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Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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groß war wie der in meinem Herzen.
    Irgendwann packte Bleich mich von hinten und schüttelte mich. » Wir werden’s nicht schaffen, wenn du dich nicht zusammenreißt.«
    Wieder wurde ich an einen anderen Ort katapultiert. Schmerz und Scham verschmolzen zu Angst, aber mir blieb nichts anderes übrig, als meine Heimat ein für alle Mal zu verlassen und mich dem Unbekannten hinzugeben, das mich verschlingen würde.
    Ich konnte kaum die Hand vor Augen sehen, lediglich Bleichs verschwommene Silhouette. » Ich gehe als Erster.«
    Ich wagte nicht zu widersprechen und folgte ihm nach oben. Ich konnte mich kaum an den Metallsprossen der Leiter festhalten, so glitschig waren meine Hände vom Schweiß. Mehrmals wäre ich um ein Haar abgerutscht, kämpfte mich jedoch verbissen weiter.
    Â» Siehst du schon was?«
    Â» Bin fast da.« Ich hörte, wie er in der Dunkelheit nach etwas tastete. Metall schabte über Stein, und Bleich kletterte durch ein kleines kreisrundes Loch. Fahles Licht drang herunter. Es hatte eine Farbe, wie ich sie noch nie gesehen hatte, silbrig und kühl wie Wasser. Bleich half mir über die letzten Sprossen, und dann erblickte ich zum ersten Mal in meinem Leben die Oberfläche.
    Es verschlug mir den Atem. Ganz langsam drehte ich mich im Kreis und zitterte vor der unendlichen Weite. Ich legte den Kopf in den Nacken und sah ein dunkles Blau über mir, gesprenkelt mit kleinen weißen Pünktchen. Am liebsten hätte ich mich auf den Boden geworfen und mich zu einer Kugel zusammengerollt. Die endlose Leere über mir erdrückte mich, Panik schnürte mir die Kehle zu.
    Â» Ganz ruhig«, flüsterte Bleich. » Schau einfach nach unten. Vertrau mir.«
    Der Morgen riss mich aus einer Nacht voll schrecklicher Träume, die meisten davon wahr. Mein Schädel pochte, ich hatte Kopfschmerzen und zitterte immer noch, als ich mich aufsetzte und mir die Augen rieb. Alles hatte seinen Preis, und dies war der meine: Solange ich wach war, hatte ich es im Griff, aber nachts stahl sich die Angst auf leisen Sohlen in meinen Schlaf und verfolgte mich. Meine Vergangenheit fühlte sich dann an wie eine eiserne Kette um den Hals, aber eine Jägerin durfte sich von so etwas nicht aufhalten lassen.
    Erschöpft kletterte ich aus dem Bett, wusch mich mit eiskaltem Wasser und machte mich bereit für die Schule. Ich konnte nur den Kopf schütteln über diese Verschwendung. Was gab es für mich zu lernen, das ich nicht schon wusste? Aber sie ließen nicht mit sich reden. Ich musste hingehen, bis ich sechzehn war. Dann konnte ich austreten. Wenn es nach Oma Oaks ging, würde ich ab diesem Zeitpunkt den ganzen Tag neben ihr sitzen und Kleider nähen.
    Manchmal wünschte ich, ich könnte nach Unten zurückkehren.

SCHULE
    Die Schule bestand aus einem einzigen großen Raum, in dem wir nach Altersgruppen unterteilt saßen. Bunte Zeichnungen und Schaubilder hingen an den Wänden, nur an der einen nicht, wo die Tafel war. Sie war glatt und hart wie Stein. Mrs. James, die Lehrerin, schrieb mit kleinen weißen Stäbchen darauf, und manchmal kritzelten die Mitschüler irgendwelchen Unsinn auf die Tafel, meistens über Pirscher oder mich.
    Mrs. James ging zwischen den Bänken hin und her und kontrollierte unsere Arbeit. Ich hasste es, mit Jüngeren zusammensitzen zu müssen. Ich hielt meinen Stift nie richtig. Er war viel schwieriger zu handhaben als meine Messer, und die anderen lachten hinter meinem Rücken über mich, gut gelaunt und ahnungslos, wie sie waren. Ich konnte es ihnen nicht einmal übel nehmen.
    Sie wuchsen in Sicherheit und Überfluss auf, waren eingebildet und selbstbewusst und sich ihres Platzes in der Welt sicher. In mancher Hinsicht beneidete ich sie. Sie hatten keine Albträume, und wenn, dann von Dingen, die gar nicht existierten. Die meisten von ihnen hatten nie ein echtes Ungeheuer gesehen, geschweige denn eines getötet. Sie hatten nie beobachtet, wie ein Freak eine Leiche fraß, die wie Müll vor die Mauern von Erlösung gekippt worden war. Sie wussten nicht, wie die Welt jenseits der Sicherheit dieser schützenden Mauern aussah, hatten nie spüren müssen, wie eine Klaue sie aufschlitzt. Kein Wunder, dass sie genauso wenig mit mir anfangen konnten wie ich mit ihnen.
    Die Lehrerin hielt Pirscher für einen Wilden, nicht zuletzt wegen der roten Ziernarben auf seinem Gesicht. Mit Bleich

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