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Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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flachgedrückt und der Boden zerfurcht.«
    Â» Woher willst du wissen, dass es nicht ein Elch war?«, fragte Ellis.
    Â» Wegen der Schleifspuren weiter vorn. Außerdem müssten dann Hufabdrücke zu sehen sein.«
    Ich ging ein Stück näher heran und sah es ebenfalls, schwach, aber unverkennbar. Die Abdrücke stammten von Stiefelabsätzen– entweder von Frank oder Bleich. Ich nickte Pirscher zu und ging weiter, tiefer hinein in den Wald. Die Schatten der Bäume schienen sich gegen uns verschworen zu haben, als wollten sie ein Geheimnis vor uns verbergen. Jeden Moment rechnete ich damit, auf die Freaks zu stoßen, wie sie gerade ihre Beute verspeisten.
    Â» Wo hast du das gelernt?«, fragte ich.
    Pirscher zuckte die Achseln. » Ich habe die Zeit auf dem Vorposten genutzt und mich mit einem der Jäger angefreundet.«
    Mit Jäger meinte er in diesem Fall eine der Wachen, die Erlösung mit frischem Fleisch versorgten. Das war einer der Hauptunterschiede: In der Enklave mussten wir die Schaffer und Züchter beschützen und jagen. Da es in Erlösung mehr Wachen gab als Unten, konnten sie sich den Luxus leisten, diese Aufgaben untereinander aufzuteilen.
    Â» Glaubst du, sie sind zum Dorf unterwegs?«
    Miles horchte auf. » Welches Dorf?«
    Pirscher schüttelte unmerklich den Kopf. Er schien es für keine gute Idee zu halten, die beiden einzuweihen. Also hielt ich den Mund und ließ Pirscher ihnen bedeuten, das Gleiche zu tun. Es war besser, wenn sie ihn für den Anführer hielten. In ihren Augen war er zwar ebenfalls zu jung, aber wenigstens hatte er das richtige Geschlecht.
    Ellis und Miles tuschelten weiter miteinander, und ich wünschte mir, ich hätte sie nicht mitgenommen. Wenn sie wenigstens ihre Gewehre nicht dabeihätten. Andererseits würden sie ihnen im Nahkampf nicht viel nutzen, und ich war schneller, als sie glaubten. Männer unterschätzten mich gerne.
    Je tiefer wir in den Wald vordrangen, desto schwieriger wurde es für Pirscher, die Spuren zu lesen. Der Boden war von feuchten Blättern bedeckt, zwischen denen kaum etwas zu erkennen war, und er blieb stehen. Zum ersten Mal zögerte Pirscher. Er tut sein Bestes, sagte ich mir. Er hatte es mir versprochen, und ich hatte keinen Grund zu glauben, dass er seine Worte auf die leichte Schulter nahm. Dennoch: Je langsamer wir vorwärtskamen, desto mehr Vorsprung hatten die Freaks, und desto größer wurde die Gefahr für Bleich. Ich weigerte mich, auch nur daran zu denken, es könnte vielleicht schon zu spät sein, wie die anderen Wachen behauptet hatten. Das hier war kein hoffnungsloses Unterfangen. Niemals.
    Â» Hier lang«, sagte Pirscher schließlich, aber ich sah die Zweifel in seinem Gesicht.
    Zu meiner Erleichterung führte die Spur jetzt wieder vom Dorf weg. Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, weshalb, aber es hatte den Anschein, als hätten sie die Siedlung umgangen. Vielleicht waren sie nicht von dort, und es gab noch andere?
    Hör auf. Solche Gedanken helfen dir nicht weiter.
    Verzweiflung machte eine eiserne Faust aus meinem Magen und quälte mich bei jedem Schritt. Miles und Ellis gingen geduckt weiter, einen Finger am Abzug ihrer Gewehre. Wenn sie tatsächlich einen Schuss abfeuern sollten, würde das gesamte Dorf über uns herfallen, aber das bereitete mir keine allzu großen Sorgen, denn ich konnte schneller laufen als sie…
    Das Einzige, was zählte, war Bleich.
    Zwei oder drei Freaks, die auf eigene Faust handelten. Ich wurde einfach nicht schlau daraus. Glücklicherweise musste ich das auch nicht, denn Pirscher führte uns. Ich brauchte nur einen klaren Kopf zu behalten und ihm zu folgen. Da wir den Trampelpfad zum Dorf verlassen hatten, war die Spur jetzt wieder leichter zu verfolgen. Die abgebrochenen Äste und die aufgewühlte Erde waren nicht zu übersehen. Außerdem hatten sie immer wieder unterwegs Rast gemacht. Ich verbot mir, darüber nachzudenken, warum ich keine Anzeichen auf einen Kampf entdecken konnte. Bleich hätte sich gewehrt, sobald er zu sich kam.
    Trotzdem bedeutet das nicht, dass er tot ist. Auf keinen Fall. Sicher gibt es einen anderen Grund. Vielleicht haben sie ihn jedes Mal sofort wieder bewusstlos geschlagen.
    Vielleicht ist er tot , flüsterte eine mitleidslose Stimme in meinem Kopf. Du jagst einem Traum hinterher und willst ihn nicht loslassen, weil Bleich euch beide wollte: das

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