Die Zuflucht
Ungeduld war deutlich zu spüren. Dies war unser Abend, und er hatte nicht vor, ihn mit einer Unterhaltung mit dem Sohn des Stadtvorstehers zu verbringen. Zachariah war bestimmt ein netter Junge, sonst hätte Tegan sich nicht von ihm begleiten lassen, aber mir ging es ähnlich wie Bleich: Die Zeit lief uns davon, und das, obwohl wir nicht einmal vorhatten, heute Nacht auch nur eine Minute zu schlafen.
» Meine Freunde nennen mich Zach«, sprach er weiter.
» Schön, dich kennenzulernen«, erklärte ich ohne groÃe Begeisterung.
Tegan warf mir ein vielsagendes Lächeln zu. » Wie sieht es mittlerweile auf den Feldern aus? Ich komme morgen mit den anderen zu euch raus, und wir werden uns ein bisschen um die Pflanzen kümmern.«
» Es gab keine gröÃeren Probleme.« Bleich verschränkte die Arme vor der Brust.
Ich lehnte mich an ihn und hakte mich vorsichtig unter. Zach war mir egal, aber ich hatte Tegan schon eine Weile nicht mehr gesehen.
Justines Bruder schien Bleichs Gesichtsausdruck richtig zu interpretieren und wandte sich an Tegan. » Wollen wir tanzen?«
Es war sehr einfühlsam von ihm, Tegan zuerst zu fragen, denn ihr verletztes Bein war vielleicht noch nicht kräftig genug für einen wilden Tanz. Glücklicherweise war die Musik inzwischen etwas langsamer geworden.
Nachdem wir wieder allein waren und uns nicht mehr zurückhalten mussten, zog Bleich mich an sichâ viel dichter, als die anderen Paare miteinander tanzten, aber ich protestierte nicht. Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter und lieà mich von ihm führen. Es gab nur einen Menschen auf der Welt, dem ich das dafür notwendige Vertrauen entgegenbrachte.
Ein verächtliches Flüstern riss mich aus meinem Glück. » Ob sie ihre Messer unter dem Rock hat?«
Jemand kicherte. » Wahrscheinlich.«
Ich tat so, als hätte ich nichts mitbekommen, aber ich spürte, wie Bleichs Griff um meine Hüfte fester wurde. Er machte sich bereit, für mich zu kämpfen.
Schon wieder.
Ich strich ihm mit der Hand über die Stirn. » Hör einfach nicht hin.«
» Vielleicht mag er ja Mädchen, die sich aufführen wie Jungs.«
Diesmal brauchte ich all meine Kraft, um Bleich zurückzuhalten. Er tanzte nicht mehr und blieb wie angewurzelt inmitten der anderen Paare stehen. Seine tiefschwarzen Augen glühten wie Kohlen, so bedrohlich, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Das Mondlicht verlieh seinem kantigen Gesicht eine wilde, unirdische Schönheit. Wenn er die beiden Idioten zwischen die Finger bekam, würden sie mehrere Wochen in der Schule fehlen.
» Gehen wir einfach.« Ich hatte den Verdacht, dass Draufgänger Ãrger bekommen würde, wenn wir in der Stadt in eine Schlägerei verwickelt wurden.
» Ich finde, sie sieht toll aus«, sagte Merry, die auch auf Justines Fest schon so nett zu mir gewesen war.
» Zumindest hübsch«, meldete sich ein anderer zu Wort. » Ich werd sie fragen, ob sie mit mir tanzt.«
Das gefiel Bleich zwar auch nicht, aber es war zumindest kein Grund, den Jungen gleich niederzuschlagen.
Er stellte sich als Terence vor. Ich hatte ihn noch nie gesehen. Er war sehr schüchtern und achtete peinlich genau darauf, mir bloà nicht zu nahe zu kommen, aber er tanzte gut.
» Ich hoffe, Bleich ist jetzt nicht wütend auf mich«, sagte er. » Ich dachte nur, das könnte die Situation ein wenig entspannen.«
» Scheint zu funktionieren«, erwiderte ich, und es klappte tatsächlich: Als sie mich genau wie alle anderen tanzen sahen, verloren die Fieslinge das Interesse und zerstreuten sich. Aber als hätte Terence eine verborgene Tür aufgestoÃen, wurden die übrigen Jungen nun umso neugieriger und baten um den nächsten Tanz. Fünfmal ging das so, bis Bleich die Geduld verlor und sich meine Hand zurückeroberte. Ich war schon ganz auÃer Atem von dem ständigen Im-Kreis-Drehen. Es war beinahe wie Sparring.
» Wie ich gesagt habe«, brummte er. » Ich hab dich keinen Moment mehr für mich allein.«
» Das lässt sich ändern«, flüsterte ich mit zitternder Stimme. Wogen der Vorfreude brandeten in mir auf.
» Sollen wir ein bisschen spazieren gehen?«
Ich nickte, und seine Finger auf meinem Arm lieÃen keinen Zweifel daran, zu wem ich gehörte, als wir die Tanzwiese verlieÃen.
EINE LANGE NACHT
Ich rechnete damit, dass wir zu der Schaukel
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