Die Zuflucht der Drachen - Roman
sein.«
»Sie enthält uns bereits Informationen vor«, wandte Oma ein. »Wer weiß, mit wem sie gesprochen hat, als sie in diesem Trancezustand war, oder was sie verraten haben könnte? Nur zu, Stan, verlasse dich weiter auf ihre Dienste! Jungen spielen nun mal gern mit dem Feuer. Komm nur nicht heulend zu mir gelaufen, wenn du dich verbrannt hast. Wir werden sehen, wer sich am Ende wen zunutze macht.«
»Vanessa hat gute Gründe, den Sphinx zu hassen«, warf Warren ein.
»Wie praktisch für sie«, erwiderte Oma.
»Ich habe einige wichtige Informationen für euch«, verkündete Kendra und starrte auf ihre Hände. »Dinge, die ich vor Trask, Dougan oder Elise nicht sagen wollte. Dinge, die ich nicht am Telefon besprechen wollte.«
»Du hast mir Informationen vorenthalten?«, fragte Warren. »Es war eine so lange und langweilige Fahrt!«
»Ich dachte, ich sollte warten, bis wir alle zusammen in Fabelheim sind«, entschuldigte sich Kendra. »Ich hatte eine Begegnung mit dem Sphinx. Er hat das Artefakt aus Brasilien. Man nennt es den Okulus.«
Opa zuckte zusammen. »Ich hatte schon die Befürchtung, die Sache mit dem Maddox-Stechbulbus könnte nur bedeuten, dass die Gesellschaft das Artefakt bereits an sich gebracht hat.«
»Sind sie in der Lage, davon Gebrauch zu machen?«, erkundigte sich Coulter vorsichtig.
»Ich glaube nicht«, erwiderte Kendra. »Sie haben mich gezwungen, es zu versuchen.«
Opa schlug mit der Faust auf die Küchenablage, und sein Gesicht wurde rot. »Der Okulus ist das gefährlichste von allen Artefakten«, knurrte er. »Was soll das heißen, sie haben dich gezwungen, es zu versuchen?«
»Sie haben mich gezwungen, die Hand darauf zu legen«, berichtete Kendra. »Zuerst konnte ich in alle Richtungen sehen, als hätte ich zusätzliche Augen. Dann war es so, als hätte ich Augen überall im Raum, die mir Dutzende Perspektiven gleichzeitig zeigten. Dann hatte ich Augen überall im Haus, dann in der Stadt, dann auf der ganzen Welt.«
»Was hast du gesehen?«, fragte Seth eifrig.
»Alles und nichts«, antwortete Kendra mit angespannter Stimme. »Es war viel zu viel. Ich konnte mich auf nichts wirklich konzentrieren. Ich wusste nicht mehr, wo ich war und wer ich war.«
»Wie hat diese Vision geendet?«, erkundigte sich Oma.
»Ich konnte nicht klar genug denken, um die Hand von dem Kristall zu nehmen«, erklärte Kendra. »Aber ich konnte in den Ort hineinsehen, wo die Feenkönigin lebt. Es ist mir gelungen, mich auf sie zu konzentrieren, und sie hat mir befohlen, die Hand vom Okulus zu nehmen. Mit ihrer Hilfe bin ich entkommen.«
»Du hättest den Verstand verlieren können«, schäumte Opa.
»Ich glaube nicht, dass schon irgendeiner von ihnen in der Lage ist, den Okulus zu benutzen«, sagte Kendra. »Wenn es ihnen gelingt, werden sie früher oder später alle unsere Geheimnisse auskundschaften. Der Sphinx scheint zu allem entschlossen zu sein.«
»Bedeutet das, dass wir das Gewölbe hinter der Halle des Grauens betreten müssen?«, fragte Tanu.
»Unbedingt«, bestätigte Opa. »Die Gesellschaft ist jetzt zu sehr im Vorteil. Wir müssen davon ausgehen, dass sie schon bald in der Lage ist, überall hinzuschauen. Wir müssen so viel wie möglich in Erfahrung bringen, um die Chancen wieder auszugleichen.«
»Können wir nicht irgendwie den Chronometer benutzen?«, fiel Seth ein. »Könnte nicht eine Zeitreise vielleicht helfen?«
»Ich habe dieses Utensil studiert«, vermeldete Coulter. »Ich habe schon kleine Fortschritte gemacht, aber der Chronometer ist sehr kompliziert und gefährlich.«
»Es sind nur wenig Informationen über ihn verfügbar«, ergänzte Oma. »Wir haben kein Handbuch dafür.«
»Sie haben ein Artefakt, das jede Wunde heilt, und ein anderes, das ihnen erlauben könnte, überall hinzuschauen«, fasste Seth zusammen. »Sie werden den Okulus einsetzen, um die anderen Artefakte zu finden. Von dem Chronometer wissen wir. Was bewirken die beiden anderen Artefakte?«
»Eines verleiht Macht über den Raum«, erklärte Coulter. »Das andere schenkt Unsterblichkeit.«
»Wenn sie alle fünf zusammenbekommen, können sie das Dämonengefängnis öffnen«, fügte Kendra hinzu.
»Zzyzx …«, hauchte Seth.
»Und das würde das Ende der Welt, wie wir sie kennen, bedeuten«, sagte Opa. »Die Gesellschaft des Abendsterns hätte ihr selbstgesetztes Ziel erfüllt und würde eine ewige Nacht einläuten.«
Oma goss warme Milch in einen Becher, fügte Schokoladenpulver hinzu und
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