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Die Zufalle des Herzens

Die Zufalle des Herzens

Titel: Die Zufalle des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fay Juliette
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führte sie zu dem prall gepolsterten Stuhl. Er zog den Holzstuhl zu ihr her und griff, während er sich hinsetzte, nach einer Schachtel mit Taschentüchern auf seinem Schreibtisch.
    Sie schnäuzte sich – ein saftiges, unschönes Geräusch – und murmelte: »Das ist mir so unangenehm.«
    Â»Ich verbringe meinen Tag in den Mündern der Leute«, sagte er lächelnd. »Und Sie glauben, ich würde mich vor einem Naseschnäuzen ekeln? Im Übrigen könnte eines Tages ich es sein, der sich bei Ihnen ausweint, und dann werde ich wie eine heisere Gans schreien.«
    Da entfuhr ihr ein kurzes Lachen, und schon ging es ihr besser. Sie erzählte ihm von Mrs Cataldos Anruf.
    Â»Gut, also erst einmal hatte ich gedacht, die Generation von Lehrern, die der Mutter für alles die Schuld geben, wäre inzwischen im Ruhestand«, sagte er. »Und dann ergibt es überhaupt keinen Sinn, dass Grady nur wegen Ihres Teilzeitjobs aus dem Gleichgewicht geraten sein soll. Vielleicht gibt es ja auch gar keinen Grund. Manchmal haben wir einfach ein paar Tage lang einen Durchhänger, und dann ist es wieder vorbei.«
    Â»Aber Grady ist kein launisches Kind«, sagte sie. »Da scheint noch etwas dahinterzustecken.«
    Â»Und wenn Sie das sagen, dann stimmt es auch, denn niemand kennt ihn besser als Sie. Sie sollten jedoch nicht gleich davon ausgehen, dass alles Ihre Schuld ist, Dana. Es ist nicht Ihre Aufgabe, Ihre Kinder davor zu bewahren, traurig oder wütend zu sein. Ihre Aufgabe besteht darin, ihnen zu helfen, mit solchen Situationen fertigzuwerden.«
    Sie nickte. Natürlich hatte er recht. Sie fingerte an dem weichen, dünnen Schal herum, dessen Enden jetzt tränenfeucht waren. »Es tut mir aber in der Seele weh, wenn Sie etwas drückt.«
    Er tätschelte ihr Knie. »Und was für eine Mutter wären Sie, wenn es das nicht täte?« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Wissen Sie, ich möchte einmal etwas in den Raum stellen. Bloß so eine Idee. Ich erinnere mich, dass nach Ingrids Tod meine Mädchen natürlich völlig am Boden zerstört waren. Wir haben jeden Tag geweint. Monatelang, Tag für Tag. Irgendwann weinten sie dann nicht mehr ganz so viel und schwangen sich allmählich wieder auf ihr eigenes Leben ein – Middle School, Highschool, das ist ja alles sehr spannend, stimmt’s? Sechs Monate später fing dann Lizzie, die Jüngere, von Neuem an zu weinen. Ich konnte beim besten Willen nicht rauskriegen, warum – und sie genauso wenig! Am Ende haben wir es zusammen herausgefunden. Das Schuljahr ging zu Ende, und sie konnte sich nicht vorstellen, wie der Sommer ohne Mom werden würde. Woher sollte sie wissen, wohin sie gehen und was sie tun sollte, ohne Mom, die ihr beim Organisieren half? Wer würde alles stehen und liegen lassen und sie zum Strand fahren, während ich bei der Arbeit war?«
    Jetzt fingen Tonys Augen an, ein wenig zu glänzen, und Dana spürte, wie eine weitere Träne ihr aus dem Augenwinkel tropfte. Die störte sie allerdings nicht so wie deren Vorgängerinnen. Für eine mitfühlende Träne brauchte man sich nicht zu schämen. »Das heißt«, sagte sie, »vielleicht nimmt es Grady gerade wieder besonders mit, dass Kenneth nicht mehr bei uns ist.«
    Â»Vielleicht.« Er zuckte die Schultern. »Schwer zu sagen. Sie werden es bestimmt herausfinden.«
    Â»Danke«, sagte sie und hätte gerne noch mehr hinzugefügt, doch er stand auf, und es schien, als wäre die Gelegenheit vorbei. »Ich glaube, jetzt sollten wir lieber zu Mittag essen«, sagte sie.
    Â»Ja. Nichts regt den Appetit so an wie eine ordentliche Runde Weinen.« Er drohte ihr mit dem Finger. »Und weinen Sie bitte nicht mehr an der Anmeldung, ja? Die Leute werden denken, dass ich Sie misshandle. Ab jetzt weinen Sie nur noch hier bei mir.«
    Um neun Uhr an diesem Abend bog Dana auf den Parkplatz von Keeney’s Lakeside Tavern ein. Grady und Morgan waren im Bett, und sie hatte Alder mit dem Rest ihrer Hausaufgaben in der Küche zurückgelassen. Während sie auf das schattenhafte Wasser des Nipmuc Pond hinausblickte, wurde ihr bewusst, dass sie seit Victors Geburtstag vor ein paar Jahren nicht mehr hier gewesen war. Polly hatte ihn damit überrascht, dass er von allen seinen Freunden in den hölzernen Nischen erwartet wurde. Victor liebte diesen Ort, und er und Kenneth

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