Die Zuflucht
welche?«
» Ein feines Paar Hausschuhe, wenn ich erst damit fertig bin. Hat Doc Tuttle dich schon untersucht?«
Ich nickte. » Und die Fäden gezogen. Ich bin so gut wie neu.«
Nicht ganz . Ich hatte neue Wunden, wenn auch keine körperlichen, und ich machte mir die schlimmsten Sorgen wegen Erlösung, der Stadt, die jetzt meine Heimat war. Eigentlich ging mich das nichts mehr an. Der Stadtrat würde das Problem lösen. Ich musste nur etwas finden, mit dem ich mich sinnvoll beschäftigen konnte, jetzt, da ich nicht mehr zur Schule gehen musste. Aus irgendeinem Grund freute ich mich nicht einmal mehr darauf, Mrs. James über meinen Austritt zu informieren. Jeder in Erlösung hatte eine Arbeit, aber ich wollte mich nicht von Oma Oaks zur Schneiderin ausbilden lassen. Ich musste einen Weg finden, die Ãltesten davon zu überzeugen, mich an Draufgängers Stelle auf Handelsreise gehen zu lassenâ das hieÃ, nachdem das Problem mit den Freaks gelöst war.
Keine einfache Aufgabe .
Wieder einmal stellte Edmund unter Beweis, wie feinfühlig er trotz seiner eher einfachen Erscheinung war, als er unaufgefordert sagte: » Bleich ist hinten und schneidet Leder.«
» Würde es dir etwas ausmachen, wenn�«
» Geh nur. Er hat eine Pause verdient. Ist ein fleiÃiger Arbeiter, dein Bleich⦠redet nur nicht viel.«
Früher schon, dachte ich und schob mich an Edmund vorbei in den hinteren Teil der Werkstatt.
Bleich blickte auf. Für einen Moment wirkte es so, als würde er sich freuen, mich zu sehen, aber der Ausdruck war so schnell wieder von seinem Gesicht verschwunden, dass ich mir nicht sicher sein konnte. Er legte das Schustermesser weg und sah mich herausfordernd an. » Was machst du hier?«
Die eigentliche Bedeutung seiner Worte war klar: Ich habe dir gesagt, du sollst mich in Ruhe lassen, und das habe ich auch so gemeint.
Ich ignorierte die Ablehnung in seinem Tonfall und legte eine Hand auf die Werkbank. Ich hatte einen Auftrag und würde erst wieder gehen, wenn er erfüllt war. Als ich die Hand wegzog, lag der Schlüssel zu Draufgängers Haus auf der Werkbank.
» Ich weiÃ, wie unglücklich du bistâ¦Â«, sagte ich. » Du fühlst dich gefangen, aber das lässt sich ändern.«
» Wie meinst du das?«
» Draufgänger hat mir sein Haus vererbt. Aber ich lebe nicht gerne allein. Es gefällt mir sehr gut bei den Oaks. Du kannst es haben. Zieh du dort ein und kümmere dich um das Haus. Dort bist du freier.« Ich schaute ihn nicht an, damit er den Schmerz in meinen Augen nicht sah. » Niemand wird dich dort belästigen.«
Nicht einmal ich. Du kannst deine Wunden lecken und mich so lange vermissen, bis du mich endlich wieder sehen willst. Denn du gehörst zu mir, und ich gehöre zu dir.
Ich sah, wie sein Kehlkopf sich bewegte. » Das⦠ist sehr nett.«
» WeiÃt du, wo es ist?« Es war unglaublich schwer, so geschäftsmäÃig zu bleiben, denn was ich in Wahrheit wollte, war, seine Hand zu nehmen, ihn zu küssen und ihm zu sagen, wie idiotisch er sich benahm.
Er nickte. » Draufgänger hat mich einmal zu sich nach Hause eingeladen.«
Das hatte ich nicht gewusst. Aber während der ersten Monate in Erlösung hatte ich Bleich auch kaum gesehen. Ich stellte mir vor, wie er sich jede Nacht einen anderen Schlafplatz suchte, um Mr. Jensens Misshandlungen zu entgehen, und wünschte mir, er wäre damals zu mir gekommen.
» Dann wäre ja alles besprochen.« Ich war fest entschlossen, mich nicht weiter zu erniedrigen, und drehte mich um.
» Zweiâ¦Â« Einen kurzen, wundervollen Augenblick lang glaubte ich, er würde mich zurückrufen. Doch stattdessen sagte er nur: » Danke.«
» Gern geschehen«, murmelte ich.
Edmund war bereits wieder beschäftigt, und ich winkte ihm im Hinausgehen kurz zu. Kein Wunder, dass er die freien Stunden zu Hause so sehr genoss, wenn er den ganzen Tag über eine Werkbank gebeugt schuften musste.
DrauÃen auf der StraÃe hörte ich, wie von der Palisade ganze Salven abgefeuert wurden, und beschloss, mir erst einmal anzusehen, wie sich die Situation jenseits des Tores entwickelt hatte, bevor ich zurück nach Hause ging. Mehr als einmal war ich bei Draufgänger auf dem Wachturm gewesen, um ihm mein Leid zu klagen, aber diese Möglichkeit hatte ich jetzt nicht mehr. Vielleicht lieÃen die Wachen
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