben.« Das stimmte. Lieber bei der Wahrheit bleiben oder einer engen Verwandten davon. Morgan wurde gereizt, wenn Dana mit etwas konterte, was sie »Zahnfee-Antworten« nannte.
»Was vermisst du denn genau?«
Ja, was genau? Hilfe mit den Kindern,
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