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Die Zuflucht der Drachen - Roman

Die Zuflucht der Drachen - Roman

Titel: Die Zuflucht der Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penhaligon Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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rührte um. Dann stellte sie Kendra den Becher hin.
    »Danke«, sagte Kendra. »Warren hat erwähnt, dass ihr das Tagebuch der Geheimnisse mitgebracht habt.«
    »Es ist auf dem Dachboden«, antwortete Seth. »Auf unserer Seite.«
    »In dem Tagebuch stehen die Passwörter, um den geheimen Raum zu öffnen«, fuhr Kendra fort. »Ich werde eine Umitenkerze brauchen.«
    »Ich habe meine Vorräte aufgestockt«, erwiderte Opa. »Wir haben jede Menge Kerzen.«
    Kendra nippte an dem Becher. »Warum nicht gleich jetzt ans Werk gehen?«
    »Du solltest dich zuerst ausruhen«, drängte Oma.
    Kendra schüttelte den Kopf. »Ich habe im Auto geschlafen. Ich bezweifle, dass die Bösen sich ausruhen.«
    Der düstere Kerkerkorridor erstreckte sich nach links und rechts, auf beiden Seiten gesäumt von Zellentüren. Aber keine war mit der Tür vor Seth vergleichbar, die aus blutrotem, mit schwarzem Eisen eingefasstem Holz bestand. Coulter stand links neben ihm, Opa und Kendra zu seiner Rechten. Seth hatte ziemlich lange betteln müssen, bis man ihm erlaubt hatte mitzukommen.
    Coulter hielt eine brennende Fackel. Opa hatte einen Schlüssel und einen Spiegel in der Hand. Kendra hielt das Tagebuch fest umklammert. Seth hatte eine Taschenlampe.
    »Haltet euch von den Türen in der Halle des Grauens fern«, ermahnte Opa sie noch einmal. »Ihr dürft auf keinen Fall durch die Gucklöcher schauen. Niemand möchte in die Augen eines Phantoms blicken. Und die Türen werden auch nicht berührt! Wer diese Regel verletzt, wird unverzüglich aus der Halle des Grauens verbannt und darf sie nie wieder betreten.« Er sah Seth an. Coulter und Kendra ebenso.
    »Was schaut ihr so?«, fragte Seth.
    »Du suchst ja oft Gelegenheiten, dich zu beweisen«, sagte Opa. »Vermassel es nicht.«
    »Ihr werdet gar nicht merken, dass ich hier bin«, versprach Seth.
    »Viele dieser Kreaturen können Angst und andere furchterregende Gefühle ausstrahlen«, warnte Coulter. »Die speziellen Zellen, in denen sie eingekerkert sind, helfen, die Wirkung abzuschwächen. Sagt Bescheid, wenn die Empfindungen euch zu überwältigen drohen. Kendra, nimm dich in Acht vor Gefühlen der Depression, der Verzweiflung oder des Entsetzens. Seth, ich bin mal gespannt, wie gut deine Immunität gegen magische Furcht hier drin funktioniert.«
    Opa schob den Schlüssel in die Tür. Er drückte eine Handfläche gegen das rote Holz und murmelte einige unverständliche Worte, dann schwang die Tür auf.
    Coulter betrat die dunkle Halle als Erster und entzündete die Fackeln, die an den Wänden hingen. Das flackernde Licht des Feuers warf einen unheilverkündenden Schein auf die steinernen Wände und den Boden. Als Seth nach Opa hineinging, bemerkte er, dass die Luft hier spürbar kälter war als irgendwo sonst im Kerker; sein Atem bildete weiße Wölkchen.
    Die Halle war nicht lang. Im flackernden Licht der Fackel war bereits die gegenüberliegende Wand zu erkennen. In gleichmäßigen Abständen befanden sich auf beiden Seiten je acht Türen, eine jede gefertigt aus massivem Eisen, in das archaische Symbole und Piktogramme geprägt waren. Jede Tür war mit einem Schloss und einem versperrten Guckloch versehen.
    »Ihr habt recht«, sagte Kendra mit gedämpfter Stimme. »Irgendetwas stimmt hier nicht.«
    »Man kann die Dunkelheit fühlen«, flüsterte Coulter. »Ist bei dir alles in Ordnung, Seth?«
    »Mir ist nur ein wenig kalt.« Abgesehen davon, dass die ins Fackellicht getauchten schweren Türen nun einmal unheimlich wirkten und der Gedanke daran, was wohl hinter ihnen eingekerkert sein mochte, beunruhigend war, nahm er keine beängstigenden Gefühle wahr.
    Opa ging allen voran auf das Ende der Halle zu. Coulter bildete die Nachhut. Als Seth an der zweiten Tür vorbeikam, hörte er dünne Stimmen, die leise flüsterten. Er drehte sich zu Coulter um. »Hören Sie das?«
    »Die Stille kann deinen Ohren Streiche spielen«, erwiderte Coulter.
    »Nein. Hören Sie nicht die Stimmen, die unzusammenhängendes Zeug flüstern?«
    Coulter hielt inne. »Ich höre nur das Knistern der Fackel. Es ist hier so still wie in einem Grab. Willst du mich auf den Arm nehmen? Wir verlieren den Anschluss.«
    Sie beschleunigten ihre Schritte und holten Kendra ein. Seth konzentrierte sich auf das flüsternde Stimmengewirr. Als er genau hinhörte, konnte er einzelne Wörter aufzuschnappen.
    »Allein … durstig … Schmerz … Hunger … Qual … Erbarmen … Durst.«
    Die Wörter waren verworren, viele Stimmen

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